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      Fegoria

      Dunkle Stunden

       Roman

      Annika Kastner

      Erstausgabe im Februar 2021

      Alle Rechte liegen beim Verlag

      Copyright © Februar 2021

      Booklounge Verlag

      Johann-Boye-Str. 5

      23923 Schönberg

      Coverbild: @ konradbak – Can Stock Photo Inc.

      978-3-947115-27-3

      Helden

       Je­des Mär­chen, je­de Ge­schich­te hat ih­ren Helden. Un­se­re Helden sind nicht immer per­fekt, sie ha­ben Ecken und Kan­ten, ma­chen Feh­ler, ge­nau wie wir. Es kann auch sein, dass sie manch­mal von ih­rem Weg ab­kom­men, ei­ne an­de­re Ab­zwei­gung wäh­len als die, die wir für sie ge­wollt ha­ben. Aber es kommt letzt­lich da­rauf an, wie sie sich am En­de ent­schei­den. Dass sie dort den rich­ti­gen Weg wäh­len, der für sie be­stimmt ist, nicht den, den wir gern für sie hät­ten. Erst das macht sie zu un­se­ren Helden.

      Willkommen

      Hal­lo mein lie­ber Le­ser und ein herz­li­ches Will­kom­men zurück in Fe­go­ria.

      Wenn du die­sen Band in den Hän­den hältst, heißt das, dass wir ge­mein­sam schon ein gro­ßes Aben­teu­er bis hier­her er­lebt ha­ben. Hast du mit Ali­ce ge­weint, mit Cri­spin ge­lit­ten oder dich um To­pas ge­sorgt? Schlägt dein Herz für No­am und Ci­an?

      Dan­ke, dass du die­ses Aben­teu­er mit mir zu­sam­men er­lebst. Ali­ce und Cri­spin brau­chen je­de Un­ter­stüt­zung, die sie be­kom­men kön­nen, denn der Tag des letz­ten Kamp­fes naht un­wei­ger­lich.

       Dei­ne An­ni­ka

      Widmung

       Oh, fast hät­te ich es ver­ges­sen: Du weißt doch, wie sehr ich Wid­mun­gen lie­be. Ich wid­me die­ses Buch je­dem, der sich schon ein­mal ge­wünscht hat, das Wun­der­land zu se­hen und nie auf­ge­hört hat, zu träu­men. Außer­dem mei­nem wun­der­vol­len Mann Phi­lipp und mei­nem Sohn Jos­hua – mein per­sön­li­ches Hap­py End. Mei­nen be­sten Freun­din­nen Syl­via, Co­si­ma und An­drea. Egal, wann oder wie spät es ist, immer seid ihr da und ich ha­be euch wahn­sin­nig lieb.

      Alice

      Kal­te Gischt spritzt mir ins Ge­sicht. Müh­sam öff­ne ich mei­ne Augen, die durch das Salz­was­ser ver­klebt sind, und schaue mich blin­zelnd um. Mein ge­sam­ter Körper fühlt sich zer­schla­gen und bleisch­wer an, als hät­te mich ein Bus bei vol­ler Fahrt er­wischt und an­schlie­ßend ge­wen­det, nur um si­cher zu ge­hen, dass ich auch tat­säch­lich platt bin. Müh­sam un­ter­drü­cke ich ein Stöh­nen, als ich mich schließ­lich vor­sich­tig be­we­ge. Es ist ein Wun­der, dass ich über­haupt ein­ge­schla­fen bin, doch die Er­eig­nis­se ha­ben ih­ren Tri­but ge­for­dert und mei­nen Körper in den Ru­he­zu­stand ver­setzt – die Hei­lung braucht Kraft und Zeit. Bei­des Din­ge, die mir ge­ra­de ziem­lich feh­len. Wä­re ich noch ein Mensch, da­ran he­ge ich kei­nen Zwei­fel, wä­re ich dort ge­stor­ben. Ich er­in­ne­re mich an alles, was ge­sche­hen ist, je­des Detail, was da­zu ge­führt hat, wie ich hier auf die­sem rau­en Fel­sen mit­ten im Meer ge­lan­det bin. Die Rück­bli­cke sind nicht grau­sa­mer als je­nes, was mir wi­der­fah­ren ist. Er­in­ne­rung an den El­ben­prin­zen, der sein Le­ben ris­kiert hat, um mich aber­mals in sei­ne Ge­walt zu brin­gen, was sich je­doch am En­de die­ses We­ges gar nicht als Ent­füh­rung, son­dern als Ret­tung ent­puppt hat. So viele Lü­gen, so viel Leid … so viel, was ich erst jetzt ver­ste­he. Er, von dem ich bis vor kur­zem ge­dacht ha­be, dass er mein Feind wä­re und in des­sen Arm ich end­lich wie­der Ru­he fin­de. Oh, wie falsch ich doch vor ein paar Stun­den noch ge­le­gen ha­be, mit tö­rich­ter Blind­heit ge­schla­gen. Scham durch­flu­tet mich, heiß und lo­dernd. Ich er­in­ne­re mich deut­lich an den Hass, ach was, die blan­ke Wut, die ich emp­fun­den ha­be, als ich ihn auf dem Fest Au­ge in Au­ge ge­gen­über­ge­stan­den ha­be. Der zün­geln­de Zorn, den ich ver­spürt ha­be, den Wunsch, ihn auf der Stel­le zu tö­ten. Bei un­se­rem Kampf in den Höh­len hät­te ich es ge­tan, wenn ich es ge­konnt hät­te. Ganz be­stimmt! Und die­ses Wis­sen raubt mir fast den Ver­stand. Gut, dass ich kei­nen Er­folg ge­habt ha­be und das Schi­cksal mir gnä­dig ge­we­sen ist. Wir ge­hö­ren zu­sam­men, un­ser Schi­cksal ist eins, das spü­re ich bis in Mark und Bein. Jetzt, wo es bei­nahe zu spät ist und die Wir­kung der fau­len Zau­be­rei nach­lässt, se­he ich kla­rer. Sein Weg, ist mein Weg. Wie ha­be ich dies ver­ges­sen kön­nen, ihn ver­ges­sen? Wie soll ich da­mit le­ben, was ich ge­tan ha­be? Aus­ge­rech­net ihm, den ich über alles lie­be? Ich er­in­ne­re mich an die Be­stien, die dort oben, weit über uns, in den Fel­sen hau­sen, und mei­nen Rü­cken im un­er­bitt­li­chen Kampf bis auf die Mus­keln auf­ge­ris­sen ha­ben – je­den­falls fühlt es sich im Mo­ment so an. Es ist mir ein Rät­sel, wie ich mich auf den Bei­nen hab hal­ten kön­nen. Oh­ne Cri­spin wä­re ich dort zu­grun­de ge­gan­gen. Nur ihm ist es zu ver­dan­ken, dass ich noch at­me. Er, die­ser stu­re Prinz, der bis zum letz­ten Atem­zug für uns kämp­fen wür­de.

      Das Salz­was­ser brennt wie Feu­er auf mei­ner ver­letz­ten Haut, doch ich hei­ße den Schmerz will­kom­men, er lenkt mich von mei­ner in­ne­ren Qual ab. Wa­rum ist es nur so­weit kom­men? Ha­ben wir nicht et­was Glück ver­dient? Seit ich in die­sem Land le­be, ha­be ich mehr Ge­walt er­fah­ren, als ein Mensch er­fah­ren soll­te. Aber … ich bin kein Mensch. Es lie­gen noch Jahr­hun­der­te vor mir und ich be­te zu den Göt­tern, dass die­se den Schmerz und die Scham fort­spü­len wie die Wel­len mein Blut von die­sem Fel­sen un­ter mir. Ich drü­cke mich fes­ter an Cri­spins war­men Körper, su­che Trost. Mich in Si­cher­heit zu wie­gen, da er hier bei mir ist, hilft mir un­ge­mein. Cri­spin ist ge­kom­men – für mich. Mein Seelen­ge­fähr­te, mein Schi­cksal. Sei­ne Ar­me schlie­ßen sich en­ger, be­sitz­ergrei­fen­der um mei­nen Rumpf. Mein Herz pocht wild in mei­ner Brust. Wie kann er mich nach all dem noch lie­ben? Er ist der Stär­ke­re von uns bei­den, schon immer ge­we­sen, und ich ler­ne lang­sam, die­se Welt aus sei­nen Augen zu se­hen. Mei­ne al­te Welt ver­blasst stünd­lich mehr, denn mein Le­ben hier ist so völ­lig fern von dem, was ich ken­ne. Hart und gna­den­los, zu­dem vol­ler Wun­der. Dort drau­ßen auf dem Was­ser hät­te ich bei­nahe auf­ge­ge­ben. Ja, ich ha­be ge­nug ge­habt, das ge­be ich zu. Die­ses Wis­sen macht mich nicht stolz, aber es ist ein Mo­ment der Schwäche ge­we­sen. Ich bin be­reit ge­we­sen, zu ge­hen, all das hin­ter mir zu las­sen, da­mit er sich hät­te ret­ten kön­nen. Nein, er ist es, der uns am Le­ben hält, der uns nicht auf­gibt und da­für bin ich ihm un­end­lich dank­bar. Mein Weg ist noch nicht zu En­de. As­ta hat das, was wir ha­ben und je­nes, was uns ver­bin­det, zers­tö­ren wol­len, doch Cri­spin ist durch­aus mäch­ti­ger oder ein­fach nur di­ckköp­fi­ger – es trifft letzt­lich bei­des auf mei­nen Ge­fähr­ten zu … Die­sen ar­ro­gan­ten, selbst­herr­li­chen und doch lie­be­vol­len, für­sor­gli­chen El­ben­prin­zen, der vor Wi­der­sprü­chen nur so trotzt. Er hat sein Ver­spre­chen ge­hal­ten, ist für mich bis ans En­de der Welt ge­gan­gen, hat sich un­se­ren Wi­der­sach­ern allei­ne ge­stellt, nur um mich zurück­zu­for­dern. Ich wer­de schüt­zen, was mein ist, und du bist die mei­ne, Ali­ce. Das sind einst sei­ne Wor­te an mich ge­we­sen. Nein, der Prinz der El­ben ist nicht mein Feind. Es ist, als hat das Was­ser ei­ne hei­len­de Wir­kung ge­habt und mein Blut­ver­lust da­zu beige­tra­gen, den Trank zu ver­nich­ten. Alles wird plötz­lich viel kla­rer, er­gibt ei­nen Sinn. Er­in­ne­run­gen durch­flu­ten mich. Er ist so viel mehr, das spü­re ich tief in mir. Die Lie­be mei­nes Lebens. Wir sind ver­bun­den, wir sind eins. Seit Ta­gen füh­le ich mich das er­ste Mal als ein Gan­zes. Als wä­re ein wich­ti­ges Puz­zle­teil, wel­ches ge­fehlt hat, nun wie­der an sei­nen Platz ge­rückt. Zu­sam­men er­ge­ben wir ein Bild­nis. Ich ver­traue

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