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Lächeln. »Da las ich das unvergleichlich schöne, ja, das großartige Bild der tropischen Nacht und – da fand ich das Wort Befour.«

      »Wirklich? Das ist für mich von hohem Interesse. Sollte der Dichter wirklich ein Orientale sein!«

      »Nein. Ein Orientale dichtet nicht deutsch.«

      »Richtig! Und hätten wir eine Uebertragung vor uns, so würde der Name des Uebersetzers genannt worden sein. Wo steht das betreffende Gedicht?«

      »Darf ich es Ihnen aufschlagen und vorlesen, Durchlaucht? Es ist mir nämlich das beste und liebste der ganzen Sammlung.«

      »Bitte, thun Sie es!«

      Sie suchte die Seite, trat einige Schritte zurück und declamirte lesend, das Buch in der Linken:

      »Wenn um die Berge von Befour

      Des Abends erste Schatten wallen,

      Dann tritt die Mutter der Natur

      Hervor aus unterird'schen Hallen

      Und ihres Diadems Azur

      Erglänzt von funkelnden Krystallen. –

      In ihren dunklen Locken blüh'n

      Der Erde düftereiche Lieder,

      Aus ungemessnen Fernen glüh'n

      Des Kreuzes Funken auf sie nieder,

      Und traumbewegte Wogen sprüh'n

      Der Sterne goldne Opfer nieder. –

      Und bricht der junge Tag heran,

      Die Tausendäugige zu finden,

      Läßt sie das leuchtende Gespann

      Sich durch purpurne Thore winden,

      Sein Angesicht zu schau'n und dann

      Im fernen Westen zu verschwinden.« –

      Ihre Declamation hatte einen wunderbaren Eindruck auf den Fürsten gemacht. Sie hatte vor ihm gestanden in der Haltung einer Göttin, den einen Fuß auf dem Teppich und den anderen auf dem niedrigen Sitze eines Ruhestuhles, neben welchem sie stand. Mit beiden Händen den Text in künstlerisch abgerundeten Gesten begleitend, hatte sie ihre schönen, vollen bis zur Schulter entblößten Arme erhoben. Ihre ganze Gestalt, ihre enge Taille, ihr vollendeter Busen, ihr schlanker Hals, das feine und doch so volle Profil hob sich in dieser Körperstellung in unvergleichlicher Plastik hervor. Dazu das dichte, hochaufgethürmte, dunkle, kurzgelockte Haar, der feurige Blick ihrer Augen und der tiefe, kräftige, metallische Klang ihrer Stimme. Sie war schön, wunderbar schön in diesem Augenblicke.

      »Fräulein,« sagte er, als sie geendet hatte, »wie ist dieses Gedicht überschrieben?«

      »Die Nacht der Tropen.«

      »Wohnte der Dichter hier, hätte er Sie gesehen, so wollte ich darauf schwören, daß er Sie zum Modelle genommen hat. Sie waren in diesem Augenblicke die Personification der südlichen Nacht. Sie und das Gedicht waren Eins.«

      »Ich danke!« lächelte sie. »Was sagen Sie zu diesem Dichter?«

      »Diese ›Nacht der Tropen‹ ist nicht zu erreichen. Solche Farben hat kein Maler, und solche Worte hätte keiner unserer Klassiker gefunden. Dieser Hadschi Omanah ist ein Genie. Ich muß erfahren, wer er ist, und wo er lebt.«

      Ihr Auge nahm einen eigenthümlichen Glanz an. Es lag darin fast wie ein Licht, welches aus der Tiefe der Seele leuchtet.

      »Durchlaucht, ich liebe ihn!« sagte sie.

      »Seine Gedichte, aber nicht ihn.«

      »Auch ihn. Der Dichter ist so wie seine Werke. Und wäre dieser Hadschi Omanah arm wie ein Bettler und häßlich wie ein Äsop oder Saphir, so würde ich ihn lieben!«

      Sie wurde unterbrochen. Unter der Thür erschien die Baronin Ella von Helfenstein. Sie that, als ob sie erschrecke, hier zu stören, kehrte aber doch nicht um. Der Fürst zeigte nicht die mindeste Spur von Unwillen. Er verbeugte sich höflich gegen sie und trat näher, um sich vorstellen zu lassen; dann aber wendete er sich um und kehrte in den Saal zurück.

      »Ein ausgezeichneter Cavalier,« meinte die Baronin, indem sie ihm mit einem träumerischen Blick folgte.

      »Aber viel, sehr viel anders, als man denkt,« antwortete Fanny.

      »Darf ich fragen, in wiefern, meine Liebe?«

      »Er ist ein Cavalier und doch zugleich ein Mann. Kommen Sie!«

      Der Fürst hatte die Dame des Hauses aufsuchen wollen. Neben derselben saß – die Baronesse Alma von Helfenstein.

      War das noch die Alma von früher, welche Gustav Brandt vor zwanzig Jahren seinen Sonnenstrahl genannt hatte? Ja. Ein Sonnenstrahl ist derselbe, ob vor tausend Jahren oder jetzt. So war es auch mit Alma. Da saß sie, tiefschwarz gekleidet, als ob sie in Trauer sei. Völliger Ernst lag auf ihrem Gesicht. Und doch war es, als ob Strahlen, lichte, warme Strahlen von ihr ausgingen und den Saal erwärmten.

      Die beiden Damen saßen am Camin, als der Fürst sich ihnen näherte. Sie erhoben sich, und die Oberstin stellte ihn der Baronesse vor. Sein Auge ruhte mild und doch scharf forschend auf ihr. Sie sah ihn voll und ernst an, wie man es bei einem Manne thut, den man zum ersten Male sieht und der Einem völlig gleichgiltig ist.

      Mehrere traten herzu, und es entspann sich ein animirtes Gespräch, welches sich erneuerte, als man bei Tafel saß. Er hatte – Allen unbegreiflich – sich die Baronin Ella als Dame auserwählt, obgleich eigentlich die Oberstin ihn hatte zur Tafel führen wollen.

      Man brachte, ohne zudringlich sein zu wollen, die Rede auf den Orient, auf Indien insbesondere. Er gab ausgezeichnete Schilderungen. Alles lauschte. Da fragte seine Nachbarin auch nach den indischen Gauklern.

      »Ist die Geschicklichkeit dieser Leute wirklich so ungeheuer, wie man sie beschreibt?«

      »Gewiß!« antwortete er. »Aber die eigentlichen Zauberer leisten doch noch mehr als die Gaukler. Man weiß ja, daß die sogenannte Magie ihre Heimath in Indien hat. Teufel, Engel oder überhaupt Geister gibt es nicht, welche dabei helfen, und doch ist die Kunstfertigkeit jener Leute das Resultat einer geheimen Wissenschaft, welche nur Bevorzugten gelehrt wird.«

      »Gehören Sie vielleicht auch zu diesen Bevorzugten?« fragte die einstige Kammerzofe.

      »Ja,« antwortete er einfach.

      »Wie herrlich! Würden Sie uns eine kleine Probe geben?«

      Dies erschien Allen zudringlich. Er aber antwortete:

      »Gern. Aber ich muß bemerken, daß ich nicht die Macht habe, Unerklärliches zu erklären. Nur die Erfolge der Wissenschaft darf man zeigen, niemals aber über diese Wissenschaft selbst sprechen. Haben die Herrschaften zum Beispiele jemals einen echten Diamanten gesehen?«

      Alles schwieg. Darum fuhr er fort:

      »Meine Frage scheint eine Beleidigung zu sein, ist es aber nicht, wie ich gleich beweisen werde. Merken sie auf! Eins, Zwei, Drei!«

      Bei dem Worte Drei verlöschten sämtliche Lichter, welche den Saal erleuchteten. Wie war das möglich? Vielen begann zu grauen. Da erhob er sich von seinem Sitze und sagte:

      »Jetzt mag mein Ring hier leuchten. Eins, Zwei, Drei!«

      Bei dem letzten Worte entstrahlte seinem Ringe welchen er mit Daumen und Zeigefinger der Rechten emporhielt, eine solche Helligkeit, daß man hätte lesen können. Er schritt auf die Dame des Hauses zu, steckte ihr den leuchtenden Ring an den Finger und sagte:

      »Gestatten Sie, daß ich Ihnen diesen Diamanten, welcher in seiner Art einzig ist, zum Geschenk bestimme!«

      Sie wollte natürlich Einsprache erheben; er wehrte aber kräftig ab und kehrte an seinen Platz zurück. Der Ring leuchtete fort, steckte aber plötzlich an dem Finger einer anderen Dame und machte in ganz kurzer Zeit die Runde in der Weise um den Tisch, daß er an der Hand einer jeden Person einmal geleuchtet

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