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ihr die Kaffeetasse reicht, eine sehr dicke, sehr geschmacklose Tasse, streifen ihre Finger leise seine Hand, und einen Herzschlag lang sieht sie ihm freundlich und tief in die staunenden Augen.

      „Ich danke Ihnen, Herr Mokat.“

      Franz Mokats Gesicht wird plötzlich krebsrot. Er gibt den Versuch, ein paar Worte zu stammeln, rasch auf, dreht sich um und verschwindet wieder in der Hütte.

      „Mausetot,“ lacht Ingenieur Staupe. „Den haben Sie mitten ins Herz getroffen, schöne Zoe! Aber um den Erfolg ihrer Mühe ist mir verdammt bange. An dem braven Mokat wird die Bar schwerlich einen Kunden gewinnen. Der Mann ist von einer unheimlichen Solidität. Ich sage Ihnen: Der kommt nicht. Trotz Ihrer schönen Augen.“

      Zoe schüttelt unwillig den Kopf. „Muß denn alles Geschäft sein, Herr Staupe?“

      „Nicht gerade alles. Aber was anderes kommt hier doch wohl nicht in Betracht. Mokat, der Gute ...“

      „Wir wollen zurückreiten!“ unterbricht Zoe kurz und wirft, als sie ihr Pferd wendet, noch einmal einen Blick nach der Hütte. Aber Franz Mokat bleibt unsichtbar. Erst als die Reiter bereits hinter aufwirbelnden Staubwolken in der Richtung nach Lüderitzbucht zu verschwunden sind, taucht er wieder auf. Traurig und nachdenklich steht er vor der Tür seiner armseligen Bude und blinzelt im grellen Sonnenschein den Entschwundenen nach, in den Händen ein wunderbares zartes, glattgegerbtes Antilopenfell. Eigentlich hat er die Absicht gehabt, die fremde Dame zu bitten, diesen seinen größten Schatz zur Erinnerung anzunehmen, aber dann ist ihm dieses Unterfangen wieder gar zu töricht und unbescheiden vorgekommen, und er hat so lange gezögert und mit sich selbst gerungen, bis es zu spät war.

      Franz Mokat geht still wieder in die Hütte und birgt das Fell in seiner mit einem schweren Hängeschloß versehenen Holzkiste. Fünf Minuten später ist er wieder mitten unter seinen Arbeitern, bedachtsam und ruhig Anordnungen gebend und selber kräftig zupackend. Nichts in seinem Wesen verrät, daß eben zum ersten Male das überwältigende Erlebnis der Schönheit sein armes, kleines Leben gestreift hat.

      *

      „Hallo, Fräulein van Doemen! Löwen geschossen?“

      Hilde Stein kommt aus dem „Kaufhaus“, wie die Bewohner von Lüderitzbucht das primitive Warenlager des einstigen Stewards Jan Weber nennen, und winkt den in gemächlichem Schritt Vorbeireitenden zu. Karl Staupe zieht die Zügel an und greift an seinen Hut.

      „Fräulein van Doemen braucht nicht auf Safari zu gehen, um Waidmannsheil zu haben, Hildchen. Sie findet sogar auf einem kleinen Spazierritt bis Colmannskuppe ihre Beute.“

      „Nanu, Staupe? Wollen Sie behaupten, daß Sie da etwas Jagdbares getroffen haben?“

      „Nun zappeln Sie schon nach Ihrer Büchse!“ lacht Staupe. „Unnötig, Hilde. Für Sie ist das nichts. Aber Fräulein van Doemen hat wirklich etwas geschossen. Den braven Franz Mokat. Bums! Mitten ins Zentrum.“

      „Lassen Sie doch die dummen Scherze!“ Zoe macht eine unwillige Handbewegung. „Ich mag das nicht, Herr Staupe.“

      „Aber es ist doch wahr! Und ein famoser Witz ist es auch.“ Seine starken, weißen Zähne zeigend, wendet Staupe sich wieder an die ziemlich verständnislos dreinschauende Hilde Stein. „Gottvoll, sag’ ich Ihnen. Mokat sah kaum unsere schöne, neue Attraktion, da fiel er sozusagen um und war tot. Wenn’s nicht eben Franz Mokat wäre, würde ich sagen: Fräulein van Doemen hat von heute ab einen neuen, eisernen Stammkunden für Gutzkes Bar geworben.“

      „Ach, so meinen Sie das!“ Nun lacht auch Hilde Stein herzlich. „Nee, Franz Mokat ist immun.“

      Zoe fühlte einen heftigen Unwillen in sich emporsteigen. Etwas hochmütiger, als sie wollte, klingen ihre Worte: „Nach allem, was mir Herr Staupe erzählt, muß der Mann allerdings ein Musterbild sämtlicher Tugenden sein. Meinetwegen!“

      „Ist er auch,“ bestätigt Hilde Stein ernsthaft. „Franz Mokat ist der beste Mann, den die Bahn in ihrem Betrieb hat.“

      „Das hör’ ich nun schon zum zweiten Male,“ sagte Zoe ehrlich. „Es scheint fast, als ob dieser Herr Mokat das einzige Gesprächsthema hier in Lüderitzbucht ist. Außerdem finde ich es merkwürdig ...“ Sie bricht ihren Satz ab, unwillig auf sich selbst. Es hat doch keinen Zweck, wegen dieses gleichgültigen Bahnarbeiters sich mit den Leuten hier zu verfeinden. Aber Hilde Stein sieht sie mit ihren klaren, hellen Jägeraugen an.

      „Was finden Sie merkwürdig, Fräulein van Doemen?“

      Da wirft Zoe den Kopf zurück. „Daß sie alle sich über diesen Herrn Mokat lustig machen. Wenn er ein so guter Arbeiter ist ...“

      „Na ja,“ fällt Hilde Stein gedehnt ein. „Fleißig und tüchtig ist er schon. Das erkennt jeder in Lüderitzbucht an. Und daß er sonst ein ehrlicher, solider und ruhiger Mensch ist, das nimmt ihm wohl auch keiner übel. Aber sehen Sie, Mokat ist wirklich ein bißchen zu ehrpusselig für unsere afrikanischen Begriffe. Er trinkt nicht. Er leistet sich nicht mal ’ne Flasche Bier, obwohl er es ganz gut könnte.“

      „Ist das denn ein Fehler?“

      „Alle trinken hier,“ sagte Hilde sachlich. „Ohne Alkohol könnten unsere Herren es hier einfach nicht aushalten. Sind darum noch lange keine Trunkenbolde. Aber Franz Mokat hat noch nie jemand ein Gläschen trinken sehen. Das mag ich nicht. Das ist übertrieben.“

      „Und manchmal ist er auch wirklich ’ne Nummer zu schwerfällig und naiv,“ fügt Karl Staupe hinzu. „Wenn Sie ihn näher kennenlernen, Fräulein Zoe ...“

      „Ich habe gar keine Veranlassung dazu ...“

      „Ich meine ja nur so,“ beruhigt Staupe. „Hier kennt doch jeder jeden. Passen Sie auf, Fräulein Zoe, Sie werden bald genau so über Franz Mokat ulken wie wir. Ein bißchen Abwechslung braucht man hier nötiger als das liebe Brot.“

      „Beleidigen Sie meinen Lokalpatriotismus nicht, Staupe!“ lacht Hilde Stein und reckt sich kampfbereit in den Hüften. „Lüderitzbucht wird allmählich Weltbad. Vor acht Tagen erst ist Fräulein van Doemen angelangt, und morgen gibts wieder Zuwachs. Die ‚Boma’ ist signalisiert.“

      „Ein kleiner Küstendampfer,“ erläutert Staupe, zu Zoe gewandt. „Gondelt unregelmäßig zwischen Leonda und Kapstadt umher, führt aber außer einem Dutzend Nigger und Portugiesen selten etwas Interessantes an Bord.“

      „Diesmal doch, Staupe. Freytag kommt mit der ‚Boma’.

      „Max Freytag?“

      „Derselbige. Großwildjäger, Prospektor, Afrikaforscher ...“

      „Hören Sie auf, Hildchen, sonst glaubt Fräulein Zoe noch, der junge Mann sei eine Berühmtheit mit drei Sternen im Baedeker!“

      „Ist er auch, lieber Staupe. Ein Mann, der in das Land hier paßt. Umsonst hat ihn Lord Hilgate nicht mitgenommen auf seine Expedition.“

      Staupe zuckt unmutig die Achseln. „Von der Jagd versteht Freytag was. Das ist aber auch alles. Denn daß er mit einem verrückten Engländer ein Jahr lang erfolglos am Kunene und in Angola nach Gold oder Diamanten gebuddelt hat, kann ich nicht als etwas Hervorragendes betrachten. Aber natürlich — Sie sind ja seit jeher stark für Max Freytag gewesen.“

      „Bin ich auch! Ich freue mich riesig, daß er zurückkommt.“

      Karl Staupe blinzelt mit den Augen. „Haben Sie Erbarmen, Hildchen, und sagen Sie mir das nicht so glatt ins Gesicht! Warum nehmen Sie nicht mit mir vorlieb? Löwen und Elefanten schießen kann ich auch, wenn welche vorhanden sind. Ich bin auch sehr viel schöner als Freytag. Dazu: wohlbestallter Ingenieur, Junggeselle, nicht unvermögend ...“

      „Bemühen Sie sich nicht, Staupe! Max Freytag hat trotzdem etwas, was Sie nicht haben.“

      „Ich nehm’s ihm ab, Hildchen. Für Sie knoble ich mit ihm und gewinn’ ihm sein Zaubermittel ab!“

      „Können Sie nicht. Freytag ist jung.“

      Hilde

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