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Hörigkeit des Herzens. Marie Louise Fischer
Читать онлайн.Название Hörigkeit des Herzens
Год выпуска 0
isbn 9788711718902
Автор произведения Marie Louise Fischer
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Während er aß, beschäftigte Fabian sich weiter mit seinen Zeitungen. »Wieder nichts«, stellte er ärgerlich fest, »nicht mal ein Hinweis.«
Eva rührte in ihrer Kaffeetasse. Sie hätte ihn gern ermahnt, die Zeitungen nicht so zu zerknüllen, denn er würde sie später noch in Ruhe lesen wollen. Aber sie mochte nicht an ihm herumnörgeln. ›Ich jedenfalls werde sie ihm nicht neu zusammenfalten und glätten‹, schwor sie sich. Dabei wußte sie, daß sie es doch tun würde, wenn er sie bat.
Es klingelte an der Wohnungstür.
»Wer kann das sein?« fragte sie.
»Mach auf, dann wissen wir es«, erwiderte er, ohne von der Zeitung aufzuschauen.
»Besuch? Um diese Zeit?«
»So früh ist es bestimmt nicht mehr.«
»Aber du bist nicht einmal angezogen.
»Wen kümmert’s?«
»Mich bestimmt nicht«, behauptete sie, obwohl sie es innerlich doch unpassend fand, in dieser Situation Besuch hereinzulassen. Die Bettcouch war noch nicht gerichtet, Zeitungen lagen in chaotischem Durcheinander auf dem Boden, und Fabian war weder gekämmt noch rasiert.
Es klingelte wieder, diesmal anhaltender.
»Es ist bestimmt doch nur Gisela, die sich was ausborgen will«, redete Eva sich ein. Gisela war eine junge Malerin, die das Atelier gegenüber gemietet hatte.
Eva stand auf, rief: »Ich komm’ ja schon!« und riß mit einem Ruck die Tür auf. Sie sah sich zwei Polizisten in Uniform gegenüber und schnappte nach Luft.
Einer der beiden zückte ein schwarz gebundenes kleines Notizbuch, blätterte es auf und sagte: »Dies ist die Wohnung von Fabian Grundner.«
Eva wich keinen Schritt zur Seite und brachte keinen Ton heraus.
»Das hat doch seine Richtigkeit«, fügte der Polizeibeamte hinzu.
Eva nickte, blieb aber immer noch, wie schützend, in der offenen Tür stehen.
»Dann lassen Sie uns mal rein, Fräulein!«
»Im Moment …«, begann Eva.
»… wollen wir den Herrn sprechen«, erklärte der Polizist mit Entschiedenheit und schob sie sanft, aber energisch beiseite.
Sein Kollege folgte ihm. Beide waren sie jung, frisch rasiert, trugen saubere Uniformen und gut gebügelte Hemden. Eva spürte, wie ungünstig der Anblick der unaufgeräumten Wohnung, der zerstreuten und zerknüllten Zeitungsblätter und der zerwühlten Bettcouch auf sie wirken mußte. Sie schämte sich. Fabian kam ihr in seinem kurzen Bademantel, der nicht einmal die Knie bedeckte, sehr verletzlich vor.
Fabian aber hob nur indigniert die Augenbrauen. »Meine Herren«, fragte er in gelassenem Hochmut, »woher nehmen Sie das Recht, hier einzudringen?«
»Wir haben ein paar Fragen an Sie.«
»Ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen zu unterhalten, aber nicht jetzt. Rufen Sie an, und wir werden einen Termin ausmachen.«
»Nun, da wir schon einmal hier sind …«
Fabian fiel dem Beamten ins Wort. »… können Sie gleich wieder gehen.«
Jetzt griff der andere Polizist, der bisher geschwiegen hatte, ein. »Das Auto unten im Hof mit dem Freiburger Kennzeichen gehört Ihnen, Herr Grundner.«
Fabian schwieg.
»Es ist in Freiburg zugelassen, und zwar auf den Namen Ihrer Mutter.«
»Elfriede Grundner«, las sein Kollege aus dem Notizbuch ab.
»Das weiß ich so gut wie Sie«, gab Fabian zurück. »Warum erzählen Sie mir das?«
»Es ist anzunehmen, daß Sie dieses Auto benutzen.«
»Hin und wieder«, sagte Fabian achselzuckend.
»Mit diesem Auto ist gestern nacht, genauer gesagt in den Morgenstunden, ein Fußgänger angefahren worden.«
Fabian setzte sich gerade. »Das ist mir allerdings neu.«
»Der Täter beging Fahrerflucht«, fuhr der Polizeibeamte unerbittlich fort.
»T, t, t«, machte Fabian, »so etwas tut man doch nicht.« Eva war starr. Konnte ein Mensch tatsächlich so unverfroren lügen? Oder war es möglich, daß er den nächtlichen Zwischenfall, den er nicht ernst genommen hatte, tatsächlich ganz vergessen hatte?
Ihr wurde schwach in den Knien, und sie hätte sich am liebsten gesetzt. Aber es erschien ihr unpassend, am Frühstückstisch oder auf dem Bett Platz zu nehmen, und eine andere Möglichkeit gab es nicht. Halt suchend lehnte sie sich gegen die Wand.
Die beiden Beamten fuhren mit ihrer Vernehmung fort, sehr ruhig, fast gleichgültig. Sie waren beide zwischen 20 und 30 Jahre alt, der, der am meisten fragte, mochte einige Jahre älter sein als der andere. Er trug das Haar kürzer geschnitten, während seinem Kollegen ein paar braune Locken auf den Hemdkragen fielen. Eva nahm ihre Züge nur verschwommen wahr; sie hätte keinen von ihnen auf der Straße wiedererkannt. Ihre ganze Aufmerksamkeit war auf Fabian gerichtet, der ihr, trotz seiner Kaltschnäuzigkeit, immer mehr wie ein in die Enge getriebenes Wild vorkam.
»Sie wollen das Auto in der vergangenen Nacht also gar nicht benutzt haben?«
»Sie haben es auf seinem üblichen Platz auf dem Hinterhof stehenlassen?«
»Es werden sich leicht Zeugen finden, die das Gegenteil beweisen können, Herr Grundner.«
Fabian fuhr auf. »Sie unterstellen mir da etwas, das ich nie behauptet habe! Ich bin gestern abend mit dem Auto in die Innenstadt gefahren. Ich hatte Premiere in einem Stück von Gilbert Warren. Am Kurfürstendamm.«
»Na, sehen Sie, Herr Grundner«, sagte der ältere Beamte mit gespielter Gutmütigkeit, »so kommen wir schon weiter. Anschließend an die Premiere kam es dann zu einer feucht-fröhlichen Feier.«
»Ja.«
»Sie waren also nicht ganz nüchtern, als es passierte?«
»Immerhin noch nüchtern genug, um an meiner eigenen Fahrtauglichkeit zu zweifeln.«
»Soll das heißen, Sie haben sich nicht selbst ans Steuer gesetzt?«
»Genau das.«
»Würden Sie dann, bitte, so freundlich sein, uns zu erklären, wie Sie nach Hause gekommen sind?«
»Und wie das Auto zurück in den Hof gelangt ist?«
Fabian sah Eva an. Niemals würde sie mit Sicherheit erfahren, ob er es mit Absicht tat. Jedenfalls folgten die Augen der Polizisten seinem Blick. Eine kurze Stille entstand, ein Schweigen, das in Evas Ohren rauschte.
»Ich«, sagte sie, »ich war es, die das Auto gefahren hat.« Ihr wurde schwarz vor Augen; sie spürte noch, wie sie an der Wand entlangrutschte, und dann nichts mehr.
Als sie wieder zu sich kam, hatte jemand ihr Kissen unter die Füße und ein nasses, kaltes Tuch auf die Stirn gelegt.
Die Gesichter der Beamten beugten sich wie runde, blasse Monde über sie, und sie hatte den Eindruck, auf dem Grund eines Brunnens zu liegen.
»Sie brauchen jetzt nichts mehr zu sagen, Fräulein«, erklärte der ältere der beiden, »Sie haben ein Geständnis abgelegt. Das genügt uns.«
»Nein, laß sie reden«, widersprach der jüngere, »das wird ihr guttun.«
Fabian drängte die Beamten beiseite, kniete sich neben sie, hob ihren Kopf und hielt ihr ein Glas Brandy an die Lippen. Sie nippte daran, rappelte sich auf und brachte sich in sitzende Stellung. Fabian führte ihr das Glas noch einmal zum Mund, und gehorsam nahm sie noch einen Schluck.
»Trink aus!« drängte er. »Es wird dir guttun.«
Sie nahm ihm