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wieder aufzuwachen.«

      »Wie lange dauert die Anfertigung dieses Mittels?«

      »Eine Stunde.«

      »Kann ich es heute am Nachmittage haben?«

      »Ja; kommen Sie!«

      »Und, was ja von Bedeutung ist, hat die Medizin einen vorstechenden Geruch oder Geschmack?«

      »Sie riecht gar nicht, schmeckt aber ein ganz Wenig bitter.«

      »Das läßt sich verdecken. Also abgemacht! Hier ist das Geld, und zwar die Hälfte mehr als gestern.«

      Adolf hörte Silber klingen und hielt es nun für gerathen, seinen Lauscherposten aufzugeben. Er kehrte nach der Treppe zurück, stieg deren Stufen erst leise hinauf und kam dann mit möglichstem Geräusche wieder herab. Sofort wurde hinten die Thür geöffnet.

      »Wer ist da?« fragte der Apotheker.

      »Ich bin es.«

      »Ach, Adolf! Er kommt!«

      »Hier herein,« gebot der Hauptmann. Und zu dem Alten gewendet, fügte er hinzu: »Du gehst hinauf und giebst Achtung, daß wir nicht gestört werden!«

      »Ich werde da vorn Eins trinken!«

      »Meinetwegen! Aber horche nicht!«

      Der Hauptmann schob den Apotheker zur Thür hinaus und zog dieselbe wieder zu. Es war Adolf sehr lieb, daß der Giftmischer nicht hinaufging. In diesem Falle hätte es leicht herauskommen können, daß er bereits eine Weile im Keller anwesend gewesen war. Er machte ein freundliches, unbefangenes Gesicht, hielt dem Anderen die Hand hin und sagte:

      »Also, Sie, Herr Jacob! Schön! Freut mich! Nur war es fast ein bischen zu früh zu einem Ausgange. Mein Herr raisonnirte.«

      Der Hauptmann warf einen langen, scharf forschenden Blick auf den Sprechenden, schien aber mit dem Resultate seiner Beobachtung zufrieden zu sein.

      »Er hatte wohl schlechte Laune?« fragte er, an Adolf's Worte anknüpfend.

      »Nicht gerade das. Herrendiener haben ja so früh nicht Zeit zum Spazierengehen. Lange darf ich keineswegs fort bleiben!«

      »Ich werde Sie nicht aufhalten, habe aber einige Fragen. Ist der Besuch heute in der Nacht gelungen?«

      »Ja.«

      »Ihre Belohnung?«

      »Habe ich erhalten.«

      »Es wird auch weiter für Sie gesorgt werden. Wissen Sie, was mitgenommen worden ist?«

      »Ich kann es mir denken.«

      »Man hat natürlich Alles bereits entdeckt?«

      »Ich weiß nichts davon. Mein Herr ist erst vor einigen Minuten aufgestanden.«

      »Hm! Sonderbar! Sie sagten gestern, daß er kein Freund von Gesellschaften sei?«

      »So ist es. Er empfängt niemals Besuch.«

      »Wirklich nicht?«

      »Niemals«

      »Ich hörte, daß ein Herr bei ihm verkehre, zu dem er ein großes, ungewöhnliches Vertrauen zeigt.«

      Das war wegen des Fürsten des Elendes auf den Strauch geschlagen. Adolf aber antwortete:

      »Davon müßte ich doch auch wissen!«

      »Hatte er auch gestern Abend nicht Besuch?«

      »Ausnahmsweise doch. Ich war ganz verwundert darüber.«

      »Wer war es?«

      »Eine Dame sogar.«

      »Kennen Sie dieselbe?«

      »Es war die Baronin von Helfenstein. Sie haben mit einander gespeist und ich bediente sie. Ich glaube, die Dame kam aus Neugierde, um die Reichthümer meines Herrn zu sehen.«

      »Hat er ihr Alles gezeigt?«

      »Er hat sie im Palais herumgeführt und ich leuchtete dazu. Aber seine eigentlichen Schätze, Gold, Silber, edle Steine, hat er ihr doch nicht gezeigt. Die darf kein fremdes Auge sehen.«

      »Ist denn dieses Gold und Silber alles ächt?«

      »Wie sollte es denn anders sein?« fragte Adolf in künstlichem Erstaunen. »Glauben Sie, daß so ein Krösus Unächtes kauft?«

      »Hm. Ich halte Sie für einen aufrichtigen Menschen. Sie haben doch von dem Fürsten des Elendes gehört?«

      »Freilich, freilich!«

      »Wo?«

      »An verschiedenen Orten. Man spricht ja jetzt allüberall von ihm.«

      »Auch in Ihrem Hause?«

      »Auch da.«

      »Spricht auch Ihr Herr von ihm?«

      »Nicht, daß ich wüßte. Ich wenigstens habe den Namen niemals von ihm nennen hören.«

      »Und doch sagt man, daß dieser Fürst des Elendes bei Ihrem Herrn verkehrt.«

      Adolf stieß ein lustiges Lachen aus und sagte:

      »Bei uns? Hahahaha! Wo soll bei uns das Elend herkommen?«

      »Also nicht?«

      »Ich weiß kein Wort davon. Mein Herr fährt einmal zum Baron von Helfenstein oder zum Obersten von Hellenbach. Das sind die beiden Einzigen, mit denen er verkehrt. Einer von ihnen müßte der Fürst des Elendes sein!«

      »So sehr also kann man getäuscht werden! Natürlich wird man heute den nächtlichen Besuch entdecken. Sie werden auf Alles genau aufmerken, auch auf die geringste Kleinigkeit, und mir dann Bericht erstatten.«

      »Wann und wo?«

      »Das bleibt mir überlassen. Ich werde, wenn ich Sie sprechen will, schon Gelegenheit wissen, Sie zu finden. In Beziehung auf die Restauration dürfen Sie sich auf den Hauptmann verlassen. Er pflegt sein Wort zu halten, wenn man ihn gut bedient. Jetzt will ich Sie nicht länger aufhalten, damit Ihr Herr keine Veranlassung zur Klage findet. Adieu!«

      Er öffnete die Thür, und Adolf ging. Draußen saß der Apotheker auf der Treppenstufe und hatte ein Blechgefäß mit Schnaps in der Hand. Der Polizist gab ihm ein Geldstück mit der Weisung, auch seinen Töchtern einige Maaß dieser Herzstärkung zukommen zu lassen und entfernte sich dann.

      Kurze Zeit nach ihm verließ auch der Hauptmann das Haus. Er sah sich vorsichtig um, ob er vielleicht beobachtet werde, bemerkte aber keinen Menschen. Gewöhnlich pflegte er bei solchen Ausgängen nicht übermäßig besorgt zu sein; heute aber, nach den Erfahrungen der verflossenen Nacht, dachte er an die unbegreifliche Allwissenheit des Fürsten des Elendes, und um seine Spur ja ganz sicher zu verwischen, ging er direct an das Wasser, nahm einen Kahn und ließ sich stromabwärts rudern.

      Am gegenseitigen Ufer stieg er aus, ging durch einige Gassen, um mehrere Minuten verstreichen zu lassen, und ließ sich dann wieder übersetzen. Nun durchwanderte er mehrere Straßen und Gäßchen, kam auch in die Mauerstraße, ging an der Stelle vorüber, wo er des Nachts in den Garten zu steigen pflegte, bog um die Ecke, zog einen Schlüssel hervor, öffnete eine Thür und verschwand hinter derselben. Er war hierhergegangen, um seinen Raub zu untersuchen, ob derselbe echt oder wirklich nachgemacht sei.

      Kaum einige Secunden später erschien ein alter Herr an derselben Ecke, blieb stehen, blickte nach rechts und links, dann vorwärts nach den Bäumen, unter denen damals Abends der Schlosser gestanden hatte. Es war nichts zu bemerken.

      Jetzt erhob er die Hand, und sofort kamen zwei Männer die Straße herauf, um bei ihm stehen zu bleiben. Es waren Adolf und Anton.

      »Hier um diese Ecke ist er gegangen,« sagte der Alte, der kein Anderer war als der Fürst von Befour. »Er hat alle Schlauheit angewendet, um jede Verfolgung irre zu führen; bei uns aber konnte das nicht gelingen. Nun giebt es zwei Fälle: Entweder ist er nach vorwärts unter die Bäume,

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