Скачать книгу

mal, was das für Steine sind!“

      Max Freytag nimmt die Steine und dreht sie bedächtig hin und her. Zuerst gleichgültig, ungläubig, dann aufmerksamer.

      „Diamanten an der Lenzbahn!“ heult Herr Stein inzwischen vergnügt. „Mokat, wie konnten Sie Ihrem Nigger bloß so auf den Leim gehen! Ausgerechnet hier, wo seit vier Jahren an der Bahn gebaut und gebuddelt wird, wollen Sie auf einmal Diamanten entdecken! Sogar direkt zwischen den Schienen liegen die Dinger! Nur so zum Aufheben! Mein lieber Mokat, ich habe nie viel Intelligenz bei Ihnen vorausgesetzt. Verlangt auch kein Mensch von Ihnen. Aber für ein bißchen schlauer hätte ich Sie doch gehalten!“

      Franz Mokat läßt den Kopf hängen und sieht ganz unglücklich drein. Wirklich geglaubt hat er ja selber nicht daran, daß die glitzernden Steinchen echte Diamanten sein sollten. Aber gewissenhaft, wie er nun mal ist, hat er es doch nicht unterlassen wollen, den Fund nach Lüderitzbucht zu bringen und vorzulegen. Und nun ist’s wieder verkehrt. Nun erntet er wieder nichts als Spott und Neckerei.

      Max Freytag hat unterdessen die Steine prüfend gedreht und gewendet. Scharfe Kanten, scharfe Flächen. In seiner Brust pukkert und rumort es plötzlich so heftig, das er Mühe hat, ein gleichgültiges Gesicht zu bewahren. Lord Hilgate mag ein Narr gewesen sein, aber auf die Prospektorarbeit verstand er sich. Max Freytag hat tüchtig bei ihm gelernt. Kiesel? Kiesel sind das keinesfalls. Alle Kennzeichen sind vorhanden.

      Max Freytag spürt plötzlich in sich dasselbe Beben und Zittern, das er so oft an seinem Lehrmeister wahrgenommen hat, wenn der eine Spur gefunden zu haben glaubte. Sollte es wirklich möglich sein? Diamanten in Lüderitzbucht? Es ist kaum zu glauben! Und an der Bahnlinie noch dazu? Nein, Herr Stein hat schon recht, das klingt wirklich zu phantastisch! Aber die Steine da sind Diamanten!

      Freytag wendet sich etwas ab, als wolle er am Fenster die Steine näher untersuchen, löst das Glas von seiner Uhr und ritzt mit einem Steine das Wort „Diamant“ hinein. Seine Aufregung wächst. Jawohl, es sind Diamanten. Daran ist kein Zweifel. Fragt sich nur, wie sie dahin gekommen sind, wo der Mann diese Steine gefunden haben will. Aber nur Ruhe! Nichts merken lassen! Erst muß man wissen, was hinter dieser Geschichte steckt, sonst macht man sich nachher selber lächerlich.

      „Tut mir leid, es sind wirklich nur Kiesel,“ sagt er achselzuckend, Franz Mokat die Steine zurückgebend. Er läßt dabei unauffällig sein Uhrglas mit in die Hand des Mannes gleiten und atmet im nächsten Moment auf: Dieser Franz Mokat ist gar nicht so dumm, wie Herr Stein dauernd verkündet. Er hat sofort die Faust um das Uhrglas geballt und steckt es mit den Steinen in seine Tasche, ohne eine Frage zu tun.

      „Natürlich sind es Kiesel!“ frohlockt Herr Stein. „Möchte wissen, was es sonst sein sollte! Also, mein lieber Kieselkönig von Colmannskuppe, reiten Sie beruhigt wieder heim an Ihre Arbeit und verdreschen Sie Ihren schwarzen Samuel, der Ihnen den Witz aufgebunden hat.“

      „Jawohl, Herr Stein,“ sagte Franz Mokat demütig und schiebt sich zur Tür hinaus.

      *

      „So. Und nun endlich zu Ihnen, Freytag,“ sagt Herr Stein, immer noch lachend. „Was treibt Sie denn in unsere Haupt- und Residenzstadt zurück? Wollen Sie etwa auch hier nach Diamanten buddeln?“

      „Dieses nun weniger, Herr Stein. Vorläufig wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir einen Whisky verpassen könnten.“

      „Sollen Sie haben!“ Herr Stein holt bereitwillig Flaschen und Gläser herbei. „Unter der Bedingung, daß Sie mir einen guten neuen Witz erzählen.“

      „Wozu? Sie machen ja selber dauernd die famosesten Witze, Herr Stein.“

      „Mit dem Kieselkönig, meinen Sie?“ Herr Stein prustet noch einmal los. „Na, sagen Sie mal, war das nicht zum Schreien? Kommt der Mann von der Colmannskuppe bis hierher, um uns Kiesel zu zeigen!“

      Max Freytag beeilt sich, von dem Thema fortzukommen. Er nimmt einen gehörigen Schluck und sieht sich im Kontor um. „Alles noch beim Alten. Scheint sich ja überhaupt nichts verändert zu haben hier in Lüderitzbucht.“

      „Oho!“ Herr Stein zwinkert mit den Augen. „Sagen Sie das nicht! Wir haben eine Attraktion bekommen! Drüben in Gutzkes Bar. Ein Mädel, sag’ ich Ihnen, ein Mädel ... Na, Sie werden sie ja gleich selbst sehen!“

      „Hat wohl Zeit, Herr Stein. Augenblicklich bin ich auf Barmädels nicht besonders eingestellt.“

      „Grundsätze, junger Mann!“ Herr Stein klopft ihm wohlwollend auf die Schulter. „Aber Gutzkes Attraktion ist wirklich sehenswert. Gehen Sie ruhig mal rüber! Ich verrate Hilde nichts davon.“

      „Nanu, Herr Stein? Wieso meinen Sie ...?“

      „Väterlicher Scharfblick, mein Bester. Wenn eine sonst leidlich normale Tochter seit zwei Tagen nur von der ‚Boma’, dem alten Affenkasten, spricht, und wenn ein eben aus der Wildnis zurückgekehrter junger Mensch so wenig Interesse zeigt, eine wirklich reizende junge Barmaid kennenzulernen, dann sagt meine angeborene Kombinationsgabe mir das übrige.

      Max Freytag ergreift die Gelegenheit, loszukommen. „Schön, Herr Stein, um Sie zu widerlegen, werde ich also jetzt sogleich mal zu Gutzkes rüberspringen und Ihre Attraktion in Augenschein nehmen.“

      „Doch, neugierig, was? Also Wiedersehen, Freytag. Ich komme nach Kontorschluß auch rüber in die Giftbude.“

      „So lange werde ich mich nun wohl kaum da aufhalten, Herr Stein.“

      „Noch viel länger!“ prophezeit Herr Stein überlegen. „Bis jetzt ist noch jeder von uns dageblieben, bis Gutzke ihn rauswarf, seitdem die schöne Zoe den Whisky kredenzt. Bis nachher, Freytag!“

      *

      Mit etwas zu betont langsamen und gleichgültigen Schritten schlendert Max Freytag draußen die Straße entlang. Richtig! Dort drüben an der Ecke wartet der Mann! Freytag bummelt zu ihm heran und bedeutet ihm, weiter abseits zu kommen, wo man sie vom Kontor aus nicht mehr sehen kann.

      „Herr,“ sagt Franz Mokat mit einem verhaltenen Zittern in der Stimme. „Ich habe hier auf Sie gewartet. Sie haben mir das Glas gegeben. Und Sie haben ein Wort da hineingeritzt ... Ist das wahr? Sind ... sind es wirklich Diamanten?“

      „Es sind schon Diamanten, Herr Mokat. Aber immer mit der Ruhe! Wenn wir uns verstehen sollen, müssen Sie mir die volle Wahrheit sagen. Woher haben Sie die Steine?“

      „Aus dem Sand bei Colmannskuppe. Ich sagte ja schon ...“

      Freytag sieht den Mann scharf an. „Wollen Sie wirklich behaupten, an der Bahn, wo so viele Menschen gegraben und gearbeitet haben, Diamanten gefunden zu haben?“

      „Es ist doch so, Herr!“

      „Sonderbar.“ Freytag läßt die Steine, die Mokat ihm wieder vorzeigt, nachdenklich durch die Finger gleiten. Ein Gauner ist dieser Mokat nicht, eher ein allzu ehrlicher Mensch. Er scheint die Steine wirklich dort gefunden zu haben. Aber es kann jemand die Dinger dort verloren haben. Oder absichtlich hingelegt. Im Kapland werden oft genug armselige Sandlöcher auf ähnliche Weise „gesalzen“. Hm — auch das ist nicht sehr wahrscheinlich. Hier in Lüderitzbucht würde kein Mensch auf diesen Trick hereinfallen. Mokats klägliche Rolle vorhin im Kontor ist ja ein sprechender Beweis dafür. Trotzdem stellt er mißtrauisch die Frage:

      „Kann jemand die Steine verloren haben?“

      Franz Mokat schüttelt schwer den Kopf. „Das ist doch unmöglich, Herr Freytag. Wer trägt denn hier in Lüderitzbucht Diamanten bei sich? Und auf meiner Station sind seit Wochen keine Fremden gewesen. Nur vorgestern der Ingenieur Staupe und ... und ...“

      „Na, wer noch?“

      „Eine Frau,“ sagt Mokat, innerlich erbebend. „Ich weiß ihren Namen nicht, aber sie wohnt bei Gutzkes drüben.“

      „Aha! Die Attraktion!“ Freytag denkt scharf nach. „Kann dieses Barmädel etwa dahinter stekken? Nicht einzusehen, was sie damit bezwecken sollte. Aber jedenfalls ist es besser, wenn man sich die Schöne näher ansieht.“

      Franz

Скачать книгу