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wir in den Spiegel des Wortes Gottes schauen, erkennen wir, wer wir sind. Oder doch nicht? Wir erkennen, wie wir sein sollten. Wir erkennen, wie wir gewesen sind, bevor sich die ersten Menschen gegen ihre Berufung auflehnten. Sie wollten nicht nur Geschäftsführer Gottes über die Welt, sie wollten Eigentümer der Welt sein. Sein wie Gott! Die Bibel berichtet auch von dieser ersten großen Versuchung, der Menschen nachgegeben haben. Sie wollten es besser wissen als der Schöpfer (1. Mose 3). Und diese Besserwisserei ist unser Hauptproblem bis heute.

      Wir wollen unser Leben selbst bestimmen. Mein Bauch gehört mir. Meine Zeit, mein Geld – alles gehört mir. Niemand hat das Recht, darüber zu bestimmen.

      Wir alle wissen, wie erbittert um diese Selbstbestimmung gekämpft wird. Am Anfang und am Ende des Lebens erleben wir die härtesten Auseinandersetzungen. Muss es ein Recht der Frauen auf Abtreibung geben? Muss nicht jeder das Recht haben, sein Leben zu beenden, wann er will? Dieses Recht hat das Bundesverfassungsgericht in Deutschland gerade (2020) grundsätzlich festgestellt. Ein Dammbruch, meinen viele Christen. Ich auch.

      Es wird zwar von vielen auch in der Politik davon geredet, dass sie ihr Handeln am »christlichen Menschenbild« orientieren wollen. Zum christlichen Menschenbild gehört, dass jeder Mensch Ebenbild Gottes ist, dass er dem Schöpfer verantwortlich ist und dass Gott uns in der Unterschiedlichkeit und für die Gemeinschaft als Mann und Frau geschaffen hat. Jesus hat das ausdrücklich bestätigt:

      Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer sie am Anfang schuf als Mann und Frau und sprach (1. Mose 2,24):

       ›Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein‹? So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!

      Matthäus 19,4-6

      Die Ehe ist nach christlichem Verständnis die von Gott gewollte Lebensgemeinschaft von einem Mann und einer Frau. Sie ist also nicht eine unter vielen Lebensformen, die wir wählen.

      Mir ist bewusst, dass diese Aussagen im Widerspruch zu den Ansichten stehen, die in vielen Ländern auch durch staatliche Gesetzgebung Geltung haben. Das ist für uns Christen in den vom Christentum geprägten Ländern des Westens eine schmerzliche Entwicklung. In der Geschichte der weiten Welt ist das nichts Neues. Christen haben von Anfang an nach dem Wort Gottes gelebt und sich damit sehr oft im Gegensatz zu den Anschauungen und Gesetzen der Mehrheitsgesellschaft befunden. Sie haben die Konsequenzen getragen, auch wenn sie schmerzhaft waren.

      Sie haben aber nie darauf verzichtet, den Menschen das Evangelium zu sagen. Evangelium ist die gute Nachricht, dass sich Gott, der Schöpfer und Erhalter der Welt, in Jesus Christus offenbart hat. Wir dürfen nicht nur wissen, dass er existiert. Wir dürfen auch wissen, wie sehr er uns liebt. Wir dürfen begreifen, dass er in Jesus in die Welt gekommen ist, um uns mit sich zu versöhnen. Unsere selbstherrliche Besserwisserei will er uns vergeben. Wir dürfen Kinder Gottes sein. Wir dürfen wieder als Gottes Geschäftsführer unter seinem Segen und nach seinen Wegweisungen unser Leben in der Welt führen.

      Wir können wissen, wer wir sind, wenn wir in den Spiegel des Wortes Gottes schauen. Wenn wir das tun, werden wir auch die Welt neu sehen. Dabei können wir das viele Unrecht und Leid unmöglich übersehen. Schnell stellt sich die nächste Frage.

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      FRAGE 3

      Warum lässt Gott das alles zu?

      Was alles? Das Sterben von Kindern, das Elend der Flüchtlinge in Kriegen, die bestialischen Folterungen in Gefängnissen und Straflagern, den Terror der Fanatiker, die Seuchen, die Hungersnöte, Erdbeben und Flutkatastrophen, die Willkür der Diktatoren, die Vergewaltigungen, die Ausbeutung der Machtlosen, die Schmerzen der Kranken und Sterbenden, die Depressionen und Selbstmorde, das Fressen und Gefressen-Werden. Warum lässt Gott das alles zu?

      Stellen wir die Frage als Betroffene oder als Zuschauer? Wer klagt und fragt, weil er vom Leid im eigenen Leben und dem Leben anderer Menschen getroffen und verwundet ist, hat Gott an seiner Seite. Jesus schreit am Kreuz mit den Worten aus Psalm 22:

      Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

      Psalm 22,2; Matthäus 27,46

      Niemand darf diesen Schrei verbieten oder verurteilen.

      Eine andere Sache ist es, wenn jemand als unbeteiligter Zuschauer das Elend der Menschen als wohlfeiles Argument gegen den Glauben an Gott gebraucht, ohne auch nur ernsthaft eine Antwort zu suchen und zu erwarten, auch ohne sich um die Linderung des Leidens zu bemühen. Für solche Frager gibt es in der Bibel unvermutet schroffe Antworten.

      Das überraschendste Wort in der Bibel finde ich beim Propheten Amos. Er wirkte in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts vor Christus im Norden Israels. In Amos 3,6 lesen wir die herausfordernde Frage:

      Geschieht etwa ein Unglück in der Stadt, und der HERR hat es nicht getan?

      Gott lässt das Unglück nicht nur zu, er tut es. Keinen Augenblick versucht Amos zu erklären, dass Unglück nicht von Gott kommen könnte.

      Im Psalm 46 lesen wir:

      Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge.

      Psalm 46,2 ff.

      Ausgerechnet in diesem Vertrauenspsalm lesen wir auch:

      Kommt her und schauet die Werke des HERRN, der auf Erden solch ein Zerstören anrichtet, der den Kriegen ein Ende macht in aller Welt, der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt. Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin!

      Psalm 46,9-11

      In Diskussionen über diese Warum-Frage spüre ich oft die Erwartung, dass ich Gott verteidigen müsste. Gott muss doch gut sein und kann nichts Böses tun, oder? Es kommt mir ziemlich lächerlich vor, wenn jemand versucht, Gott so zu verteidigen. »Der tut nichts.« Das sagt ein Hundehalter, wenn jemand vor seinem großen Hund Angst hat. Soll ich im Ernst Gott auf diese Weise verteidigen, damit die Menschen ihn lieb finden?

      Die Vorstellung vom sogenannten »lieben Gott« ist – mit Verlaub gesagt – eine gotteslästerliche Karikatur moderner Zeitgenossen. Sie meinen, Gott müsse sich nach ihren Vorstellungen anständig benehmen, wenn sie an ihn glauben sollten. Demgegenüber gilt der Satz:

      Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.

      Galater 6,7

      Im Buch Hiob lesen wir, dass Gott dem Satan erlaubt, den gottesfürchtigen und gerechten Hiob mit entsetzlichem Leiden zu quälen und auf die Probe zu stellen. Zunächst sagt Hiob noch:

      Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?

      Hiob 2,10

      Dann aber verflucht er den Tag seiner Geburt. Freunde Hiobs kommen, um ihm beizustehen. Das Beste, was sie machen:

      … und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.

      Hiob 2,13

      Dann aber reden sie wie die Wasserfälle frommes Zeug – insgesamt neun lange Kapitel! Zum Schluss sagt Gott zu Elifas von Teman, einem der Freunde:

      Mein Zorn ist entbrannt über dich und über deine beiden Freunde; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob.

      Hiob 42,7

      Gott befiehlt ihnen, Brandopfer darzubringen, um ihre Sünde zu bekennen, und Hiob um Fürbitte zu bitten. Gott streicht damit alle ihre frommen Reden durch. Ungültig.

      Auf eine Beantwortung der Warum-Frage warten wir im Buch Hiob vergeblich. Stattdessen stellt

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