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Er wendete und brauste mit Karacho den kurvenreichen Schloßberg hinab. Dabei hielt er das Steuer mit der linken Hand und legte den rechten Arm um Yvonnes Schultern.

      „Und was machen wir nun mit dem angebrochenen Tag?” fragte er.

      Sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien.

      „Was denn schon? Du bringst mich auf dem schnellsten Weg nach Hause.”

      „Ich höre wohl nicht recht? Nach der enthusiastischen Begrüßung!”

      „Ich habe mich riesig gefreut, dich wiederzusehen! Aber jetzt laß mich um Himmels willen los und leg beide Hände dahin, wohin sie gehören.”

      Er lachte nur. „Leider augenblicklich unmöglich, ich muß ja fahren!”

      „Flegel!” Sie gab ihm mit dem Ellbogen einen Puff in die Rippen.

      „Mach das nicht noch einmal”, warnte er, „sonst knallen wir gegen einen Baum!”

      Vor Schreck schmiegte sie sich scheinbar gefügig an ihn.

      „So ist es recht!” sagte er anerkennend, „du bist schon ein süßer kleiner Käfer, falls du dich nicht darauf kaprizierst, die Kratzbürste zu spielen.”

      „Hm, hm”, murmelte sie nur, „fahr vorsichtig.”

      Er spielte mit der freien Hand in ihrem Haar. „Wann wird es endlich mal was mit uns beiden?”

      „Was willst du mehr”, sagte sie, „wir sind gute Freunde … oder etwa nicht?”

      „Freunde! Klingt richtig erhebend!” Er zupfte an ihren Locken.

      „Aua! Du ziepst mich!”

      Er lachte. „Wir sollten ein bißchen in den Wald fahren”, schlug er vor.

      „Wozu?”

      „Um zu schmusen natürlich!”

      „Du spinnst wohl! Ich kann mir was Schöneres vorstellen! Am hellichten Tag? Noch dazu bei der Kälte?”

      „Mach die Augen zu, dann wird es dunkel, und wenn ich den Motor laufen lasse, frierst du nicht.”

      „Hör auf mit dem Quatsch”, sagte sie ungeduldig, „du weißt genau, daß meine lieben Eltern mit der Stoppuhr in der Hand zu Hause warten.”

      „Dann hatten wir eben eine Panne.”

      „Das nehmen sie uns nicht ab. Blöd mögen sie ja sein, aber so blöd doch nicht.”

      Er seufzte, gab Gas und bog in die Autobahn ein. „Warum machst du es mir so schwer, Baby?” sagte er. „Du weißt doch genau, daß ich auf dich stehe.”

      „Sehr schmeichelhaft”, erwiderte sie, „trotzdem habe ich nicht die Absicht, jemals mit dir zwischen Armaturenbrett und Rücksitz herumzuknutschen.”

      „Verlangt ja kein Mensch. Du könntest mich zu Hause besuchen. Ich schaukele es schon, daß ich meine Eltern ins Kino oder sonstwohin schicke.”

      „Aber meine sind wie Kletten.”

      „Ach was! Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg! Du brauchst bloß ja zu sagen, dann werde ich die Sache schon arrangieren.”

      Yvonne schwieg.

      „Los … sag ja!” drängte er.

      „Zu was?”

      „Zu einem kleinen Match. Du verstehst mich ganz genau.”

      Sie suchte nach einer Antwort, die ihm ihren Standpunkt klarmachen sollte, ohne ihn zu verletzen. „Hör mal, Hans”, sagte sie zögernd, „versteh mich richtig, wir sind so gute Freunde, daß ich …” „Also du hast Angst!” sagte er beleidigt. „Quatsch! Wovor denn?”

      „Was weiß ich! Vor einem Kind oder sonst etwas! Hast du es noch nie getan?”

      5.

      Yvonne rückte zur Seite und sah Hans Mayr verblüfft an. „Ob ich noch Jungfrau bin, willst du wissen? Du spinnst wohl. Das würde ich dir gerade auf die Nase binden!”

      Hans Mayr lachte. „Also doch noch Jungfrau”, sagte er und trat stärker aufs Gaspedal. „Da muß ich mir aber schwer überlegen, ob ich mich überhaupt herbeilasse …”

      „Hab’ ich dich etwa darum gebeten?” fauchte Yvonne. „Du bist auch nur halb so schön, wie du glaubst, und trotz deiner Playboyallüren nichts weiter als ein ganz gewöhnlicher Pennäler.”

      „Komm, hau nicht so aufs Blech”, sagte er besänftigend, „vorläufig gehst du ja auch noch auf die Penne, also passen wir ganz gut zusammen. Oder wartest du auf was Besseres?”

      „Kann schon sein.”

      „Dann viel Glück. Aber wenn es eine Enttäuschung werden sollte … du weißt, du brauchst mich bloß anzurufen.”

      Als Hans Mayr mit Yvonne in seinem Sportwagen aus dem Schloßhof gekurvt war, hatte Helga mit Schrecken festgestellt, daß sie sich beeilen mußte, wenn sie den Mittagszug nach München noch erwischen wollte.

      Sie schleppte ihren Koffer die Treppe hinunter und eilte keuchend über den fast leeren Burghof in Richtung Bahnhof. Aber schon nach einigen Minuten mußte sie verschnaufen und ihren Koffer absetzen.

      In diesem Augenblick hupte es gerade hinter ihr; sie fuhr erschrocken zusammen.

      „Oh je, das habe ich nicht gewollt! Darf ich Sie ein Stück mitnehmen?” fragte Dr. Jung aus dem heruntergekurbelten Fenster seines Autos.

      Sie zögerte eine Sekunde. Dann sagte sie: „Herzlichen Dank! Sie kommen wie gerufen! Ich muß in spätestens fünf Minuten am Bahnhof sein.” Sie schob ihren Koffer auf den Rücksitz und setzte sich neben Dr. Jung.

      „Na, dann wollen wir mal sehen, ob wir es schaffen! Wohin fahren Sie? Nach Traunstein?”

      „Nein. Nach München.”

      „Wunderbar. Dann brauchen wir uns gar nicht zu beeilen. Ich fahre auch nach München. Ich werde Sie also nach Hause bringen.”

      Helga konnte ihr Glück klaum glauben. „Das wäre wahnsinnig nett von Ihnen! Vielen Dank.”

      „Ich muß mich bedanken, daß Sie mir Gesellschaft leisten. Ich habe mein Appartement in München noch nicht aufgegeben. Eigentlich brauche ich es jetzt ja nicht mehr, weil ich jetzt auf Hohenwartau bin. Aber ich kann mich nicht entschließen, alle Brücken abzubrechen. Es ist wunderbar in den Voralpen, aber die Großstadt hat auch etwas für sich. Hin und wieder überfällt mich das Verlangen, in ein Theater, ein Konzert, eine Kunstausstellung zu gehen.”

      Er redete viel, um ihr zu helfen, ihre Verlegenheit zu überwinden.

      „Das kann ich gut verstehen”, sagte sie.

      „Und was werden Sie heute unternehmen, Helga?” fragte er.

      „Ich werde mich meiner Familie widmen.”

      „Ist das nicht ein bißchen wenig?”

      Sie lachte. „Da kennen Sie meine Familie nicht! Ich habe riesig nette Eltern und fünf jüngere Geschwister, und jeder möchte mich eine Zeitlang ganz für sich allein haben. Sie möchten mit mir reden, ich soll ihnen helfen, Fahrradschläuche flikken, elektrische Autos reparieren … so ein Wochenende geht herum, ohne daß ich zur Besinnung komme.”

      „Und was sagt ihr Freund dazu?” fragte er.

      „Ich habe keinen”, erwiderte sie ehrlich.

      Er schwieg.

      „Glauben Sie mir nicht?”

      Er sah sie von der Seite an. „Wenn ich ehrlich sein soll: Nach allem, was man so hört und liest, habe ich angenommen, daß jedes 17jährige Mädchen einen Freund hätte.”

      Sie strich sich das dunkle Haar aus dem Gesicht.

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