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habe!” rief sie. „Ob ihr’s glaubt oder nicht … ich war mit Tweedy tanzen!”

      Aber ehe sie die Verblüffung ihrer beiden Mitschülerinnen auskosten konnte, passierte etwas, was sie völlig aus dem Konzept brachte.

      Das Auto des umschwärmten Lehrers fuhr in den Schloßhof, und ihm entstieg – Helga. Dr. Jung hatte sein Versprechen gehalten und sie wieder ins Internat zurückgebracht. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete Yvonne, wie Helga sich ihren Koffer herausreichen ließ und sich bei Dr. Jung fürs Mitnehmen bedankte.

      „Das ist doch … wahrhaftig die Höhe!” stieß Yvonne empört aus.

      Margot pfiff durch die Zähne. „Hui! Unser Tweedy ist ja ein richtiger Casanova.”

      „Dieses Biest, dieses gemeine, hinterhältige Biest!” zischte Yvonne, außer sich vor Eifersucht und voller Zorn, weil sie sich um einen Triumph gebracht sah, mit dem sie ganz sicher gerechnet hatte.

      Jetzt kam Helga an ihnen vorbei und gab sich Mühe, so unbefangen wie möglich zu grüßen. „Hallo, da sind wir also mal wieder.”

      Yvonne vertrat ihr den Weg. „Wie hast du das gedreht?” fragte sie.

      „Was?” fragte Helga und merkte, daß ihre Schlagfertigkeit sie im Stich gelassen hatte.

      „Daß Tweedy dich irgendwo aufgelesen hat!”

      „Er hat mich nicht aufgelesen”, entgegnete Helga kühl, „sondern von zu Hause abgeholt, wenn du es genau wissen willst.”

      „Erkläre mir gefälligst …” Yvonne packte ihre Exfreundin am Arm.

      „Bei dir piept’s wohl! Seit wann bin ich dir Rechenschaft schuldig?” Helga riß sich los und verschwand durch das Schloßportal.

      „Das wird sie mir büßen!” schrie Yvonne und wollte hinter ihr her.

      Aber Margot und Ellen hielten sie zurück.

      „Nun reg dich bloß nicht künstlich auf”, mahnte Margot, „ist doch ganz egal, wie es Helga gelungen ist, sich in Tweedys Wagen zu schmuggeln. Tatsache ist, sie hat es geschafft. Ehrlich gestanden, ich hätte ihr so viel Schneid gar nicht zugetraut.”

      „Schamlos, wie sie ihm nachläuft!” rief Yvonne und stampfte vor Wut mit dem Fuß auf. „Mit mir war er gestern abend aus … ich schwöre es euch, bei allem, was mir heilig ist!”

      „Das wird nicht gerade viel sein”, meinte Margot spöttisch.

      Inzwischen waren auch Ilse und Uschi mit einem Taxi eingetroffen und gesellten sich zu der Gruppe. Sofort wurden sie aufgeklärt, worüber Yvonne sich so erboste.

      „Aber mit mir hat er getanzt! Mit mir!” schrie Yvonne.

      „Da kommt Babsy, sie kann es bezeugen!” Sie raste ihr entgegen, packte sie bei der Hand und zerrte sie zu den anderen. „Du warst doch dabei, als Tweedy mich gestern in der Oper angesprochen hat … und mich gebeten hat, meinen Eltern vorgestellt zu werden … und ganz versessen darauf war, nachher mit mir auszugehen! War’s nicht so?”

      „Nicht ganz”, sagte Babsy wahrheitsgemäß, „aber immerhin … ungefähr.”

      „Jedenfalls war er mit mir tanzen!” Yvonne tippte sich mit dem Finger auf die Brust. „Mit mir! Und mir gehört er. Wehe dem, der mir dazwischenfunken will! Helga soll was erleben!” Sie wandte sich dem Portal zu und stürmte die breite geschwungene Treppe nach oben.

      Die anderen folgten ihr neugierig und voller Sensationslust.

      Aber kaum war Yvonne in dem Zimmer, das sie mit Helga teilte, drehte sie sich nur um und befahl: „Laßt uns gefälligst allein!” – Ehe eines der Mädchen protestieren konnte, hatte sie ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen.

      Helga und Yvonne waren allein, und es war sekundenlang sehr still im Raum.

      Yvonne lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür, damit sie nicht von außen geöffnet werden konnte.

      Helga tat, als ginge sie Yvonnes Theater nichts an und war, scheinbar in aller Seelenruhe, damit beschäftigt, frische Unterwäsche, Blusen und Pullover in ihren Schrank zu stapeln.

      Yvonne beobachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. „Was hast du mir also zu sagen?”

      „Nichts”, erwiderte Helga beherrscht.

      Yvonne mußte an sich halten, um sich nicht auf die ehemalige Freundin zu stürzen. „Ich mache dir einen Vorschlag in Güte”, sagte sie so sanft sie konnte, „erzähle mir, was du mit ihm erlebt hast …”

      „Nichts”, sagte Helga wieder.

      „… dann werde ich dir verraten, was er mir ins Öhrchen geflüstert hat!”

      „Nichts”, sagte Helga zum drittenmal.

      Jetzt konnte Yvonne ihre Wut nicht mehr unterdrücken. „Was soll das heißen?! Nichts, nichts, nichts … hast du die Sprache verloren? Anscheinend ist bei dir eine Schraube locker!”

      „Höchstens bei dir”, erwiderte Helga auch nicht gerade liebenswürdig, „wenn ich, nichts’ gesagt habe, so habe ich auch ,nichts’ gemeint. Ich habe nichts mit Tweedy erlebt, und du auch nicht!”

      „Da irrst du dich aber entschieden! Mit mir hat Tweedy ganz lieb und zärtlich getanzt. Ja, er hat mir eine Liebeserklärung gemacht!”

      Es gab Helga einen Stich, aber sie ließ sich nichts anmerken, wie betroffen sie bei dem bloßen Gedanken war, daß Yvonne doch die Wahrheit sagen könnte.

      „Ich glaube dir kein Wort”, behauptete sie.

      „Und warum nicht? Bildest du dir etwa ein, er könnte sich in dich verliebt haben?”

      „Quatsch!”

      „Das ist die erste treffende Bemerkung, die ich seit langer Zeit von dir gehört habe! Soll ich dir mal verraten, was Tweedy für dich empfindet? Mitleid, nichts als Mitleid. Das hat er mir gesagt.”

      Helga spürte, wie ihr alles Blut zum Herzen schoß.

      „Du lügst”, sagte sie mit einer Stimme, die ihr nicht mehr recht gehorchen wollte.

      „Nein, nicht ich, du! Du machst dir etwas vor! Wer bist du denn und was hast du denn, daß ein Mann wie er sich für dich interessieren könnte? Denk bloß mal einen Augenblick nach, das ist doch heller Wahnsinn!”

      „Und wer bist du?” gab Helga gereizt zurück. „Eine oberflächliche, leichtsinnige, alberne und verwöhnte Person, die sich etwas darauf einbildet, stinkreiche Eltern zu haben. Aber wenn du denkst, daß dich das auch nur einen Hauch liebenswerter macht, dann bist du entschieden auf dem Holzweg!”

      „Nur kein Neid! Wer hat, der hat!”

      „Du dumme, eingebildete Gans! Nicht für alles Geld der Welt möchte ich so blöd sein wie du!” schrie Helga außer sich.

      Im gleichen Augenblick stürzte sich Yvonne mit gespreizten Fingern auf sie und fuhr ihr quer über die Wange. Helga packte ihre Handgelenke und warf sie aufs Bett. Yvonne hakte sich mit dem Fuß um ihr Bein und riß sie zu Boden. Aber Helga zog sie mit sich. Sie wälzten sich kratzend, beißend und schlagend in dem engen Raum zwischen den Betten herum. Yvonne stieß mit dem Kopf gegen die Ecke eines Schrankes und schrie auf.

      Erst jetzt bemerkten die Mitschülerinnen, daß die Tür nicht mehr blockiert war, und drängten herein. Vergeblich bemühte sich Babsy, die beiden Kampfhühner zu trennen, es gelang ihr nicht.

      Die anderen schrien durcheinander: „Immer feste drauf!” – „Hört doch auf mit dem Blödsinn!” –„Dein schöner Hosenanzug, Yvonne!” – Donnerwetter, die geben es sich aber tüchtig!”

      Über all dem Tumult bemerkte niemand, daß Fräulein von Zirpitz sich genähert hatte. Erst als sie sich einen Weg durch die dicht gedrängten Mädchen bahnte, wichen sie erschrocken auseinander. Nur Babsy, Helga und Yvonne merkten immer

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