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wird’ Sie jetzt dem Senestry vorstellen,“ zischelte er Hastig, „und Ihrem Regisseur! Den Regisseur kennen Sie schon . . das heisst, Sie tun so, als ob . . . Verstanden?“

      „Ja! Ich bin nicht so langsam von Begriffen!“ nickte eifrig die Peternell.

      „Der Regisseur is ’e feiner Mensch . . .’e gebildeter Mensch . . Bei dem haben Sie’s gut . . Also: Fräulein Hansine Peternell . . unser neuestes Wickelkind . . . Herr Senestry . .“

      „Bitte . . Haben Sie ein bisschen Nachsicht mit mir! . . . Ich werde mir wahnsinnig Mühe geben!“ versicherte die Peternell mit seelenvollem blauem Augenaufschlag. Der Held der Leinwand hielt ihre Hand fest und schaute ihr mit innigem Interesse in das vor Aufregung leicht gerötete Antlitz.

      „Wir sind hier Hampelmänner und Hampelfrauen!“ sagte er mit seiner wohllautenden, warmen Bühnenstimme. „Auf den Herrn hinter mir kommt es an! Der ist der Pole Poppenspäler, der uns an seinen Drähten tanzen lässt! Darf ich Sie bekannt machen . . Herr Regisseur . .“

      „Oh — wir kennen uns ja schon!“ sagte Hansine Peternell schnell, der Weisung des Mannes aus Tarnopol eingedenk, und streckte zutraulich und lächelnd die Hand aus . . .

      Und hielt sie so . . wie gelähmt . . in der Luft. Und das Lächeln erstarb auf ihren Lippen.

      Und vor ihr stand schweigend Götz Billing und sah sie an. Und der grosse, blonde Mann rührte sich auch nicht. Endlich — nach einer schweren Stille — frug er langsam:

      „Wie kommst denn du ins Atelier?“

      Eine gleichgültige, ein wenig müde Schulterbewegung drüben.

      „Mein Gott! Irgendwie muss der Mensch doch leben!“ Und dann eine leichte, trotzige Hebung des Kinns.

      „Überhaupt: Was geht das Sie an . . Herr Billing?“

      ,,Ja — was ist denn los?“ stotterte Ted Turkowitz. „Kennen Sie denn die Dame?“

      „Ja — einigermassen!“ sagte Götz Billing. „Es ist nämlich meine geschiedene Frau.“

      III

      Es war ein allgemeines Schweigen. Dimitrij Senestry trat diskret etwas zur Seite. Ted Turkowitz rang nach Luft. Er zeigte offenen Mundes die schadhaften, gelblichen Zähne:

      „Sie haben sich doch Fräulein Peternell genannt!“

      „Bin ich auch! Ich habe nach unserer Trennung meinen Mädchennamen wieder angenommen.“

      Hansine Peternells blaue Augen füllten sich langsam mit Tränen. Sie war sehr blass geworden. Sie sah zu Boden und seufzte tief. Und sagte traurig-gedehnt, ergebungsvoll nur:

      „Na ja . .“

      Dann kramte sie in ihrem Handtäschchen und brachte ein kleines Paket in Zeitungspapier zum Vorschein. Turkowitz beobachtete sie misstrauisch. Sie hielt ihm das Päckchen hin.

      „Bitte! Zählen Sie nach! Ich hab’ noch nichts davon weggenommen! Es muss stimmen!“

      „Was denn?“

      „Das Geld, das Sie mir vorhin gegeben haben . .“

      Und während der kleine Mann noch verblüfft schwieg, sagte sie mühsam:

      „Nun kann ich ja wohl wieder gehen! Ich hab’s ja gewusst: Ich hab’ nie im Leben Glück!“

      „Nu — was denn? . . Spass . .“ Turkowitz hatte sich gefasst. Er wich in Abscheu, mit gespreizten Fingern, vor dem Banknotenbündel zurück. „Ob Sie gleich werden Ihr Kleingeld wieder einstecken! Haben Sie sich nix verpflichtet für das Geld? Sollen Sie nix jetzt den Vertrag unterschreiben?“

      „Aber ich kann doch nicht unter meinem geschiedenen Mann spielen!“

      „Meine frühere Frau hat ganz recht!“ sagte der Regisseur. „Nur ist es an mir, von dem Film zurückzutreten! Ich bin schliesslich der wirtschaftlich Stärkere!“

      „Pleite sind Sie durch den Tod des Schmerold!“ stotterte Ted Turkowitz . . „Wenn die Dame hier nix hat, haben Sie ’nen Haufen mehr — heisst: Schulden bis über die Ohren!“

      „Trotzdem! . . . Das ist meine Sache! . . Ich will dem Aufstieg meiner früheren Frau nicht im Wege sein! . . Entheben Sie mich bitte meiner Verpflichtung als Regisseur!“

      „So? Und der Kontrakt, den Sie unterzeichnet haben? Ich brauch’ die Dame! . . Und ich brauch’ Sie! . . Warum? — nu — ich hab’ meine Gründe . .“

      „Aber wenn wir doch nun einmal ein paar Jahre miteinander verheiratet waren . .“

      „Was geht das mich an, ob Sie sich nix vertragen haben?“ Der kleine Mann aus Tarnopol wurde böse. Er lief wild hin und her. Er blieb erbittert stehn. „Wollen Sie mir so ’n Geschäft verderben? Ich bin ’n seriöser Mensch! Ich halt’, was ich versprech’! Tun Sie’s auch . .“

      ,,Ich kann nicht!“ sagte Hansine Peternell. „Und ich würde sicher auch ganz miserabel spielen — ohne jedes Talent!“

      „Werden Sie sich zwingen, Talent zu haben!“ Turkowitz zückte seinen Zeigefinger wie einen Dolch gegen ihre Brust. „Das is dem Doktor da . . dem Billing seine Sach’ — das Talent bei den Leuten ’rauszuholen!“

      „Aber doch nicht bei mir!“

      „Gerade bei Ihnen! . . Will ich Ihnen sagen: Eben weil Ihr euch kennt — so genau kennt — da versteht Ihr euch auf den ersten Blick . . da wisst Ihr euch ineinander zu schicken . . Da kommen doch auch Erinnerungen an schöne Zeiten . . . einmal . . früher . . Gott . . die erste Liebe . . Gott . . des Lebens Mai . . Gott . . man wird selber ganz gerührt . . Gott . . das feuert an . . Wer kann denn so in Ihre Seel’ eindringen wie Ihr früherer Mann? Ja — Sie weinen! . . Das tut weh . . Nu natürlich tut’s weh . . aller Aufstieg tut weh . . blaue Flecken am ganzen Leib . . aber dafür werden Sie gross . . . . Nu — sind Sie ihr das nicht schuldig, Herr Doktor . . . Ihrer früheren Frau? In vier Wochen ist sie fein ’raus — Wenn sie sich nix zu dumm anstellt — heisst sie ’ne Diva . . Edle Tat . . Gottes Lohn . . .“

      „Keine Krokodilstränen, Turkowitz!“ sagte Senestry. Der andere drängte lispelnd:

      „Morgen werden Sie gepfändet, Herr Billing, und Sie sind Statistin in Johannisthal, Fräulein Peternell . . Und hier habt Ihr beide ’ne Zukunft wie in Abrahams Schoss! Nu —?“

      „Kinder! Seid keine Frösche! Vertragt euch auf vier Wochen!“ ergänzte Dimitrij Senestry.

      Er legte Hansine Peternell väterlich die bleiche Geisterhand auf das Topfhütchen. Er redete ihr zu wie einem kranken Kind.

      „Es ist ja gar nicht so schlimm, wie Sie denken, Püppchen. Ich bin auch schon öfters geschieden! Man heiratet doch schliesslich nicht auf Lebenszeit. Ich hab’ schon ein paarmal mit meinen verflossenen besseren Hälften gespielt . . Sie glauben nicht, liebes Kind, wie rasch man das alles über der Arbeit vergisst!“

      „Bravo!“ ächzte Ted Turkowitz. Die beiden einstigen Gatten standen schweigend. Sie tauschten einen Blick. Dann sagte Götz Billing:

      „Bitte gestatten Sie, dass Fräulein Peternell und ich uns einen Augenblick beiseite aussprechen!“

      Die Halle hatte sich inzwischen schon wieder gefüllt. Münchener Maschkerer und G’spusis wimmelten an Stelle des blutrünstigen Hofes von Byzanz. Die Prinzessin Karneval schritt schön und gespreizt wie ein Pfau auf Theodoras Thron. Sie rief mit heller Stimme über die Schulter ihrer Kammerfrau zurück: „Klara . . ’n Kognak!“ Vier schwarzgetünchte Berliner Portierskinder trugen ihr als Negerlein die von falschen Edelsteinen übersäte Courschleppe. Der Fastnachtskönig stolzierte, ein Apollo in goldener Krone und weisser Seide, übernächtig gähnend, neben ihr. Mitten in dem farbigen Gekribbel, den letzten Hammerschlägen der Arbeiter, dem Geschrei der Regisseure, abseits von den Männern der „Memoria“, standen unbeachtet die beiden ehemaligen Gatten. Sie schauten sich stumm

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