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50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По
Читать онлайн.Название 50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2
Год выпуска 0
isbn 9782291092247
Автор произведения Эдгар Аллан По
Жанр Учебная литература
Издательство Bookwire
Plötzlich versteht der Presi die Handlungsweise Thönis.
Er taumelt fort, er holt im Untergaden einen mächtigen Karst, rennt damit in der beginnenden Dämmerung durch das Dorf, und erschrocken sehen es die von St. Peter.
»Was hat der Presi?« fragen sie, »was will er mit seiner Hacke?«
Er eilt zum Neubau, der bis zum ersten Stockwerk gediehen ist. Mit wuchtigem Arm schlägt er die Zinken in Mauer und Balken, er reißt vom Werk, um dessen willen er das Dorf bis ins Mark beleidigt hat, so viel ein, als seiner Wut nachgiebt, er lebt in der wilden Gier, alles zu vernichten, was ihn an den unseligen Thöni mahnt. Aus scheuer Entfernung sehen ihm die maßlos erstaunten Dorfler zu. »Er ist letzköpfig geworden!« meinen die einen, die anderen: »Nein, seht, er hat doch ein Herz für uns.« Wie er sich beobachtet spürt, stutzt er, dann ruft er den Nähertretenden zu: »Nehmt von dem verfluchten Holz, so viel ihr wollt, verbrennt es. Sagt es den armen Leuten, daß sie's holen mögen. Bringt eure Aexte und Kärste, helft mir!«
Der Garde kommt und streckt dem Presi die Hand hin: »Presi, etwas Besseres habt Ihr in Euerm Leben nie gethan!«
»Gewendet habe ich mich, Garde,« sagt er und die Dörfler staunen.
»Der Presi hat sich gewendet.« – Wenige lächeln, es ist kein Spott oder Hohn im Dorf, offen oder heimlich ist ihm jedes Herz dankbar. Wie er den Karst auf den Schultern mit dem Garden durch die Frühlingsnacht heimwärts schreitet, lüften die Dörfler, die unter den Thüren stehen, achtungsvoll die Hüte vor ihrem Presi.
»Man kann vielleicht den entsetzlichen Ahornbund abschütteln,« flüstern sie einander zu, »und für St. Peter kommt wieder eine bessere Zeit.«
Und die Frühlingssteine, die zu schimmern beginnen, sehen den zertrümmerten Bau, der nie ein Haus geworden ist.
Seltsam! – Seit langen Jahren geht durch die Brust des Presi ein Hauch des Friedens – er wütet nicht mehr, nur eine heiße Wehmut um Binia schleicht noch durch sein Herz.
»Wie – wenn Josi Blatter sie so stark liebte, daß er sie trotz allem, was vorgefallen ist, doch zu Ehren annähme!« – Um Binias willen muß er Josi Blatter den Weg zu seinem Werke leicht machen und den noch zögernden Garden überredet er mit dem Feuer eines Jünglings von der Ausführbarkeit des Befreiungswerkes, das Josi plant.
Ohne daß er es weiß, hat er dafür schon das Beste gethan.
Die Dörfler sagen: »Wenn das Wunder möglich ist, daß der Neubau des Presi durch seine Hand zergeht, so ist auch das andere möglich, daß Josi Blatters Plan gut ist.«
Das schwer erschütterte Vertrauen in die Zukunft erwacht wieder in dem geängstigten Dorf.
Es sind so wunderliche Zeitläufte in St. Peter, daß man sich aus dem Verschwinden Thöni Griegs nicht viel macht. Vor ein paar Jahren hat er schon gesagt, er gehe nach Amerika, gestern hat er es beim Glottermüller mit dem Zusatz wiederholt, es sei in der Umgebung des Presi nicht mehr auszuhalten. Jetzt ist er halt gegangen, und Binia wird froh sein.
Einige Tage später durchfliegt eine neue Kunde das Dorf und nimmt alle Teilnahme so gefangen, daß die von St. Peter vor Spannung nicht mehr arbeiten mögen.
Die Regierung ist mächtig für den Plan Josi Blatters eingenommen, der ihn selbst den Herren dargelegt hat.
Vor etwa vierzig Jahren ist einmal ein Regierungsrat nach St. Peter gekommen und hat der Einweihung einer Kirchenfahne beigewohnt. Seither hat man in der Stadt das stille St. Peter vergessen. Nun erlebt es das Dorf, daß zur zweiten Wassertröstung zwei Regierungsräte auf einmal kommen. Die liebenswürdigen, gescheiten Herren verstehen besser zu reden als der glatzhäuptige Glottermüller, der quiekende Unglücksrabe.
»Josi Blatter, der großherzige Mann,« sagen sie, »soll sein Gelübde lösen, die Leitung nach den neuen technischen Grundsätzen bauen und treulich sollen ihm Staat und Gemeinde helfen. Der Staat liefert ihm die Spreng- und Baumittel, die Gemeinde mag sich zu den Hilfstagewerken verpflichten, die nötig sind.«
»Ja, wenn die Regierung dafür einsteht,« meinen die von St. Peter, »so ist der Plan gewiß gut,« und freudig zeichnen die Bauern ihre Tagewerke.
Umsonst ruft der letzköpfige Kaplan sein »Wehe – wehe – wehe!« durchs Dorf, ihm antwortet der jubelnde Ruf: »Ab mit der Blutfron – ab – ab! – es lebe Josi Blatter, der Felsensprenger! Das Werk ist für uns, unsere Kinder und Kindeskinder.«
Eine gute That! – Sie ist selbst heiliges Wasser, das befruchtet. Die Unglückstafeln an den Weißen Brettern werden verrosten, die Losgemeinde wird eine Sage sein, frei giebt man die heligen Wasser in der Kinder, in der Enkel Hand. Und der »Ahornbund« liegt am Boden.
Josi hat die Herren aus der Stadt in den Bären begleiten müssen, aber jetzt sind sie fort.
Zum erstenmal, seit sie vom Teufelsgarten kamen, sehen sich die Liebenden wieder. Es ist ein schweres Wiedersehen!
Aber nun steht Binia doch so selig, so demütig in Josis Arm – und er küßt ihren Scheitel: »Bineli – mein Bineli.« Und »Josi« antwortet sie.
Sie vergessen einen Herzschlag lang eine blutende Wunde – sie sind am Ziel. Ihre stille Verlobung von Santa Maria del Lago gilt wieder, und er geht jetzt an das Werk seiner Dankbarkeit, auf dem ihre heißen Segenswünsche ruhen.
Aber dann freilich ist noch eine That nötig, die fast schwerer als die Befreiung St. Peters von der Blutfron ist, die Selbsterlösung aus einem Schein der Schuld, den ein übermächtiges Verhängnis auf sie geladen hat.
Nur wie ein ferner Stern, der blinkt, steht jenseits der großen Dinge vor ihnen das Glück.
Einen Herzschlag lang atmen sie auf, sie hoffen und ihre Augen glänzen ineinander.
Da kommt der Presi, sieht es – sieht es – er lächelt ihnen glücklich und mit seinem herzinnigsten Lachen zu, er meint ein Wunder zu erleben – er schwankt, ob er noch an das glauben will, was er doch mit eigenen Augen gesehen hat, daß Binia aus der Kammer Thönis trat.
Einen Blick hat sie Josi gegeben so voll Wärme, voll Treue, voll Reinheit und Unschuld, wie ihn nur das Mädchen findet, das sich in seiner Liebe treu, rein und unschuldig weiß. Diese Entdeckung blitzt wie Sonne ins Vaterherz.
Josi ist an sein Werk gegangen, dem er nun bis zur Vollendung mehr gehört als der Welt.
Da nimmt der Presi die Hand seines Kindes: »Bini – Vogel – Gemslein,« dringt er in sie, »jetzt darfst du's deinem Vater schon sagen: Hast du Thöni wirklich nie gern gehabt?«
»Du thust mir furchtbar weh, Vater!« antwortet sie schamvoll, »glaubst du, ich dürfte einem so herrlichen Mann wie meinem Josi in die Augen sehen, wenn ich mich nicht treu wüßte, meinem Josi, der nur aus Dankbarkeit gegen den Himmel an die Weißen Bretter geht, weil er mich trotz allem Gegenschein treu erfunden hat.« Und im Sturm der Wallung kann sie nicht mehr schweigen. »Als du mich aus Thönis Kammer kommen sahst, habe ich nur die Schlüssel geholt, um mich der Briefe zu bemächtigen, die er unterschlagen hat, – da sind sie.«
Sie reißt die Notschreie Josis aus dem Mieder, legt sie vor den Vater und will sich flüchten. Er aber zieht sie an seine Brust: »Vogel – Herzensvogel – und das hast du nicht gewagt, mir zu sagen, und hast mich in der verzehrenden Angst gelassen – du Grausame. – Aber jetzt rote Wänglein, Kind!«
Binia ist, das Herz zerspringe ihr, sie müsse dem Vater mehr und alles verraten, sie müsse ihm jetzt auch sagen: »Vater, uns ist ein Unglück geschehen, hilf uns in entsetzlicher Not,« aber das unendliche Glück, das in seinen Augen strahlt, schließt ihr den Mund.
»O Bini – Bini,« lacht und jubelt der Presi. »Aus Beelendung über dich bin ich so rückwärts gekrebst – gezittert und gebetet habe ich, daß Josi sich doch deiner erbarmen möge. – Und nun ist