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Mitarbeiter durch das Lager. Plötzlich stand eine Frau vor mir und streckte mir ihr verhungerndes Baby entgegen. Ich konnte nicht helfen. Sie ging enttäuscht weg.

      Dann sah ich, wie eine andere Frau einen Hirsebrei auf eine Kochplatte strich. Unter der Platte brannte ein Feuer. Sie zeichnete in den Teig auf der Platte ein Kreuz. Brot des Lebens.

      Die Nacht brach herein. Ich lag auf einem Feldbett unter freiem Himmel. Ich konnte nicht schlafen. Plötzlich hörte ich Singen. Ein YMCA-Mitarbeiter neben mir sagte: »Es sind Christen. Sie singen das Lob Gottes.« In meiner Verzweiflung, gequält von der Hilflosigkeit angesichts des sterbenden Kindes, sah ich die Frau vor mir, die das Kreuz auf das Brot gezeichnet hatte, und hörte das Lob Gottes aus der Tiefe der Not gesungen. In dieser Nacht hatte ich keine Antwort auf die quälende Frage nach dem Warum. Aber ich begriff: In diese schreckliche Welt hat Gott das Kreuz gestellt.

      So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die an den glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

      Johannes 3,16 (eigene Übersetzung)

      Das hat Jesus selbst gesagt. Und sein Kreuz mitten im Schrecken der Welt ist das Orientierungskreuz. Gott rettet. Jesus ist der Retter. Und er rettet uns, damit wir Mitarbeiter seiner Liebe in dieser Welt werden. In Wort und Tat.

      In dieser Nacht begriff ich: Gott wird mir keine beruhigenden Antworten auf meine quälenden Fragen geben. Aber er hat mich durch Jesus gerettet, damit ich ihm und den Menschen diene. Es sollen die Werke Gottes an den Menschen offenbar werden. Jesus will uns an seiner Arbeit in der Welt beteiligen. So wirkt seine Liebe. Das bringt uns zu einem großen, aber auch missbrauchten Wort: Liebe. Damit beschäftigen wir uns in der Beantwortung der nächsten Frage.

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      FRAGE 4

      Kann denn Liebe Sünde sein?

      Sünde – was ist das? Das versteht angeblich keiner mehr, behaupten vor allem Stimmen in den Kirchen. Darum sollte man den Begriff aus dem Wortschatz streichen. Das wundert mich. Denn von Diätsünden, Verkehrssünden, Umweltsünden ist dauernd und überall die Rede. Sünde ist also geradezu ein Modewort unserer Zeit.

      Das heißt allerdings noch lange nicht, dass dieses Wort so gebraucht und verstanden wird, wie es nach der Bibel sein sollte. Wörter kommen mir vor wie die Einkaufswagen in den Supermärkten. Sie sehen alle gleich aus. Man nimmt sie und füllt sie mit den Waren, die man kaufen will. An der Kasse enthalten die Einkaufswagen dann sehr unterschiedlichen Inhalt. So ist es mit Wörtern. Sie klingen gleich, können aber unterschiedlichen Inhalt transportieren. Wenn der Inhalt schlecht ist, muss man nicht den Einkaufswagen dafür verantwortlich machen, sondern den Einkäufer.

      Sünde ist ein Beziehungsbegriff. Das deutsche Wort bezeichnet Absonderung, Trennung. Die wichtigste Beziehung für das Leben jedes Menschen ist die Beziehung zu Gott, dem Schöpfer und Erhalter des Lebens. Ja, für jeden Menschen ist diese Beziehung die allerwichtigste. Denn jeder Mensch ist von Gott geschaffen. Keine Sekunde können wir leben, ohne dass Gott uns erhält. Das gilt auch für Gottesleugner. Dass Gott existiert, ist nicht davon abhängig, ob Menschen an ihn glauben. Weil Gott lebt, ist unser Leben aber immer von unserer Beziehung zu ihm bestimmt. Wenn diese Beziehung gestört ist, leidet unser Leben Schaden. Solche Beziehungsstörungen nennt die Bibel Sünde.

      Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, was die Bibel sagt.

      Gott hat uns zu seinem Ebenbild – zu seinem Gegenüber – geschaffen. Er hat uns in der Unterschiedlichkeit und Gemeinschaft von Mann und Frau geschaffen. Er hat uns als seine Geschäftsführer in der Welt beauftragt und gesegnet (1. Mose 1,27f.). Das wissen wir nur dadurch, dass Gott sich als Schöpfer offenbart hat. Die Offenbarung Gottes ist in der Bibel dokumentiert.

      So aber gefällt uns Menschen diese Grundbeziehung nicht. Wir wollen Eigentümer, nicht nur beauftragte Geschäftsführer sein. Wir wollen selbstbestimmt leben. Wir behaupten: Mein Körper gehört mir. Meine Zeit gehört mir. Nur ich habe das Recht, darüber zu verfügen und zu bestimmen. Niemand sonst. Das aber ist Rebellion gegen Gott. Das ist die Hauptsünde.

      Natürlich wollen viele Gott nicht völlig leugnen. Sie wünschen sich Gottes Hilfe und Segen. Aber sie meinen selbst am besten zu wissen, was gut für sie ist. »Höre auf dein Herz!«, heißt das verführerische und überzeugende Gebot heute.

      Die Bibel beschreibt von Anfang an, was die Folgen dieser Rebellion sind: Kain beneidet und ermordet seinen Bruder Abel. Auf die Zerstörung der Gottesbeziehung folgt sofort die Zerstörung der Beziehung zwischen den Menschen. Wie eine losgetretene Lawine weitet sich die Zerstörung aus, wie es sich in Lamechs Rachewort zeigt (1. Mose 4,23f.). Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit enden in Zerstörung und Zerstreuung nach dem Turmbau zu Babel (1. Mose 11).

      Auch die Beziehung des Menschen zu sich selbst wird zerstört. Wer sich selbst an Gottes Stelle setzt, wird von Neid, Geltungssucht, Hass auf andere und oft auch auf sich selbst zerstört. Selbstsüchtig, habsüchtig und maßlos plündert er die Schöpfung Gottes, anstatt sie zu bewahren.

      Sünde ist Besserwisserei. Wir wollen besser als Gott wissen, was uns guttut und glücklich macht. Wir wollen mehr haben. »Hast du was, dann bist du was.« Gott aber sagt: Du sollst nicht stehlen! Du sollst nicht begehren, was dem anderen gehört! Wir meinen, es besser zu wissen als Gott.

      Der Schöpfer hat uns alle sieben Tage Ruhe und Introspektion bei ihm verordnet. Wir aber missachten seine Lebensregel und hetzen uns zu Tode. Gott hat uns die Sexualität für den Schutzraum lebenslanger Liebe und Treue in der Ehe geschenkt. Wir aber meinen zu wissen, dass Sex vor und außerhalb der Ehe und auch mit gleichgeschlechtlichen Partnern glücklich macht. Kann denn Liebe Sünde sein?

      Die Besserwisserei des rebellischen Menschen führt dazu, dass er die Gebote Gottes missachtet. Aber nicht nur diese Missachtung ist Sünde. Im Gegenteil. Es gibt auch Gottesfeindschaft auf moralisch hohem Niveau. Das ist die Sünde der Anständigen.

      Der Apostel Paulus war vor seiner Bekehrung zu Jesus ein Beispiel dafür. Er konnte von sich selbst sagen, er sei »nach der Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, untadelig gewesen« (Philipper 3,6). Gerade deshalb hasste er die Jesus-Bekenner und die Botschaft vom gekreuzigten Messias Jesus. Er meinte, keine Gnade durch den stellvertretenden Tod des Messias Jesus zu brauchen. Seine Selbstgerechtigkeit war die Waffe seiner Gottesfeindschaft, obwohl er sie für ausgemachte Frömmigkeit hielt.

      Man kann sich auf sehr verschiedene Weise in die verkehrte Richtung bewegen. Es geht mit dem Mercedes oder auf dem Fahrrad oder zu Fuß oder mit dem Zug oder Flugzeug. Die Art der Fortbewegung ändert nichts an der falschen Richtung. Sünde kann unmoralische und moralische Gestalt annehmen. Die Selbstgerechten konnten und können bis heute mit Jesus am wenigsten anfangen. Und Jesus hat ihnen nichts zu bieten. Er sagt ausdrücklich:

      Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße.

      Lukas 5,32

      Ein reicher junger Mann behauptete, dass er die Gebote Gottes von Jugend an gehalten habe. Jesus bestreitet das nicht einmal. Aber offensichtlich ist der Besitz des Mannes sein Gott, der ihm Sicherheit und Ansehen garantiert. Als Jesus ihn zur Abkehr von diesem Götzen und in seine Nachfolge ruft, ärgert er sich über diese Zumutung und geht traurig weg. Ein total anständiger Mensch wird von Jesus als Götzendiener entlarvt. Und leider verliert Jesus den Kampf um diesen Kerl. Der Götzendienst der Habgier und des Geizes wird bis heute perfekt als Sparsamkeit und Anständigkeit getarnt. Die Besserwisserei der Anständigen vergeht sich am ersten Gebot: »Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.«

      Jesus hat gesagt, dass er den Heiligen Geist senden wird.

      Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht.

      Johannes 16,8

      Der Heilige Geist schafft, dass wir unser Leben im Licht Gottes sehen. Nur der Geist Gottes kann Sündenerkenntnis

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