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(Psalm 142,4).

      Ich will nicht verschweigen, dass die Bibel auch harte Worte zu diesem Thema enthält. Psalm 53 beginnt mit dem Satz: »Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott.« Dann werden schonungslos die Konsequenzen aufgezählt. In Psalm 53,6 heißt es: »Da erschrecken sie sehr, wo kein Schrecken ist.« Auch das müssen wir leider allzu oft beobachten. Wenn keine Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott unser Leben bestimmt, tyrannisieren uns Menschenfurcht und Ängste vor allem Möglichen und Unmöglichen.

      Kaum einer wird bezweifeln, dass Angst ein großes Thema in unserer Zeit ist. Das Thema Glück aber steht auf der Rangliste wahrscheinlich noch davor. Vielleicht hängen sie sogar miteinander zusammen.

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      FRAGE 6

      Kann man Glück lernen?

      Ich fuhr in einem ICE von Nürnberg nach Kassel und las eine Wochenzeitung. Ich saß am Gang. Das große Format der Zeitung zwang mich, das aufgefaltete Blatt nach links in den Gang zu halten. Die große Überschrift eines Artikels lautete: »Kann man Glück lernen?« Ich las voller Neugier, als hinter mir im Gang eine energische Stimme erscholl: »Nein. Hat man oder hat man nicht.« Ich fuhr herum und blickte in das Gesicht einer entschlossen den Kopf schüttelnden älteren Dame. Also nichts mit Lernen?

      Der Zeitungsartikel berichtete von einem Lehrer, der an seiner Schule das Fach »Glück« eingeführt hatte. Ich erinnere mich, dass diese Idee Kreise gezogen hat. Die Schüler hatten sicher nichts dagegen. Ich meine auch, inzwischen etwas über vergleichende Studien gelesen zu haben. Schüler, die nicht mit diesem Schulfach beglückt wurden, seien auch nicht unglücklicher.

      »Glück gehabt.« Das sagten Arbeitskollegen zu mir. Als Student arbeitete ich als Hilfsarbeiter auf dem Bau. An einem Vormittag hörte ich Schreie. Ich richtete mich von meiner Arbeit am Boden auf und drehte mich um. Hinter mir stand kerzengerade ein großer Holzbalken. Er fiel langsam um. Er war von hoch oben aus der Baukonstruktion herabgestürzt und direkt hinter mir aufgeschlagen. Einige Arbeitskollegen hatten beobachtet, dass der Balken direkt auf mich zusteuerte. Darum die Schreie, die ich nicht verstand. Das Geschoss verfehlte mich nur knapp. »Glück gehabt«, sagten die Kollegen.

      Erst langsam wurde mir klar, was passiert war. Der Schrecken kroch mir nachträglich in die Glieder. Ich merkte, wie ich zitterte. Gott sei Dank! Seine Bewahrung war mein Glück.

      Solche Glückserfahrungen wünscht man sich allerdings nicht wieder.

      Damit wird deutlich, wie unterschiedlich wir von Glück reden. Wenn man Glück hat, löst das in der Regel Glücksgefühle aus. Gefühle aber sind nicht von Dauer. Der Psychotherapeut Viktor Frankl hat beschrieben, dass Glücksgefühle länger anhalten, wenn sie durch langwierige Mühen erworben wurden. Das Glücksgefühl auf dem Berggipfel nach stundenlanger anstrengender Bergwanderung ist andauernder als das Glücksgefühl, das der Verzehr eines Stücks Schokolade auslöst. Aber ob länger oder kürzer – Gefühle sind nie von unbegrenzter Dauer.

      Die Deutsche Post stellt nicht nur Briefe und Pakete zu, sie erstellt seit einigen Jahren auch den sogenannten Glücksatlas. Sie titelte am Tage, an dem ich diese Zeilen schrieb, auf ihrer Internetseite: »Deutschland so zufrieden wie noch nie«.2

      Dann las ich: »Noch nie war die Lebenszufriedenheit der Deutschen so hoch wie 2019. Sie liegt aktuell bei 7,14 Punkten auf einer Skala von 0 bis 10. Damit wird das Ergebnis von 7,05 Punkten aus dem Vorjahr um 0,09 Punkte verbessert. Das ostdeutsche Glücksniveau stieg sogar um 0,11 Punkte auf das Allzeithoch von 7,0 Punkten, der höchste Wert, der jemals seit dem Mauerfall vor 30 Jahren gemessen wurde. Der Glücksabstand zwischen West- und Ostdeutschland verringerte sich weiter auf aktuell 0,17 Punkte. An der Spitze des regionalen ›Glücksrankings‹ steht unangefochten Schleswig-Holstein, das Schlusslicht bildet erneut Brandenburg.«

      Glück wird hier als Lebenszufriedenheit verstanden. Diese wird unter verschiedenen Gesichtspunkten bei den Menschen abgefragt: Wohnung, Arbeit, Familie, Einkommen, Gesundheitsfürsorge und anderes.

      Die statistischen Durchschnittswerte sagen leider nichts darüber aus, dass Menschen auch in den glücklichsten Landesteilen so unglücklich sein können, dass sie sich das Leben nehmen. Und ob unglückliche Menschen durch einen Umzug von Brandenburg nach Schleswig-Holstein glücklicher werden, wage ich auch anzuzweifeln.

      Doch wenden wir uns nun der Frage zu, ob der christliche Glaube glücklich macht.

      Ich halte die Frage schon deshalb für berechtigt, weil Jesus die Bergpredigt mit der Serie von Seligpreisungen beginnt. »Selig sind …« lesen wir in der Übersetzung Martin Luthers. Die Sätze beginnen im griechischen Urtext des Neuen Testamentes mit dem Wort makárioi.

      Glücklich sind, glücklich zu preisen sind, Gratulation denen … So müssen wir das verstehen.

      Lesen wir Matthäus 5,1-12 und wir werden sehen, dass Jesus merkwürdige Vorstellungen vom Glück hat:

      Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg

       und setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm.

       Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:

       Selig sind, die da geistlich arm sind;

       denn ihrer ist das Himmelreich.

       Selig sind, die da Leid tragen;

       denn sie sollen getröstet werden.

       Selig sind die Sanftmütigen;

       denn sie werden das Erdreich besitzen.

       Selig sind, die da hungert und dürstet

       nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.

       Selig sind die Barmherzigen;

       denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

       Selig sind, die reinen Herzens sind;

       denn sie werden Gott schauen.

       Selig sind, die Frieden stiften;

       denn sie werden Gottes Kinder heißen.

       Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.

       Selig seid ihr, wenn euch die Menschen

       um meinetwillen schmähen und verfolgen

       und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen. Seid

      fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich

      belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt

       die Propheten, die vor euch gewesen sind.

      Beschenkte sind glücklich

      Die erste Seligpreisung ist der Schlüssel zu allen anderen. Geistlich arm bedeutet nicht unbedingt geistig arm. Gemeint sind Menschen, die vor Gott arm wie Bettler dastehen. Warum kann man denen gratulieren? Jede Art von Armut ist doch durch beklagenswerten Mangel gekennzeichnet, oder? Ja, aber wer sich seiner Armut vor Gott wie ein Bettler bewusst ist, der lässt sich von Gott beschenken.

      Jesus sagt, dass den geistlich Armen das Himmelreich gehört. Die Königsherrschaft der Himmel – so steht es genau im griechischen Text – ist die Königsherrschaft Gottes. Aus Ehrfurcht vor Gott und aus Sorge, die Bezeichnung »Gott« zu missbrauchen, sprachen fromme Juden von den Himmeln, wenn sie Gott meinten.

      Die Königsherrschaft Gottes können wir nur geschenkt bekommen. Wir können sie nicht erarbeiten oder kaufen. Mit diesem ersten Satz der Bergpredigt setzt Jesus das entscheidende Vorzeichen vor alle weiteren Aussagen.

      Gott wird in Jesus Mensch. Er kommt in unsere Welt, um uns mit Gott zu versöhnen. Durch Jesus dürfen wir Gott kennen, die Vergebung der Sünden empfangen, in der Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, leben, die Kraft des Geistes Gottes erfahren, die Wegweisungen Gottes für ein gelingendes Leben kennenlernen, in der Gemeinschaft mit allen Kindern Gottes leben.

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