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steht Schmidt einsam und verlassen da. Er beschließt, sich allein einen schönen Tag zu machen – auf einer Mülldeponie, wo sonst, und der Suche nach zarter Unterwäsche.

      Er radelt nach Ferch. Er will den öffentlichen Weg benutzen, doch der Bauwagen, der an der Seite des Weges am Rande der Müllkutte steht, ist besetzt. Dort wohnt Monika Neufeld. Er macht kehrt und fährt auf einem Schleichweg zurück an den Ort der Begehrlichkeit. Wieder wird er bei der Suche gestört. Aus Richtung des Bauwagens vernimmt er Schreie, Schläge und Geräusche von splitterndem Holz. Neugier treibt ihn in Richtung Bauwagen, der in der Tat lädiert aussieht. Als er die Tür der primitiven Behausung öffnet, sieht er darin die ihm unbekannte Monika Neufeld sitzen. Sie scheint, vorsichtig ausgedrückt, nicht mehr ganz nüchtern zu sein. Für die Beschädigungen an ihrem Holzgefährt macht sie den in dieser Beziehung Unschuldigen als Schuldigen aus und droht mit der Polizei. Die Frau lässt sich durch nichts beruhigen, zetert wieder und immer wieder in zunehmender Lautstärke. Verbal ist sie von Schmidt trotz dessen Bemühungen nicht zu beruhigen. »Um ihre Stimme zu mildern«, wie er später sagt, schlingt er seinen rechten Arm um den Hals der Tobenden, fest, aber nicht zu fest. Monika Neufeld kann sich losreißen und flüchtet Richtung Deponie-Ausgang. Schmidt holt sie ein, schlingt ein Elektrokabel, das er sich aus dem Müll gegriffen hat, um den Hals der Frau und zieht zu. Leblos sackt die Überfallene auf den Boden. Er schleift die inzwischen Tote an den Händen über die Deponie bis zu einer Böschung, wo er sie auf einer ausrangierten Campingliege ablegt. Dann geht er auf die Suche nach Frauenwäsche. Nur eine halbe Stunde braucht er, dann hat er genug eingesammelt. Schmidt kehrt zu Monika Neufeld zurück, steigt aus seiner Männertagkostümierung, dem Schlafanzug, in die eingesammelte Unterwäsche, entblößt die Brust der toten Frau und führt mit ihr den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durch. Schließlich drapiert er die Damenwäsche um die Leiche.

      Montag, 9. Juli 1990.

      Tat drei: Versuchter Mord an Erna Stricker

      Wieder ist es ein Tag, an dem es Wolfgang Schmidt hin-

      auszieht zu seinen Lieblingsorten. Zeit hat er, denn ihm ist wieder einmal gekündigt worden. Gegen

      11 Uhr erreicht er die Deponie in Wust. Er sucht die von ihm so verehrte weibliche Kleidung und nach Katalogen, in denen schöne Frauen in herrlichen Dessous abgebildet sind. Zur gleichen Zeit klappert die achtundfünfzigjährige Erna Stricker den Müllberg auf der Suche nach Brauchbarem ab. Schmidt, der durch die ergatterte Intimbekleidung sofort sexuell stimuliert ist, will seine Begierde mit der Frau »teilen«, wie er es empfindet. Er träumt von Geschlechts- und Analverkehr, wobei auch gegenseitiges Urinieren und Bekoten in seiner Gedankenwelt rumoren. Der von dieser Vorstellung Besessene nähert sich von hinten der Frau, umschlingt mit dem rechten Arm deren Hals und drückt zu. Sein Opfer kämpft mit Entschlossenheit ums Leben, schreit und wehrt sich mit allen Kräften. Der Kampf ist ungleich. Schmidt klappt sein Taschenmesser auf, sticht der Frau in den Hals und in die Brust und reißt sie nieder. Vom Boden ergreift er einen etwa eineinhalb Meter langen Holzpfahl und schlägt der wehrlosen Frau mehrfach auf den Kopf und zerrt sie in ein angrenzendes Waldstück. Er geht davon aus, dass Erna Stricker tot ist. Ein näher kommendes Motorengeräusch fährt ihm in die Glieder. Aus Angst vor Entdeckung stapelt er Bretter über das Opfer. Um die Frau kümmert er sich nicht, wohl aber um die Wäschestücke, die er zuvor erobert hatte. Er kann nicht anders, sondern muss sich die Kleidung anziehen, was ihn sexuell derart erregt, dass er auf Umwegen zu Erna Stricker zurückkehrt. Als er Personen sieht, die sich um die Frau kümmern, und dann auch noch die Sirene eines Fahrzeugs ertönt, verlässt Schmidt in panischer Angst vor Entdeckung den Ort des Verbrechens.

      Erna Stricker wird auf die Intensivstation des Bezirkskrankenhauses gebracht. Sie überlebt.

      Drei schwere Verbrechen aus sexuellen Motiven innerhalb eines Dreivierteljahrs in einer begrenzten Region –

      doch Zusammenhänge werden von den Ermittlern noch immer nicht erkannt. Wie überall nach der Wende in der DDR sind auch bei Justiz und Polizei gut funktionierende Strukturen zerbrochen und neue sind erst im Aufbau.

      So tickt die Zeitbombe ungestört weiter. Wolfgang Schmidt hat regelmäßig Sex mit seiner Verlobten, die beiden jungen Leute sind dabei durchaus experimentierfreudig. Doch innerlich befriedigt ist der Mann nicht. Seine Phantasievorstellungen werden nicht erfüllt. Beim psychiatrischen Gutachter bekennt er später: »Der Drang, es endlich zu einer Erfüllung zu bringen, der wurde immer größer und immer stärker, deswegen denn ooch die Zeiten zwischendurch immer kürzer. Ick hab det ja manchmal kaum vierundzwanzig Stunden zu Hause ausgehalten.«

      Ist seine Verlobte Moni aus dem Haus und auf Arbeit, schwingt sich der »Rosa Riese« aufs Fahrrad oder Moped. Es drängt ihn in den Wald zu seinen Wäschedepots, auf Müllkippen, um die Sammlung seiner »Schätze« zu vergrößern. »Je mehr Wäsche, wie ick gefunden habe, desto größer waren manchmal ooch die Gefühle«, gibt Schmidt zu. Er legt seine Männerkleidung ab und schlüpft in die von ihm geliebte Frauengarderobe. Darin geht er stundenlang spazieren und lebt in seiner anderen, emotional transvestitisch geprägten Welt. Er ist vorsichtig, sucht nie ein zweites Mal die Orte seiner Taten auf.

      Mittwoch, 13. März 1991.

      Tat vier: Mord an Ilse Förster

      Der »Rosa Riese« ist wieder unterwegs. Kurz hinter Borkheide, einer Gemeinde zwischen den Städten Beelitz und Bad Belzig gelegen, biegt er mit seinem Moped in einen Waldweg ein. In der Waldschonung ist er ungestört. In Slip, ausgestopftem BH, rosa Rock und einer Bluse fühlt er sich wohl. Es kribbelt, pornografische Bilder formen sich im Geist. Sein Glied ist steif, die Erektion lässt nicht nach. Er wünscht sich eine Frau, mit der er den Sexualtrieb befriedigen kann. Gegen 17.30 Uhr läuft ihm die vierunddreißig Jahre alte Ilse Förster über den Weg, die bei einer Freundin zu Besuch war und nun nach Hause will. Er fällt über sie her, würgt die sich heftig wehrende Frau und rammt ihr sein mitgebrachtes Fahrtenmesser mehrfach in Hals und Körper. Die junge Frau verblutet. An den Fußgelenken zerrt er das Opfer zehn bis fünfzehn Meter weit in eine angrenzende Kiefernschonung, entkleidet es und zieht ihm ein blaues Bikinioberteil an. Dann vergeht er sich an der Toten anal und oral. Derart sexuell befriedigt, durchsucht er anschließend den Beutel von Ilse Förster und entwendet aus dem Portemonnaie 10 Mark. Er deckt das Opfer mit Gras und Moos ab. Dessen Bekleidungsstücke und auch die von ihm getragene Intimwäsche sowie den Damenrock legt er wie ein Ritual um die Leiche. Er schlüpft in seine eigene Bekleidung und fährt nach Hause zu seiner Moni.

      Auch dieser Mord wird von der Polizei als Einzeltat behandelt. Die Bevölkerung ist aufgeschreckt. Mädchen und Frauen trauen sich kaum noch in die Wälder oder in verlassene Gegenden. Dem »Rosa Riesen« bleibt das nicht verborgen. Ihm fällt es immer schwerer, Opfer zu finden, mit denen er seine gefährlichen sexuellen Veranlagungen ausleben kann. Doch es gelingt ihm immer noch.

      Freitag, 22. März 1991.

      Tat fünf: Mord an Irina Maschenkowa und

      Igor Maschenkow

      Nur eine reichliche Woche nach dem Mord an Ilse Förster führt der Zwang, seine schier nicht zu befriedigende sexuelle Gier, den »Rosa Riesen« in einen Wald südwestlich der Ortschaft Beelitz-Heilstätten. Dort trifft er auf Irina Maschenkowa, die mit dem Kinderwagen unterwegs ist, in dem Igor, ihr drei Monate alter Säugling, satt und zufrieden in der erfrischenden Waldluft schläft. Sie ist Russin, ihr Mann dient bei der russischen Armee, die noch nicht vollständig vom Territorium im Osten Deutschlands abgezogen ist.

      Der »Rosa Riese« ist, natürlich wieder als »sexy Frau«, auf das Äußerste erregt. Irina hat gegen den Mann, der ihr an Kraft und Körperbau gewaltig überlegen ist, keine Chance. Ehe sie die Gefahr auch nur erahnen kann, umfassen seine kräftigen Hände ihren Hals und drücken zu. Irina wehrt sich verzweifelt. Da dem Mann die »Hände schmerzten«, wie er später zugab, nutzt er einen mitgebrachten Büstenhalter zum Strangulieren und zieht ihn so lange zu, bis die Frau und Mutter tot zu Boden fällt. Igor wird durch den Kampf auf dem Waldweg aus dem Schlaf gerissen und tut das, was ein Säugling nur machen kann: Er schreit, was seine kleinen Lungen hergeben. Es sind Schreie, die für das Baby den Tod bedeuten. Der Mörder schiebt, aus Angst vor Entdeckung, den Kinderwagen ein paar Meter weiter weg in eine Kiefernschonung, nimmt den Jungen heraus und wirft den winzig kleinen Knaben aus Schulterhöhe

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