Скачать книгу

oder was fahren wir? Also handelt es sich um ein Akkusativobjekt, das man inhaltlich verschieden deuten kann (auf die Autobahn herauffahren oder schon auf ihr befindlich sein)!Ich buche DIR also gerne ein Ticket zurück in die 3. Klasse! Und Dein Kommentar (Stichwort: Migrationshintergrund) ist einfach unmöglich! Ich finde, für den sollte man Dich sperren. Was hat bitte ein Migrationshintergrund damit zu tun, ob man Grammatik kann oder nicht? Was für eine überaus blöde Bemerkung!!

      Der in der Fachkommunikation erwartbare und übliche Stilzug der Sachlichkeit spielt in solchen Fällen ersichtlich keine Rolle mehr, die Diskussion spitzt sich zu und nimmt mehr und mehr polemische Töne an. Dass Forumsmitglieder auf adäquate Gestaltung auch auf der Beziehungsebene Wert legen, zeigt sich vor allem darin, dass die Einhaltung von Höflichkeitsstandards gefordert wird:

       (41) […] aber ich möchte daraufhin verweisen, dass das Deutschboard seinen Anspruch und einen guten Ruf waren will und das wir, die Helfer, uns freuen würden, wenn die Fragesteller sich ein wenig ordentlicher ausdrücken würden! Wir bitten freundlichts darum, gerade weil wir auf einem Deutschboard sind, eine vernünftige Anfrage zu stellen! […] Vielen Dank! […]1

      4.3 Ironisieren

      Stilwechsel können dann zum Einsatz kommen, wenn wie im folgenden Thread-Auszug das stilistische Handlungsmuster Ironisieren verwendet und ebenfalls die Interaktionsmodalität gewechselt wird. Ausgangspunkt ist eine Frage zur Groß- und Kleinschreibung, die dann im grammatischen Kontext der Wortbildung beantwortet wird:1

       (42) Jan: Werden die Verben „schwimmen“, „radfahren“ und „laufen“ im folgenden Satz groß oder klein geschrieben? Das bedeutet: 20 Tage lang täglich 3,8 km schwimmen, 180 km radfahren und 42,2 km laufen.

      Die Frage wird von User „Qwerty“ beantwortet und es kommt zu zwei zusätzlichen Beiträgen von „Jan“ und „Qwerty“. Bei der Beispielsanalyse verkürzt „Qwerty“ dann den ursprünglichen Beispielsatz, was folgende Reaktion eines weiteren Users verursacht:

       (43) Vollprofi: „20 Tage lang Schwimmen/schwimmen“, das geht, […]Wow, Qwerty! Da bewundere ich echt deine Ausdauer! Kann man sich das mal irgendwo anschauen?

      Der hier erkennbare Ebenenwechsel hin zur Beziehungsebene erfolgt durch die Ironisierung, wobei der Wechsel zu einer unernsten Interaktionsmodalität mit Smileys zusätzlich verdeutlicht wird. „Qwerty“ schließt sich dem Ebenenwechsel an, indem er/sie auf die Äußerung von „Vollprofi“ mit Humor reagiert:

       (44) […] Ja ne? Da kannste nicht mithalten. […] Zitat: Kann man sich das mal irgendwo anschauen? Hihi, na klar. In jedem besseren Zoo, Delfinarium etc. Liebe Grüße Qwerty

      Wie die Beispiele zeigen, agieren die Forumsmitglieder zuweilen ausschließlich auf der Ebene der Beziehungsgestaltung, als unbeteiligter Rezipient kann man zum „Zeugen eines kleinen verbalen Duells“ (Sandig 2006: 283) werden oder sich am negativen oder positiven Bewerten durch Ironie erfreuen.

      5 Fazit

      Die exemplarischen Überlegungen haben verdeutlicht, dass Grammatik-Texte für die Analyse von Stilwechseln und ihren Wirkungen einen geeigneten Untersuchungsgegenstand darstellen, da sich bei gleichbleibendem Gegenstand Anpassungen z.B. an bestimmte Adressatengruppen vergleichen lassen. Festhalten lässt sich insbesondere,

      1 dass sich im Vergleich zielgruppendifferenter Darstellungen zielgruppenspezifische Formen des Gestaltens ausmachen lassen, zu denen auch bestimmte Arten von Stilwechseln gehören, und dass insofern die Analyse von Stilwechseln als Beitrag zur Verortung von Texten zwischen maximaler und minimaler Wissenschaftlichkeit verstanden werden kann: Vor dem Hintergrund des ausgeprägten Negativimages, mit dem das Thema „Grammatik“ behaftet ist, lässt sich erkennen, dass die Textproduzenten vor allem in einführenden Darstellungen und in solchen für Adressatengruppen mit heterogenem, insbesondere auch eher niedrigem Wissensniveau Stilwechsel einsetzen, um den Texten Attraktivität zu verleihen und die Rezeptionsbereitschaft zu steigern;

      2 dass sich im Vergleich zielgruppengleicher Darstellungen, deren Erscheinen sich über einen größeren Zeitraum erstreckt, weniger Unterschiede in Gestalt von Stilwechseln beobachten lassen, sondern vielmehr bei gleichbleibendem (Wissenschaftlichkeits-)Anspruch Anpassungen an veränderte Rahmenbedingungen im Bereich der Grammatikforschung, die vor allem das Selbstverständnis und die Positionierung zwischen Präskription, Normierung und Deskription betreffen, sich aber zwangsläufig auch in der Art und Weise des Gestaltens niederschlagen und insofern einen Stilwandel sichtbar werden lassen;

      3 dass die Art der Handlungsdurchführung und die primär im Rahmen des Gestaltens anzusiedelnden Stilwechsel durch Handlungen, die in erster Linie die Beziehungsgestaltung betreffen, ergänzt, zuweilen auch unterbrochen oder außer Kraft gesetzt werden können, wie es die exemplarischen Beobachtungen zur Behandlung von Grammatikthemen und ‑fragen in der Forenkommunikation offengelegt haben.

      Literatur

      Quellen

      Drosdowski, Günter (Hg.) 1984: Duden – Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. In Zusammenarbeit mit Gerhard Augst u.a. Mannheim u.a., 4., völlig neu bearb. und erw. Aufl.

      Drosdowski, Günter (Hg.) 1995: Duden – Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. In Zusammenarbeit mit Peter Eisenberg u.a. Mannheim u.a., 5., völlig neu bearb. und erw. Aufl.

      Dudenredaktion (Hg.) 1998: Duden – Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. Bearbeitet von Peter Eisenberg u.a. Mannheim u.a., 6., neu bearb. Aufl.

      Dudenredaktion (Hg.) 2005: Duden – Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch. Bearbeitet von Peter Eisenberg u.a. Mannheim u.a., 7., völlig neu erarb. und erw. Aufl.

      Dudenredaktion (Hg.) 2017: Schülerduden Grammatik. Bearbeitet von Peter Gallmann u.a. Berlin, 8., komplett überarb. und akt. Aufl.

      Grebe, Paul (Bearb.) 1966: Duden – Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. Unter Mitwirkung von Helmut Gipper u.a. Mannheim, 2., verm. und verb. Aufl.

      Grebe, Paul (Bearb.) 1973: Duden – Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. Unter Mitwirkung von Helmut Gipper u.a. Mannheim, 3., neu bearb. und erw. Aufl.

      Habermann, Mechthild / Diewald, Gabriele/Thurmair, Maria 2015: Duden – Grundwissen Grammatik: Fit für den Bachelor. Berlin, 2., überarb. Aufl.

      Heringer, Hans Jürgen 1989a: Lesen lehren lernen: Eine rezeptive Grammatik des Deutschen. Tübingen.

      Heringer, Hans Jürgen 1989b: Grammatik und Stil. Praktische Grammatik des Deutschen. Bielefeld.

      Heringer, Hans Jürgen 2013: Deutsche Grammatik. Ein Arbeitsbuch für Studierende und Lehrende. Paderborn.

      Hoberg, Ursula / Hoberg, Rudolf 2016: Der kleine Duden: Deutsche Grammatik. Berlin, 5., überarb. Aufl.

      Musan, Renate 2009: Satzgliedanalyse. Heidelberg, 2., akt. Aufl.

      Steinhauer, Anja 2015: Duden – Crashkurs Grammatik. Ein Übungsbuch für Ausbildung und Beruf. Berlin, 3., akt. Aufl.

      Wöllstein, Angelika / Dudenredaktion (Hg.) 2016: Duden – Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch. Berlin, 9., vollständig überarb. und akt. Aufl.

      Forschungsliteratur

      Auer, Peter 1986: Kontextualisierung. In: Studium Linguistik 19, 22–47.

      Auer, Peter 1992: Introduction: John Gumperz’ approach to contextualization. In: Peter Auer/Aldo Di Luzio (Hg.): The contextualization of language. Amsterdam, 1–37.

      Becker-Mrotzek, Michael / Grabowski, Joachim / Jost, Jörg/Knopp, Matthias/Linnemann, Markus 2014: Adressatenorientierung und Kohärenzherstellung im Text. Zum Zusammenhang kognitiver und sprachlich realisierter Teilkomponenten von Schreibkompetenz. In: Didaktik Deutsch 37, 21–43.

      Biere, Bernd

Скачать книгу