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du von deinem Mann; die krieg alle ich!“

      Jeanne umgab sich dicht mit ihren Freundinnen, um auf gute Art fortzukommen. Die andere war ein großes, drohendes Weib, ein Zusammenstoß hätte schlimm enden können. Mehrere Herren, die aufmerksam wurden, beschützten Jeanne auf der Flucht.

      Aber erst nachher sah es aus, als ob der Vorfall ihr gefährlich werden sollte. Nie hatte sie ihren Mann so zornig gesehn, er sprach davon, sie zu verstoßen, sie einzusperren, und sie wußte, daß nicht allein seine Geliebte ihn aufhetzte. Das Loch in der Wand hatte sie davon überzeugt, daß der Kardinal von Lothringen mit dem armen Antoine machte, was er wollte, und sein Ziel war die Beseitigung Jeannes; dann hatte das Haus Guise keine Mitbewerber mehr, und die Protestanten verloren ihre Königin.

      Jeanne begriff vollkommen, daß sie nur bei Madame Catherine ihr Heil suchen konnte. Durch das Loch wurde ihnen beiden bekannt, was die Freunde Antoines ihm einredeten: er könnte die junge Maria Stuart heiraten. Diese war die Witwe des verstorbenen ältesten Sohnes der Medici, eines ihrer Söhne, die nacheinander König hießen, während sie selbst regierte. Katharina war derselben Meinung wie Jeanne, daß diese Verbindung verhindert werden müßte. Sie konnte einen Mann im Haus nicht brauchen, wäre es auch nur der gute Antoine. Hinsichtlich seiner verstanden die Frauen einander.

      Katharina wurde hierdurch sogar veranlaßt, sich an einen anderen Plan zu erinnern, die Verlobung ihrer Tochter Margot mit dem kleinen Henri von Navarra. Sie sagte offen, dies wäre der wahre Nutzen des Königreichs, einen Prinzen vom Geblüt und den nächsten Verwandten des Hauses darin aufzunehmen und daran zu fesseln. Einer ihrer Astrologen hatte ihr eröffnet, es würde eine ihrer glücklichsten Handlungen sein. Leider war es zu früh, wegen der Jugend der Kinder. Die Königinmutter bezeugte Jeanne ihre Aufrichtigkeit durch eine Umarmung; aber in den Armen der alten Katze begann Jeanne zu zittern. Ihr war ein gewisses Gerücht über ihre gute Freundin eingefallen. Madame Catherine sollte einen Würdenträger vergiftet haben, damit sie seine Einkünfte für einen anderen frei bekäme. Im gleichen Augenblick sagte Katharina und machte die Umarmung etwas enger:

      „Für meine Freunde bin ich zu allem fähig.“

      Vielleicht war es Zufall. Jedenfalls belehrte dies Wort die Mutter Henris nochmals, wie sehr geboten es war, die Freundschaft dieser Frau um keinen Preis zu verlieren. Aber in ihrem Innern war zuviel Auflehnung gegen die eigene Einsicht, sie konnte niemals lange klug bleiben. Wenn Jeanne ihre wahre Gesinnung noch so fest im Herzen verschlossen hatte, plötzlich befreite die Wahrheit sich und wurde laut. Der Ton der schmächtigen Jeanne bekam dann etwas Herrisches und Hohes, weil sie im Namen der Religion sprach. Noch im Lauf dieses selben Gespräches forderte sie, und vergaß dabei alle schrecklichen Gerüchte über Madame Catherine:

      „Margot muß protestantisch werden! Sonst darf mein Sohn sie nicht heiraten.“

      Sie wußte durchaus nicht, wie die andere es aufnehmen würde; aber die blieb genau so freundlich, sie wurde sogar noch vertraulicher. Sie gestand, daß sie überlegte, ob nicht auch sie selbst mit allen ihren Kindern zu der neuen Religion übertreten sollte! Die Protestanten wären vielleicht doch die Stärkeren, und mit ihnen schlüge sie dann die Guise. Vom Glauben sprach sie gar nicht, und Jeanne warf es ihr vor; aber die Predigt, die sie ihr hielt, berührte die gute Freundin Katharina nicht. Sie erwiderte einfach, es wäre besser, das Spiel nicht aufzudecken, und ihre gute Freundin Jeanne sollte nur fortfahren, die Pastoren bei geschlossenen Fenstern predigen zu lassen.

      Hierbei öffnete sie ein Fenster und bat Jeanne, hinauszusehen. Im Garten vergnügten sich Margot und Henri. Er schaukelte das kleine Mädchen, es trug heute kein Prachtgewand, nur ein leichtes Gewebe, und das flatterte um sie her bei jedem Schwung der Schaukel. Henri hockte sich auf den Boden, ließ sie über sich hinfliegen und rief:

      „Jetzt seh ich deine Beine!“

      „Du siehst sie nicht“, rief Margot hinunter.

      „Wie die Sonne am Himmel!“ beteuerte er.

      „Das ist nicht wahr.“

      „Und sie sind dick!“

      „Halte sofort die Schaukel an!“

      Er tat es nicht, sondern ließ sie von selbst ausschwingen. Margot stieg ab, nahm zuerst seine Hilfe an, und dann schlug sie ihm mit aller ihrer Kraft ins Gesicht.

      „Das habe ich verdient“, sagte er und verzog vor Schmerz das Gesicht. Hierauf erfaßte er den Saum ihres Kleides und küßte ihn.

      „Fang nicht wieder so an!“ verlangte sie. „Du warst immer nur höflich und artig, das mag ich nicht. Heute zum erstenmal hast du richtig mit mir gesprochen.“

      „Weil ich jetzt sicher weiß, daß du Beine hast wie die anderen Mädchen, aber schöner.“

      „Nein, du weißt es noch nicht. Warte, bis wir beide größer sind!“

      Hierauf schwieg sie, sah ihn nur an und bewegte dabei die rosige Spitze ihrer Zunge zwischen den Lippen. Ihr Gesicht hatte Farben wie ein auf Porzellan gemalter Pfirsich, nicht wie ein wirklicher. Der Junge unterschied niemals genau, ob sie ihn herausforderte oder abwies. Damit die Sache endlich klar würde, fiel er über sie her und küßte sie gewalttätig. Margot verlor davon den Atem und lachte glücklich.

      „Du kannst es besser als —“

      „Wer?“ fragte er und stampfte mit dem Fuß.

      „Niemand“, sagte sie beleidigt.

      Droben schloß Madame Catherine das Fenster, sie verhinderte dadurch Jeanne, hinunterzurufen.

      „Unsere Kinder verstehen einander“, bemerkte die Dicke mit ihrer gutmütigen Ironie. Die Dünne war krankhaft erblaßt, aber noch immer beherrschte sie sich.

      Die Folge war, daß sie ihren Sohn so eng an sich zog, als ob sie noch zu Hause gewesen wären. Er hatte lange keine guten Lehren gehört, seine Mutter bearbeitete ihn jetzt wieder täglich, er sollte das Gefühl nicht verlieren, mit ihr auf feindlichem Gebiet vorzugehen, gegen alle, für die Religion: ihre. Verteidigung, das Werben für sie, die Verhöhnung der Messe, der Heiligenbilder, was alles noch! Henri glaubte an seine Mutter; was sie sprach, nahm vor seinen Augen feste Gestalt an. Über Margot hatte sie ihm kein Wort gesagt, wahrscheinlich schämte Jeanne sich des Vorganges, den sie aus dem Fenster mitangesehen hatte, und verübelte es Katharina, daß sie ihn ihr gezeigt hatte.

      Er aber begriff; sein böses Gewissen verriet ihm, was seine liebe Mutter meinte, und plötzlich erklärte er der kleinen Marguerite mit einem Gesicht, vor dem sie erschrak: von ihren Beinen könnte nie mehr die Rede sein, die würden in der Hölle braten! Sie sagte, daß sie es nicht glaube, in Wirklichkeit aber fürchtete Marguerite sich und fragte ihre Mutter um Rat.

      Die erste Trennung

      Madame Catherine erfuhr noch auf andere Weise von den Umtrieben Jeannes. Es war nicht schwer, weil ihr kleiner Sohn so wenig zurückgehalten wurde. Wenn die Protestantin sich selbst noch Geduld und Heimlichkeit auferlegte, bei Henri versuchte sie es nicht, im Gegenteil. Sie verließ sich darauf, daß die Wahrheit unangreifbar ist, wenn sie aus dem Munde von Kindern kommt.

      Henri war glücklich, seiner lieben Mutter gefällig zu sein, noch dazu in Dingen, die ihm so viel Spaß machten wie die Verhöhnung der Katholiken. Inzwischen war er der Anführer einer Bande von Jungen geworden, allen verstand er beizubringen, daß es nichts Lächerlicheres gäbe als Bischöfe und Mönche. Bei der Bande befand sich schon bald der ganze Nachwuchs des Hofes, selbst die Königinmutter kannte nicht den Umfang der Verschwörung, denn wer hätte ihr zu sagen gewagt, daß ihre eigenen Söhne dabei waren. Zuerst hatte Henri den jüngsten der drei Prinzen gewonnen für das neue Vergnügen, sich als geistliche Herren zu verkleiden und in diesem Aufzug das Schloß unsicher zu machen. Sie platzten so ungezogen wie möglich in ernste Beratungen und in Liebesszenen hinein und verlangten noch, daß man ihre Kreuze küßte. Es war für sie ein wirklich lustiger Karneval, trotz der unpassenden Jahreszeit im Herbst.

      Der jüngste Prinz, d’Alencon genannt, war der unternehmendste, wenn er auch gleich

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