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Namen und Vaterland will ich euch vor der Hand verschweigen, ihr erfahret beides zur rechten Zeit. – Nun muß ich mich mit diesem vortrefflichen Minister über einige wichtige Staatsangelegenheiten beraten, dann aber bei der Narrheit einsprechen und durch den Hof wandelnd nachsehen, ob den Mistbeeten einige gute Witzwörter entkeimt sind.“ – Damit faßte der junge Mensch den Schneidermeister unter den Arm, und beide zogen ab.

      „Was sagt ihr“, sprach Reinhold, „was sagt ihr, Leute, zu dem allem? Mich will es bedünken, als hetze das bunte Maskenspiel eines tollen märchenhaften Spaßes allerlei Gestalten in immer schnelleren und schnelleren Kreisen dermaßen durcheinander, daß man sie gar nicht mehr zu erkennen, gar nicht mehr zu unterscheiden vermag. Doch laßt uns Masken nehmen und nach dem Korso gehen! Ich ahne, daß der tolle Capitan Pantalon, der gestern den wütenden Zweikampf bestand, sich heute wieder sehen lassen und allerlei Abenteuerliches beginnen wird.“

      Reinhold hatte recht. Der Capitan Pantalon schritt sehr gravitätisch, wie noch in der glänzenden Glorie seines gestrigen Sieges den Korso auf und nieder, ohne aber irgend Tolles zu beginnen, wie sonst, wiewohl eben seine grenzenlose Gravität ihm beinahe noch ein komischeres Ansehen gab, als er es sonst behauptete. – Der geneigte Leser erriet es schon früher, weiß es aber jetzt mit Bestimmtheit, wer unter dieser Maske steckt. Niemand anders nämlich, als der Prinz Cornelio Chiapperi, der glückselige Bräutigam der Prinzessin Brambilla. – Und die Prinzessin Brambilla, ja sie selbst mußte wohl die schöne Dame sein, die die Wachsmaske vor dem Gesicht in reichen prächtigen Kleidern majestätisch in dem Korso wandelte. Die Dame schien es abgesehen zu haben auf den Capitan Pantalon; denn geschickt wußte sie ihn einzukreisen, so daß es schien, er könne ihr nicht ausweichen und doch wand er sich heraus und setzte seinen gravitätischen Spaziergang fort. Endlich aber, als er eben im Begriff stand, mit einem raschen Schritt vorzuschreiten, faßte ihn die Dame beim Arme und sprach mit süßer, lieblicher Stimme: „Ja, Ihr seid es, mein Prinz! Euer Gang und die Eures Standes würdige Kleidung (nie truget Ihr eine schönere) haben Euch verraten! – O sagt, warum flieht Ihr mich? – Erkennet Ihr nicht Euer Leben, Euer Hoffen in mir?“ – „Ich weiß“, sprach der Capitan Pantalon, „ich weiß in der Tat nicht recht, wer Ihr seid, schöne Dame! Oder vielmehr ich wage es nicht zu erraten, da ich so oft schnöder Täuschung erlegen. Prinzessinnen verwandelten sich vor meinen Augen in Putzmacherinnen, Komödianten in Pappendeckelfiguren und dennoch hab ich beschlossen, länger keine Illusion und Fantasterei zu ertragen, sondern beide schonungslos zu vernichten, wo ich sie treffe.“

      „So macht“, rief die Dame erzürnt, „so macht mit Euch selbst den Anfang! Denn Ihr selbst, mein werter Signor, seid weiter gar nichts, als eine Illusion! – Doch nein“, fuhr die Dame sanft und zärtlich fort, „doch nein, geliebter Cornelio, du weißt, welch eine Prinzessin dich liebt, wie sie aus fernen Landen hergezogen ist, dich aufzusuchen, dein zu sein! – Und hast du denn nicht geschworen, mein Ritter zu bleiben? – Sprich Geliebter!“

      Die Dame hatte aufs neue Pantalons Arm gefaßt; der hielt ihr aber seinen spitzen Hut entgegen, zog sein breites Schwert an und sprach: „Seht her! – herab ist das Zeichen meiner Ritterschaft, herunter sind die Hahnfedern von meinem offnen Helm; ich habe den Damen meinen Dienst aufgekündigt; denn sie lohnen alle mit Undank und Untreue!“ – „Was sprecht Ihr?“ rief die Dame zürnend, „seid Ihr wahnsinnig?“ „Leuchtet“, sprach der Capitan Pantalon weiter, „leuchtet mich nur an mit dem funkelnden Demant da auf Eurer Stirne! Weht mir nur entgegen mit der Feder, die Ihr dem bunten Vogel ausgerupft – Ich widerstehe jedem Zauber und weiß es und bleibe dabei, daß der alte Mann in der Zobelmütze recht hat, daß mein Minister ein Esel ist, und daß die Prinzessin Brambilla einem miserablen Schauspieler nachläuft.“ „Ho ho!“ rief nun die Dame noch zorniger, als vorher, „ho ho, wagt Ihr es aus diesem Ton mit mir zu sprechen, so will ich Euch nur sagen, daß, wenn Ihr ein trauriger Prinz sein wollt, mir jener Schauspieler, den Ihr erbärmlich nennt und den ich mir, ist er auch zur Zeit auseinandergenommen, immer wieder zusammennähen lassen kann, noch immer viel werter erscheint, als Ihr. Geht doch fein zu Eurer Putzmacherin, zu der kleinen Giacinta Soardi, der Ihr ja sonst, wie ich höre auch nachgelaufen seid und erhebt sie auf Euern Thron, den irgendwo hinzustellen, es Euch noch gänzlich an einem Stückchen Land mangelt! – Gott befohlen für jetzt!“ –

      Damit ging die Dame rasches Schrittes von dannen, indem der Capitan Pantalon ihr mit kreischendem Ton nachrief: „Stolze – Ungetreue! so belohnst du meine innige Liebe? Doch ich weiß mich zu trösten! –“

      Achtes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Wie der Prinz Cornelio Chiapperi sich nicht trösten konnte, der Prinzessin Brambilla Samtpantoffel küßte, beide dann aber eingefangen wurden in Filet. – Neue Wunder des Palastes Pistoja. – Wie zwei Zauberer auf Straußen durch den Urdarsee ritten und Platz nahmen in der Lotosblume. – Die Konigin Mystilis. – Wie bekannte Leute wieder auftreten und das Capriccio, Prinzessin Brambilla genannt, ein fröhliches Ende erreicht.

      Es schien indessen, als wenn Freund Capitan Pantalon, oder vielmehr der assyrische Prinz Cornelio Chiapperi, (denn der geneigte Leser weiß doch nun einmal, daß in der tollen fratzenhaften Maske eben niemand anders steckte, als diese verehrte fürstliche Person) ja! – es schien, als ob er sich ganz und gar nicht zu trösten gewußt hätte. Denn anderes Tages klagte er laut auf dem Korso, daß er die schönste der Prinzessinnen verloren, und daß er, fände er sie gar nicht wieder, sich in heller Verzweiflung sein hölzernes Schwert durch den Leib rennen wolle. Da aber bei diesem Weh sein Gebärdespiel das possierlichste war, das man sehen konnte, so fehlte es nicht, daß er sich bald von Masken aller Art umringt sah, die ihre Lust an ihm hatten. „Wo ist sie?“ rief er mit kläglicher Stimme, „wo ist sie geblieben, meine holde Braut, mein süßes Leben! – Habe ich darum mir meinen schönsten Backzahn ausreißen lassen von Meister Celionati? bin ich deshalb mir selbst nachgelaufen aus einem Winkel in den andern, um mich aufzufinden? ja! – habe ich darum mich wirklich aufgefunden, um ohne alles Besitztum an Liebe und Lust und gehöriger Länderei ein armseliges Leben hinzuschmachten? Leute! – weiß einer von euch, wo die Prinzessin steckt, so öffne er das Maul und sag es mir und lasse mich nicht hier so lamentieren unnützerweise, oder laufe hin zu der Schönsten und verkünde ihr, daß der treueste aller Ritter, der schmuckste aller Bräutigame hier vor lauter Sehnsucht, vor inbrünstigem Verlangen, hinlänglich wüte, und daß in den Flammen seines Liebesgrimms ganz Rom, ein zweites Troja, aufgehen könnte, wenn sie nicht alsbald komme und mit den feuchten Mondesstrahlen ihrer holdseligen Augen die Glut lösche!“ – Das Volk schlug ein unmäßiges Gelächter auf, aber eine gellende Stimme rief dazwischen: „Verrückter Prinz, meint Ihr, daß Euch die Prinzessin Brambilla entgegenkommen soll? – Habt Ihr den Palast Pistoja vergessen?“ „Ho ho“, erwiderte der Prinz, „schweigt, vorwitziger Gelbschnabel! Seid froh, daß Ihr dem Käficht entronnen! – Leute, schaut mich an und sagt, ob nicht ich der eigentliche bunte Vogel bin, der in Filetnetzen gefangen werden soll?“ Das Volk erhob abermals ein unmäßiges Gelächter; doch in demselben Augenblick stürzte der Capitan Pantalon wie ganz außer sich nieder auf die Knie; denn vor ihm stand sie selbst, die Schönste, in voller Pracht aller Holdseligkeit und Anmut und in denselben Kleidern, wie sie sich zum erstenmal auf dem Korso hatte blicken lassen, nur daß sie statt des Hütleins ein herrlich funkelndes Diadem auf der Stirne trug, aus dem bunte Federn emporstiegen. „Dein bin ich“, rief der Prinz im höchsten Entzücken, „dein bin ich nun ganz und gar. Sieh diese Federn auf meiner Sturmhaube! Sie sind die weiße Fahne, die ich aufgesteckt, das Zeichen, daß ich mich dir, du himmlisches Wesen, ergebe, rücksichtslos, auf Gnad und Ungnade!“ „So mußt es kommen“, erwiderte die Prinzessin; „unterwerfen mußtest du dich mir, der reichen Herrscherin, denn sonst fehlte es dir ja an der eigentlichen Heimat und du bliebst ein miserabler Prinz. Doch schwöre mir jetzt ewige Treue, bei diesem Symbol meiner unumschränkten Regentschaft!“ –

      Damit zog die Prinzessin einen kleinen zierlichen Samtpantoffel hervor und reichte ihn dem Prinzen hin, der ihn, nachdem er feierlich der Prinzessin ewige unwandelbare Treue geschworen, so wahr er zu existieren gedenke, dreimal küßte. Sowie dies geschehen, erscholl ein lautes, durchdringendes: „Bram-bure

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