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in denen mehrere hübsche Tische, Stühle und sonstiges ganz leidliches Gerät befindlich, sich sattsam bewegen konnte.

      Indem die Alte nun ein feines Linnen über den Tisch breitete, den sie in die Mitte des Zimmers gerückt, sprach sie schmunzelnd: „Hm! – es ist doch ganz hübsch von dem Signor Bescapi, daß er uns nicht allein die artige Wohnung eingeräumt, sondern uns auch mit allem Notwendigen so reichlich versorgt hat. Nun ist wohl die Armut auf immer von uns gewichen!“

      Die Türe ging auf, und hinein trat Giglio Fava mit seiner Giacinta.

      „Laß dich“, sprach Giglio, „laß dich umarmen, mein süßes, holdes Weib! Laß es mich dir recht aus voller Seele sagen, daß erst seit dem Augenblick, da ich mit dir verbunden, mich die reinste herrlichste Lust des Lebens beseelt. – Jedesmal, wenn ich dich deine Smeraldinen, oder andere Rollen, die der wahre Scherz geboren, spielen sehe, oder dir als Brighella, als Truffaldino, oder als ein anderer humoristischer Fantast zur Seite stehe, geht mir im Innern eine ganze Welt der kecksten, sinnigsten Ironie auf und befeuert mein Spiel. – Doch sage mir, mein Leben, welch ein ganz besonderer Geist war heute über dich gekommen? – Nie hast du so recht aus dem Innersten heraus Blitze des anmutigsten weiblichen Humors geschleudert; nie warst du in der kecksten, fantastischten Laune so über alle Maßen hebenswürdig.“

      „Dasselbe“, erwiderte Giacinta, indem sie einen leichten Kuß auf Giglios Lippen drückte, „dasselbe möcht ich von dir sagen, mein geliebter Giglio! Auch du warst heute herrlicher, als je und hast vielleicht selbst nicht bemerkt, daß wir unsere Hauptszene unter dem anhaltenden gemütlichen Lachen der Zuschauer über eine halbe Stunde fort improvisierten. – Aber denkst du denn nicht daran, welch ein Tag heute ist? Ahndest du nicht, in welchen verhängnisvollen Stunden die besondere Begeisterung uns erfaßte? Erinnerst du dich nicht, daß es heute gerade ein Jahr her ist, da wir in den herrlichen hellen Urdarsee schauten und uns erkannten?“

      „Giacinta“, rief Giglio in freudigem Erstaunen, „Giacinta, was sprichst du? – Es liegt wie ein schöner Traum hinter mir, das Urdarland – der Urdarsee! – Aber nein! – es war kein Traum – wir haben uns erkannt! – O meine teuerste Prinzessin!“

      „Oh“, erwiderte Giacinta, „mein teuerster Prinz!“ – Und nun umarmten sie sich aufs neue und lachten laut auf und riefen durcheinander: „Dort liegt Persien – dort Indien – aber hier Bergamo – hier Frascati – unsere Reiche grenzen – nein nein, es ist ein und dasselbe Reich, in dem wir herrschen, ein mächtiges Fürstenpaar, es ist das schöne herrliche Urdarland selbst – Ha, welche Lust!“ –

      Und nun jauchzten sie im Zimmer umher und fielen sich wieder in die Arme und küßten sich und lachten. –

      „Sind sie“, brummte die alte Beatrice dazwischen, „sind sie nicht wie die ausgelassenen Kinder! – Ein ganzes Jahr schon verheiratet und liebeln noch und schnäbeln sich und springen umher und – o Heiland! werfen mir hier beinahe die Gläser vom Tische! – Ho ho – Signor Giglio, fahrt mir nicht mit Euerm Mantelzipfel hier ins Ragout – Signora Giacinta, habt Erbarmen mit dem Porzellan und laßt es leben!“

      Aber die beiden achteten nicht auf die Alte, sondern trieben ihr Wesen fort. Giacinta faßte den Giglio endlich bei den Armen, schaute ihm in die Augen und sprach: „Aber sage mir, lieber Giglio, du hast ihn doch erkannt, den kleinen Mann hinter uns, im bunten Talar mit der elfenbeinernen Schachtel?“ – „Warum“, erwiderte Giglio, „warum denn nicht, meine liebe Giacinta? Es war ja der gute Signor Bescapi mit seiner schöpferischen Nadel, unser jetziger treuer Impresario, der uns zuerst in der Gestalt, wie sie durch unser innerstes Wesen bedingt ist, auf die Bühne brachte. Und wer hätte denken sollen, daß dieser alte wahnsinnige Scharlatan –“

      „Ja“, fiel Giacinta dem Giglio in die Rede, „ja dieser alte Celionati in seinem zerrissenen Mantel und durchlöcherten Hute –“

      „– Daß dieses wirklich der alte fabelhafte Fürst Bastianello di Pistoja gewesen sein sollte?“ – So sprach der stattliche glänzend gekleidete Mann, der in das Zimmer getreten.

      „Ach!“ rief Giacinta, indem ihr die Augen vor Freude leuchteten, „ach, gnädigster Herr, seid Ihr es selbst? – Wie glücklich sind wir, ich und mein Giglio, daß Ihr uns aufsucht in unserer kleinen Wohnung! – Verschmäht es nicht, mit uns ein kleines Mahl einzunehmen, und dann könnet Ihr uns fein erklären, was es denn eigentlich für eine Bewandtnis hat mit der Königin Mystilis, dem Urdarlande und Euerm Freunde, dem Zauberer Hermod, oder Ruffiamonte; ich werde aus dem allem noch nicht recht klug.“

      „Es bedarf“, sprach der Fürst von Pistoja mit mildem Lächeln, „es bedarf, mein holdes süßes Kind, keiner weitern Erklärung; es genügt, daß du aus dir selber klug geworden bist, und auch jenen kecken Patron, dem es ziemlich, dein Gemahl zu sein, klug gemacht hast – Sieh, ich könnte, meines Marktschreiertums eingedenk, mit allerlei geheimnisvollen und zugleich prahlerisch klingenden Worten um mich werfen; ich könnte sagen, du seist die Fantasie, deren Flügel erst der Humor bedürfe um sich emporzuschwingen, aber ohne den Körper des Humors wärst du nichts, als Flügel und verschwebtest, ein Spiel der Winde, in den Lüften. Aber ich will es nicht tun, und zwar auch schon aus dem Grunde nicht, weil ich zu sehr ins Allegorische, mithin in einen Fehler fallen würde, den schon der Prinz Cornelio Chiapperi auf dem Caffè greco mit Recht an dem alten Celionati gerügt hat. Ich will bloß sagen, daß es wirklich einen bösen Dämon gibt, der Zobelmützen und schwarze Schlafröcke trägt, und sich für den großen Magus Hermod ausgebend, nicht allein gute Leute gewöhnliches Schlages, sondern auch Königinnen, wie Mystilis, zu verhexen imstande ist. Sehr boshaft war es, daß der Dämon die Entzauberung der Prinzessin von einem Wunder abhängig gemacht hatte, das er für unmöglich hielt. In der kleinen Welt, das Theater genannt, sollte nämlich ein Paar gefunden werden, das nicht allein von wahrer Fantasie, von wahrem Humor im Innern beseelt, sondern auch imstande wäre, diese Stimmung des Gemüts objektiv, wie in einem Spiegel, zu erkennen und sie so ins äußere Leben treten zu lassen, daß sie auf die große Welt, in der jene kleine Welt eingeschlossen, wirke, wie ein mächtiger Zauber. So sollte, wenn ihr wollt, wenigstens in gewisser Art das Theater den Urdarbronnen vorstellen, in den die Leute kucken können. – An euch, ihr lieben Kinder, glaubt ich bestimmt jene Entzauberung zu vollbringen und schrieb’s sogleich meinem Freunde, dem Magus Hermod. Wie er sogleich anlangte, in meinem Palast abstieg, was für Mühe wir uns mit euch gaben, nun das wißt ihr, und wenn nicht Meister Callot ins Mittel getreten wäre und Euch, Giglio, herausgeneckt hätte aus Eurer Heldenjacke –“

      „Ja“, fiel hier Signor Bescapi dem Fürsten, dem er auf dem Fuße gefolgt, in die Rede, „ja, gnädigster Herr, bunte Heldenjacke – Gedenkt doch auch bei diesem lieben Paar ein wenig meiner, wie ich auch bei dem großen Werk mitgewirkt!“

      „Allerdings“, erwiderte der Fürst „und darum weil Ihr auch an und für Euch selbst ein wunderbarer Mann waret, nämlich ein Schneider, der sich in die fantastischen Habite, die er zu verfertigen wußte, auch fantastische Menschen hineinwünschte, bediente ich mich Eurer Hülfe und machte Euch zuletzt zum Impresario des seltnen Theaters, wo Ironie gilt und echter Humor.“

      „Ich bin“, sprach Signor Bescapi, sehr heiter lächelnd, „ich bin mir immer so vorgekommen, wie einer, der dafür sorgt, daß nicht gleich alles im Zuschnitt verdorben werde, gleichsam wie Form und Stil!“

      „Gut gesagt“, rief der Fürst von Pistoja, „gut gesagt, Meister Bescapi!“

      Während nun der Fürst von Pistoja, Giglio und Bescapi von diesem und jenem sprachen, schmückte in anmutiger Geschäftigkeit Giacinta Zimmer und Tisch mit Blumen, die die alte Beatrice in der Eil herbeibringen müssen, zündete viele Kerzen an und nötigte, da nun alles hell und festlich aussah, den Fürsten in den Lehnstuhl, den sie mit reichen Tüchern und Teppichen so herausgeputzt hatte, daß er beinahe einem Thron zu vergleichen war.

      „Jemand“, sprach der Fürst, ehe er sich niederließ, „jemand, den wir alle sehr zu fürchten haben, da er gewiß eine strenge Kritik über uns ergehen läßt und uns vielleicht gar die Existenz bestreitet, könnte vielleicht sagen, daß ich ohne allen weitern Anlaß mitten in der Nacht hiehergekommen sei bloß seinethalben, und um ihm noch zu erzählen, was ihr mit

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