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Schmied trat ganz nahe zu dem Pferde heran. Der Baron sagte in gedämpftem Tone:

      »Das ist ein Zufall! Nun ist das Verabredete nicht nöthig.«

      »Wieso?«

      »Na, Sie wissen ja! Wie steht es mit dem Wechsel?«

      »Den habe ich.«

      »Nun brauche ich ihn aber nicht einzulösen, da Sie nichts gethan haben, um die Summe zu verdienen.«

      Da legte der Schmied die Hand an den Hals des Pferdes und fragte:

      »Wieso? Nichts gethan? Habe ich mich nicht verpflichtet, zu schweigen? Habe ich nicht versprochen, den Knaben – – –«

      »Pst! Pst! Nicht so laut! Vorsichtiger! Für Beides habe ich Ihnen den Wechsel gegeben. Sie haben aber nur zu schweigen gebraucht; das Andere hat der Zufall gethan; folglich haben Sie nur die Hälfte verdient.«

      »Der Zufall? Kennen Sie diesen Zufall vielleicht?«

      »Nun?«

      »Er steht hier vor Ihnen. Ich war dieser Zufall!«

      »Was! Mensch, Sie haben das Schloß in Brand gsteckt?«

      »Ja.«

      »Warum? Weshalb?«

      »Um den Knaben spurlos verschwinden zu lassen.«

      »Konnten Sie das nicht auf andere Weise thun? Sehen Sie nicht ein, welche Verluste ich erleide, welcher Theil des Erbes mir verloren geht. Ich kann Sie zur Bestrafung bringen!«

      Der Baron war wirklich im höchsten Grade zornig; der Schmied aber bewahrte seine Ruhe und antwortete:

      »Wie es scheint, wissen Sie nicht, daß Alles, das Bewegliche und das Unbewegliche, versichert ist. Sie werden sich das neue Schloß ganz nach Ihrem Geschmacke aufbauen können. Was aber mich betrifft, so unternehmen Sie es um Gotteswillen nicht, mir zu drohen. Das würde nur zu Ihrem Unglücke sein.«

      Nach diesen Worten verschwand er unter den flackernden Schatten, welche das Feuer warf.

      Der Baron stieg jetzt von seinem Pferde, um sich in Ruhe zu orientiren. Er fand die Bewohner des Schlosses an einer Stelle versammelt. Auch Ella war da, welche zu gleicher Zeit mit ihm zurückgekehrt war, da ihre Herrin ihrer nicht bedurft hatte. Als sie ihn erblickte, kam sie ihm sofort entgegen.

      »Welch ein Glück, mein Lieber, Dich zu sehen!« meinte sie halblaut. »Kennst Du schon den glänzenden Zufall, welcher sich ereignet hat?«

      »Welchen Zufall meinst Du?«

      »Den Tod des Knaben. Er ist verunglückt.«

      »Ich weiß es!«

      »Wirklich? Was denkst Du davon?«

      »Was soll ich denken?«

      »Dasselbe, was ich denke!« antwortete sie mit Betonung.

      »So? Nun, was denkst denn Du?«

      »Du sagst, daß Du es weißt, daß der Knabe verunglückt ist?«

      »Ja.«

      »Du hast dies aber bereits früher gewußt!«

      Es war ihm, als ob er eine Ohrfeige erhalten habe.

      »Ich möchte doch wissen, wie Du das meinst!« sagte er rauh.

      »Das will ich Dir ganz aufrichtig sagen: Dieses Feuer ist Dein Werk; nicht anders ist es.«

      »Mädchen! Bist Du toll?«

      »Nein, mein Herz! Ich verstehe nur außerordentlich gut, in Deiner Seele zu lesen. Der Knabe mußte weg sein!«

      »Aber ich war ja gar nicht hier!«

      »Das ist allerdings sehr richtig; doch Derjenige war hier, der von Dir den Auftrag erhielt, den er so ›feurig‹ ausgeführt hat.«

      »Schweig! Du redest mich ja in das Verderben!«

      »O nein! Du bist der Satan, und ich bin Deine Teufelin. Ich freue mich dieses Feuers, denn ich werde nun nicht bloß eine Baronin, sondern sogar eine sehr reiche Baronin sein. Hätten wir nicht Zeugen zu fürchten, so wurde ich Dich küssen!«

      »Das möchte ich mir verbitten! Ich ersuche Dich überhaupt, jetzt noch Niemand wissen zu lassen, was zwischen uns vorgekommen ist. Darf ich übrigens fragen, wie hoch sich Deine Verluste belaufen?«

      »Viel, sehr viel ist mir verbrannt?«

      »Was?«

      »Kleider, Wäsche – –«

      »Weiter nichts? Weiter nichts?« fragte er dringlich.

      Sie stieß ein scharfes Lachen aus und antwortete:

      »O, noch manches Andere. Aber die beiden Documente, welche ich von Dir erhielt, habe ich gerettet. Sie sind es doch ganz allein, welche Dir am Herzen liegen.«

      »Zeige sie her!«

      »Das ist nicht nöthig!«

      »Ich will, ich muß sie aber sehen!«

      Da machte sie eine sehr geringschätzende Bewegung der Achsel und sagte:

      »Deine Dringlichkeit beweist mir deutlich, wie sehr Du mich fürchtest, wie sehr ich Deine Herrin bin. Selbst wenn mir die Papiere verbrannt wären, könnte ich Dich durch die Behauptung, sie noch zu besitzen, in Schach halten. Aber ich habe sie in Wirklichkeit gerettet; denn ich trage sie stets bei mir. Hier, siehe!«

      Sie zog zwei zusammengefaltete Papiere hervor, welche sie emporhielt, ohne sie ihm aber näher zu zeigen.

      »Zeige her! Ich will sie lesen.«

      »Ah, lesen und zerreißen, nicht wahr! Ein jeder Andre soll sie eher in die Hand bekommen als Du, wenigstens bis ich wirklich Baronin von Helfenstein bin. Aber Du hast jetzt mehr zu thun. Bekümmere Dich um Dein brennendes Erbe!«

      Er folgte diesem Rathe, obgleich es zu nichts mehr führen konnte.

      Der Schloßflügel, an welchem das Feuer ausgebrochen war, wurde leidlich erhalten; die anderen Theile brannten vollständig nieder. Dies hatte seinen Grund darin, daß man fast das ganze vorräthige Wasser in der Hoffnung, wenigstens die Ueberreste des Kindes zu erhalten, nach diesem Flügel gerichtet hatte.

      Mlt Anbruch des Tages konnte man die Nachforschung beginnen. Man legte Leitern an die wohlerhaltene Außenmauer und versuchte, in das Zimmer zu gelangen, in welchem der Knabe gelegen hatte. Wunderbar! Es war fast das einzige, in welchem die Diele leidlich erhalten war!

      Das Feuer hatte seinen Heerd geschont, um sich desto schneller verbreiten zu können.

      Ein kühner Feuerwehrmann stieg zur ausgebrannten Fensteröffnung ein, mußte aber sofort wieder umkehren, da er bemerkte, daß die verkohlte Diele ihn nicht tragen werde. Der Baron war bei diesem Versuche gegenwärtig gewesen.

      »Nun, was haben Sie gesehen?« fragte er.

      »Ich glaube, daß die Ueberreste des kleinen Barons noch vorhanden sind. Ich glaube, zwischen anderen Resten, welche zum Bette gehört haben, etwas wie halb verkohlte Knochen liegen gesehen zu haben.«

      »So muß man abwarten, bis das Feuer völlig nieder ist und die Brandruine sich abgekühlt hat. Dann werden wir sehen, ob Sie recht vermuthen!«

      Baronesse Alma von Helfenstein war im königlichen Schlosse beschieden worden, daß die Majestät jetzt Vortrag entgegen nehme und erst in einigen Stunden zu sprechen sei. Sie hatte diese Zeit wie im Fieber zugebracht und war dann wieder vorgefahren. Jetzt wurde ihr der Zutritt nicht verweigert.

      Sie fand den König im Audienzsaale. Er stand am Fenster und schaute ernst, sehr ernst durch dasselbe hinaus. Sie blieb an der Thür stehen und wagte kaum, zu athmen. Was war es, was ihr das Herz heute so zusammenpreßte? Sie hatte doch früher vor dem Monarchen keine solche Angst gehabt!

      Da wendete er sich zu ihr herum. Augenblicklich sank sie

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