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nach Rollenburg. Bereits heute beginne ich daran zu arbeiten, Dich von dort zu befreien.«

      »Das klingt ja geradezu verrückt! Wie willst Du bereits heute daran arbeiten?«

      »Das erräthst Du nicht? Wer verlangt denn, daß Du nach dieser fatalen Anstalt sollst?«

      »Nun, der Fürst des Elendes?«

      »Wer sonst noch?«

      »Wohl kein Mensch!«

      »Was kann Dich also von dort befreien?«

      »Dieser Schluß ist nicht leicht zu ziehen! Ich werde frei sein können, sobald dieser Fürst keine Macht mehr über Dich hat.«

      »Das ist es, was ich meine. Ich werde erfahren, wer er ist; ich werde ihm die Larve vom Gesicht reißen; ich werde ihn verderben. Ich werde alle meine Unternehmungen einstellen, um mich für jetzt nicht in weitere Gefahr zu begeben, und nur noch daran arbeiten, zu erfahren, wer dieser Mensch ist.«

      »Du überschätzest Dich, Du wirst es nicht erfahren!«

      »Ich werde alle meine Untergebenen dazu verwenden!«

      »Auch das wird nutzlos sein. Er hat bewiesen, daß er mächtiger ist als Du; Du wirst fallen; er wird triumphiren, und ich, ich bleibe – – im Irrenhause!«

      Jetzt war sie es, die ganz und gar erregt im Zimmer auf und ab schritt. Er versuchte, ruhig zu erscheinen und sagte:

      »Gut! Noch haben wir eine Frist von fünf Tagen. Ich werde mir alle Mühe geben, Etwas zu erreichen. Es ist also nicht nöthig, bereits heute einen Entschluß zu fassen!«

      »Mein Entschluß ist trotzdem bereits gefaßt: Mich bringt keine Macht der Erde in das Irrenhaus! Da, jetzt weißt Du es!«

      Er blickte finster vor sich nieder. In seinem Innern kochte und gährte es; dennoch verrieth er sich nicht. Er kannte Ella. Diesem Weibe gegenüber galt es, die höchste Verstellungskunst in Anwendung zu bringen. Ella war seine größte und gefährlichste Gegnerin. Sie hatte ihn gezwungen, sie zu seiner Frau zu machen. Jetzt haßte er sie. Und wie sehr er sie haßte, das sah er erst in diesem Augenblicke ein. Aber er durfte es ihr nicht merken lassen. Darum sagte er möglichst gleichmüthig:

      »Es fällt mir ganz und gar nicht ein, Dir diesen Entschluß übel zu nehmen. Es muß verteufelt unangenehm sein, als verrückt zu gelten, wenn man nur zu sehr bei Verstand und Sinnen ist. Na, einen großen, einen fast unverzeihlichen Fehler hast Du begangen; das kannst Du nicht leugnen; aber ich will sehen, ob er nicht zu verbessern ist. Noch habe ich Zeit, und noch fürchte ich diesen Elendsfürsten nicht so sehr, daß ich aus Angst vor ihm meine Frau dem Irrenhause überliefere. Die Hauptsache ist, zu sehen, wie sich Befour in dieser Angelegenheit verhält. Denkst Du, daß er Dich besuchen wird?«

      »Wir sind freundschaftlich von einander geschieden.«

      »Und daß er wirklich nichts davon weiß, daß ihm die Diamanten abhanden gekommen sind?«

      »Das wäre allerdings wohl unbegreiflich!«

      »Vielleicht hat dieser undurchdringliche Gott der Elenden doch irgend einen uns natürlich unbekannten Grund, ihm nichts wissen zu lassen!«

      »Dann aber müßten Beide sich kennen!«

      »Wieso?«

      »Es muß doch eine Gelegenheit geben, die Steine wieder an ihren Ort zurückzubringen, ohne daß der Besitzer es merkt.«

      »Auch das ist möglich. Es kommt hier viel auf Deine eigene Klugheit an, Befour so auszufragen, daß er Dich aufklärt, ohne Deine Absicht dabei zu bemerken. Sollte er Dich besuchen, so benutze schleunigst aber auch schlau die Gelegenheit. Jetzt laß uns davon abbrechen. Ich habe nicht geschlafen und will versuchen, einige Stunden auszuruhen. Ich werde meiner ganzen geistigen Frischheit bedürfen.«

      Sie folgte diesem Winke und ging. Als sie sich entfernt hatte, verschloß er den Zugang, welcher seine Gemächer mit den ihrigen verband.

      »Sie fühlt sich sicher,« sagte er sich. »Ich habe sie beruhigt. Sie hat mich an den Rand des Verderbens gebracht; das darf nicht wieder geschehen. Sie hat die Steine für sich behalten wollen; sie will also reich sein; sie will von mir fort, vielleicht aus Liebe zu diesem Befour! Ja, sie soll fort, aber – in's Irrenhaus! Und daß das geschieht, ohne daß sie Widerstand leistet, dafür will ich auf der Stelle sorgen!«

      Kaum eine Viertelstunde später verließ er ganz in derselben Verkleidung und auch durch dasselbe Pförtchen wie gestern sein Palais. Er begab sich zu dem alten Apotheker, welcher einigermaßen verwundert war, ihn so früh bei sich zu sehen.

      »Du kennst die Wohnung des Fürsten von Befour?« fragte er ihn im strengen Tone.

      »Ja, Herr,« antwortete der Gefragte demüthig.

      »Warst Du schon einmal dort?«

      »Nein.«

      »Du hast mir gestern den Diener empfohlen. Bist Du überzeugt, daß er treu und sicher ist?«

      »Vollständig. Er wird ja mein Eidam!«

      »Ich muß sofort mit ihm sprechen, aber ohne daß er ahnt, daß ich mich hier befinde.«

      »So soll ich ihn holen?«

      »Ja. Ich werde unten im Keller warten.«

      »Aber was soll ich ihm sagen?«

      »Das ist Deine Sache. Also, er darf nicht wissen, daß ich hier bin.«

      »Ich werde vorsichtig sein.«

      Er führte den Baron in den Keller und begab sich dann nach der Palaststraße. Der Portier verwunderte sich, als er den Mann erblickte.

      »Zu wem wollen Sie?« fragte er.

      »Giebt es hier nicht einen Diener, welcher Adolf heißt?«

      »Allerdings.«

      »Ich habe mit ihm zu sprechen.«

      »So früh! Ist es so nothwendig?«

      »Ja.«

      »Gehen Sie eine Treppe hoch. Rechts erste Thür im Bedientenzimmer werden Sie ihn finden.«

      Als der Apotheker dort eintrat, waren Adolf und Anton grad mit ihrem ersten Frühstück beschäftigt. Der Erstere empfing ihn sehr freundschaftlich und fragte nach seinem Begehr. Der Alte war doch in Verlegenheit, was er sagen sollte.

      »Hm!« meinte er. »Jette – –«

      »Was ist's mit der Jette?«

      »Krank, sehr krank! Ganz plötzlich!«

      Adolf war genug Schlaukopf, um etwas zu ahnen. Er heuchelte ein Erschrecken und rief:

      »Krank? Sapperment! Ist's gefährlich?«

      »Es scheint leider so!«

      »Und sie verlangt wohl nach mir?«

      »Mit Sehnsucht!«

      »So will ich den gnädigen Herrn fragen, ob ich gehen darf.«

      Er hieß den Apotheker warten und suchte seinen Herrn auf, welcher sich erst vor Kurzem zur Ruhe begeben hatte. Er wußte, daß er es unter den gegenwärtigen Umständen wagen durfte, ihn zu wecken. Er that dies und meldete, daß er durch das Erscheinen des Apothekers dazu veranlaßt sei. Sofort war der Fürst munter.

      »Was will er?« fragte er.

      »Ich soll zu ihm kommen. Meine reizende Jette ist plötzlich außerordentlich krank geworden.«

      »Glaubst Du das?«

      »Daß ich dumm wäre?«

      »Ich auch nicht. Das hängt ganz gewiß mit dem Einbruche zusammen.«

      »Natürlich! Man hat mich in irgend einem Verdachte.«

      »Und man will Dich jedenfalls in's Verhör nehmen. Derjenige, der das thut, ist wohl kein Anderer als Derselbe, der gestern mit

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