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christlichen Länder der Welt. In Aksum empfand man die Notwendigkeit, an die bereits christianisierte Welt angeschlossen zu werden und ein Kirchenoberhaupt zu erhalten, das von einer schon bestehenden kirchlichen Autorität bestellt und ermächtigt sein würde. Frumentius reiste nach Alexandria, an den Sitz des koptischen Patriarchen, informierte diesen, Athanasius I., über den Aufstieg des Christentums in Aksum und bat ihn um Entsendung eines Bischofs. Athanasius weiht Frumentius selbst zum Bischof und sendet ihn zurück nach Aksum, um dort im Namen der koptischen Kirche und mit kirchlichem Segen als Oberhaupt der neu enstehenden Kirche von Aksum zu fungieren. Damit war ein Präzedenzfall gesetzt, der eine 1600-jährige Praxis begründete. Von nun an wurde jedes neue Oberhaupt der aksumitischen, später äthiopischen, Kirche vom Patriarchen von Alexandria ernannt und aus Ägypten entsandt.26 Dennoch war die Kirche von Aksum und später die äthiopische Kirche nicht wirklich Teil der koptischen Kirche, sondern agierte weitgehend autonom. Das aus Ägypten entsandte Kirchenoberhaupt hatte weitgehend rituelle und zeremonielle Aufgaben und war kaum in die eigentliche ›Kirchenpolitik‹ involviert.

      Abuna Selama Kesate Berhan, wie Frumentius in Aksum genannt wurde, wird als erster Bischof und Begründer der Kirche am Horn von Afrika bis heute als Heiliger verehrt (und gilt auch in der orthodoxen sowie in der katholischen Kirche als Heiliger).

      Auffallend ist, wie sich der Übergang zum Christentum in Aksum in der Münzprägung ausdrückt. Die älteren Münzen aus der frühen Regierungszeit Ezanas sind noch in der traditionellen Weise (altsüdarabische Symbolik) gestaltet, während auf späteren Münzen das Kreuz erscheint – die Konversion zum Christentum erfolgte wohl um 340 AD. Christianisiert wurde Aksum ›von oben‹ – der König war der wichtigste Katalysator für die Verbreitung des Christentums. Ganz im Gegensatz zu Ägypten, wo sich das Christentum zunächst vor allem im einfachen Volk verbreitet hatte, weshalb es zu einer Blüte koptischer Sprache und Kultur gekommen war (die Konvertiten hatten keine ausreichenden Griechischkenntnisse, die vor allem in gehobenen Gesellschaftsschichten verbreitet waren).

      Schon bald finden sich Spuren für eine weitere Verbreitung des Christentums am Horn von Afrika – Kreuze nicht nur auf Münzen, sondern auch auf Gebrauchsgegenständen und Gebäuden. In diese Jahre fällt auch eine weitere Neuerung in der Kultur von Aksum, die ebenfalls bis heute Auswirkungen hat: Die vom Südarabischen abgeleitete Schrift, in der Ge’ez, das klassische (Alt-)‌Äthiopische, geschrieben wurde, war zunächst eine reine Konsonantenschrift, weshalb wir nicht genau wissen, wie frühe Texte zu lesen sind. Denn wir haben nur ein unvokalisiertes Konsonantengerüst wie auch im heutigen Hebräischen oder Arabischen (wobei es für diese Sprachen aber Vokalzeichen gibt, durch die wir also über die Vokalisierung genau Bescheid wissen). Erst im 4. Jahrhundert, um die Zeit der Christianisierung (wohl kurz davor), erscheint Ge’ez in vokalisierter Form – vielleicht unter indischem Einfluss.27 Eine Art Silbenschrift entsteht, die später auch für andere semitische Sprachen am Horn von Afrika – z. B. Amharisch und Tigrinya – verwendet wird und bis heute die am weitesten verbreitete Schrift in diesem Raum ist. Die Nationalsprachen von Äthiopien und Eritrea werden heute noch immer in dieser Schrift geschrieben, der einzigen existierenden semitischen Silbenschrift.

      Aksum ist im 4. Jahrhundert längst zur Großacht geworden. Mani, der Stifter der nach ihm benannten Religion des Manichäismus, führt Aksum bereits im 3. Jahrhundert als eine der führenden Mächte auf.28 Der Staat ist weit über seine Keimzelle, die Stadt Aksum in Tigray, hinausgewachsen, hat seinen Zugang zum Meer ausgebaut und expandiert sowohl über das Rote Meer nach Südarabien als auch ins Innere Afrikas. Er ist dabei, ein wichtiger Partner und Alliierter für Rom zunächst und dann für Byzanz zu werden, unterhält Handelsbeziehungen mit Indien und Ceylon. Inschriften auf Steinplatten weisen Ezana als König von Himyar und Saba, also als Oberherrn von südarabischen Staaten, aus.

      Ende des 5./Anfang des 6. Jahrhunderts kommen, glaubt man der Überlieferung in der Hagiographie, ›Neun Heilige‹29 aus dem Nahen Osten ans Horn von Afrika. Es ist die legendenhafte Verkleidung des Vordringens christlich-orientalischen Mönchstums nach Aksum. Im Nahen Osten hatte sich vor allem im koptischen Ägypten, mit dem Aksum in Verbindung stand, ein sehr lebendiges Mönchstum entwickelt,30 dessen Ausbreitung nach Süden naheliegend ist. Auch im Christentum am Horn von Afrika verwurzelte sich das Mönchstum bald und wurde zu einem essenziellen, tragenden Element der Kirche. In den folgenden Jahrhunderten wurden zahllose Klöster gegründet, in denen sich ein reiches geistiges Leben entwickelte.

      Schon früh unternimmt Aksum militärische Vorstöße über das Meer hinweg, die auf der Ost- und Westküste des Roten Meeres gleichermaßen dokumentiert sind. Lange vor Ezana haben sich Könige von Aksum in Südarabien engagiert, dort über wechselnde Allianzen mit verschiedenen – sabäischen und himyaritischen – Herrschern Einfluss ausgeübt und die Küstenebene am Roten Meer (Tihama) zumindest zeitweise kontrolliert.

      Aksum ist für eine Zeit dominierende Macht in Südarabien und kann die Lokalmächte gegeneinander ausspielen. Im 3. Jahrhundert erschienen die Könige GDR (T) – vielleicht der erste aksumitische König, der in Südarabien interveniert, jedenfalls der erste, der in einer sabäischen Inschrift genannt wird – und GRMT als Protagonisten einer aktiven aksumitischen Arabien-Politik. Ob Aksum allerdings noch zu Ezanas Zeiten eine dominierende Rolle im Südwesten der Arabischen Halbinsel spielte, ist nicht eindeutig klar. Die Erwähnung südarabischer Staaten in Ezana-Inschriften mag üblicher Bestandteil der Standardtitulatur des Königs sein.

      Dagegen war die Regierungszeit von König Ezana definitiv eine Epoche von Feldzügen zu Lande und territorialer Ausdehnung sowie der wirtschaftlichen Expansion. Bereits in den 60er-Jahren des 3. Jahrhunderts hat ein aksumitischer Feldzug gegen Meroe stattgefunden. Meroe,31 zwischen dem 5. und 6. Nilkatarakt etwa 180 km nördlich der heutigen sudanesischen Hauptstadt Khartum im historischen Nubien gelegen, ist seit 300 v. Chr. Hauptstadt des Reiches Kusch. Es ist Träger des Handels zwischen Innerafrika und Ägypten sowie der Mittelmeerwelt.32 Als Ezana Mitte des 4. Jahrhunderts dann seinen Feldzug gegen Meroe unternimmt, ist der Staat bereits im Niedergang begriffen, die Operation richtet sich wohl gegen die Ethnien der Kasu und Noba (Nubier), die die Stadt eingenommen haben. Aksum kann den innerafrikanischen Handel übernehmen und Meroe bzw. Kusch als wichtigen Handelspartner Roms im südlichen Niltal ablösen. Wichtigste Waren dieses Handels sind Ebenholz, Elfenbein, Weihrauch, Straußenfedern und -eier. Später übernahm dann auch hier das Christentum eine führende Rolle, seit 500 AD entstanden drei christliche nubische Reiche.

      Wir dürfen aber nicht davon ausgehen, dass Aksum sich als ein ›Reich‹ bis an den Nil erstreckte und das Territorium von Kusch oder Nubien umfasste. Das ›Reichsgebiet‹ von Aksum müssen wir uns relativ beschränkt vorstellen. ›Aksum‹ ist immer zuallererst die Stadt Aksum, in der das Reich sein Zentrum hat und auf die alles fokussiert ist.

      Aksum darf nicht gleichgesetzt werden mit dem Staatsgebiet des heutigen Staates ›Äthiopien‹ oder gar als ein Staat, der sowohl Äthiopien als auch Eritrea umfasste (oder gar Somalia, den Sudan etc.).

      Die wirkliche Reichweite der ›Herrschaft‹ aksumitischer Herrscher – Institutionen und Verwaltung gab es nur ansatzweise und in eingeschränktem Sinn – war von sehr unterschiedlicher Dimension. Das ›Territorium‹ von Aksum war starken Schwankungen unterworfen, eine auch nur annähernd genaue Grenzziehung oder kartographische Erfassung ist so gut wie unmöglich.33 Auffallend ist: Der Reichsmittelpunkt liegt im Hochland (von Tigray), wie es schon bei Dama’at der Fall war – dennoch ist der Zugang zum Meer entscheidend, wenn auch Küstenregionen nur zeitweise zum Kernland gehören.

      Ganz ähnlich wird die Entwicklung auch in den folgenden Jahrhunderten bis in die Gegenwart sein: Das größte Reich am Horn von Afrika, ob der Staat der Zagwe-Dynastie oder später das salomonische Reich (image Kap. 2 und image Kap. 3), ist zunehmend zum Landesinneren hin orientiert und verlegt seine Schwerpunkte mehr und mehr nach Süden, der Küstenstreifen erlangt immer wieder eine gewisse

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