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Umwandelt des betörten Sinnes Narrheit,

       Trifft ihn der bleichen Unlust matter Tadel,

       Der innre Geist in kräftge Lebenswahrheit,

       Erschleußt das Reich die wunderbare Nadel

       Des Meisters, gibt in schelmisch tollem Necken,

       Dem, was nur niedrig schien, des Herrschers Adel

       Der, der das Paar aus süßem Traum wird wecken.

      Dann Heil dem schönen fernen Urdarlande!

       Gereinigt, spiegelhell erglänzt sein Bronnen,

       Zerrissen sind des Dämons Kettenbande,

       Und aus der Tiefe steigen tausend Wonnen.

       Wie will sich jede Brust voll Inbrunst regen?

       In hohe Lust ist jede Qual zerronnen.

       Was strahlt dort in des dunklen Waldes Wegen?

       Ha, welch ein Jauchzen aus der Fern ertönet!

       Die Königin, sie kommt! – auf ihr entgegen!

       Sie fand das Ich! und Hermod ist versöhnet!“ –

      Jetzt erhoben die Strauße und die Mohren ein verwirrtes Geschrei und dazwischen quiekten und piepten noch viele andre seltsame Vogelstimmen. Stärker, als alle, schrie aber Giglio, der, wie aus einer Betäubung erwacht, plötzlich alle Fassung gewonnen und dem es nun war, als sei er in irgendeinem burlesken Schauspiel: „Um tausend Gotteswillen! was ist denn das? Hört doch nur endlich auf mit dem tollen verrückten Zeuge! Seid doch vernünftig, sagt mir doch nur, wo ich die durchlauchtige Prinzessin finde, die hochherrliche Brambilla! Ich bin Giglio Fava, der berühmteste Schauspieler auf der Erde, den die Prinzessin Brambilla liebt und zu hohen Ehren bringen wird – So hört mich doch nur! Damen, Mohren, Strauße, laßt euch nicht albernes Zeug vorschwatzen! Ich weiß das alles besser, als der Alte dort; denn ich bin der weiße Mohr und kein andrer!“

      Sowie die Damen endlich den Fava gewahr wurden, erhoben sie ein langes durchdringendes Gelächter und fuhren auf ihn los. Selbst wußte Giglio nicht, warum ihn auf einmal eine schreckliche Angst überfiel und er mit aller Mühe suchte den Damen auszuweichen. Unmöglich konnt ihm das gelingen, wäre es ihm nicht geglückt, indem er den Mantel auseinanderspreizte, emporzuflattern in die hohe Kuppel des Saals. Nun scheuchten die Damen ihn hin und her und warfen mit großen Tüchern nach ihm, bis er ermattet niedersank. Da warfen die Damen ihm aber ein Filetnetz über den Kopf und die Strauße brachten ein stattliches goldnes Bauer herbei, worein Giglio ohne Gnade gesperrt wurde. In dem Augenblick verlosch die Ampel und alles war wie mit einem Zauberschlag verschwunden.

      Da das Bauer an einem großen geöffneten Fenster stand, so konnte Giglio hinabschauen in die Straße, die aber, da das Volk eben nach den Schauspielhäusern und Osterien geströmt, ganz öde und menschenleer war, so daß der arme Giglio, hineingepreßt in das enge Behältnis, sich in trostloser Einsamkeit befand. „Ist das“, so brach er wehklagend los, „ist das das geträumte Glück? Verhält es sich so mit dem zarten wunderbaren Geheimnis, das in dem Palast Pistoja verschlossen? – Ich habe sie gesehen, die Mohren, die Damen, den kleinen alten Tulpenkerl, die Strauße, wie sie hineingezogen sind durch das enge Tor; nur die Maulesel fehlten und die Federpagen! – Aber Brambilla war nicht unter ihnen – nein, es ist nicht hier, das holde Bild meines sehnsüchtigen Verlangens, meiner Liebesinbrunst! – O Brambilla! – Brambilla! – Und in diesem schnöden Kerker muß ich elendiglich verschmachten und werde nimmermehr den weißen Mohren spielen! – Oh! Oh! – Oh!“

      „Wer lamentiert denn da oben so gewaltig?“ – So rief es von der Straße herauf. Giglio erkannte augenblicklich die Stimme des alten Ciarlatano und ein Strahl der Hoffnung fiel in seine beängstete Brust.

      „Celionati“, sprach Giglio ganz beweglich herab, „teurer Signor Celionati, seid Ihr es, den ich dort im Mondschein erblicke? – Ich sitze hier im Bauer, in einem trostlosen Zustande. – Sie haben mich hier eingesperrt, wie einen Vogel! – O Gott! Signor Celionati, Ihr seid ein tugendhafter Mann, der den Nächsten nicht verläßt; Euch stehen wunderbare Kräfte zu Gebote, helft mir, ach helft mir aus meiner verfluchten peinlichen Lage! – O Freiheit, goldne Freiheit, wer schätzt dich mehr, als der, der im Käfig sitzt, sind seine Stäbe auch von Gold?“ – Celionati lachte laut auf, dann aber sprach er: „Seht, Giglio, das habt Ihr alles Eurer verfluchten Narrheit, Euern tollen Einbildungen zu verdanken! – Wer heißt Euch in abgeschmackter Mummerei den Palast Pistoja betreten? Wie möget Ihr Euch einschleichen in eine Versammlung, zu der Ihr nicht geladen?“ „Wie?“ rief Giglio, „den schönsten aller Anzüge, den einzigen, in dem ich mich vor der angebeteten Prinzessin würdig zeigen konnte, den nennt Ihr abgeschmackte Mummerei?“ – „Eben“, erwiderte Celionati, „eben Euer schöner Anzug ist schuld daran, daß man Euch so behandelt hat.“ „Aber bin ich denn ein Vogel?“ rief Giglio voll Unmut und Zorn. „Allerdings“, fuhr Celionati fort, „haben die Damen Euch für einen Vogel gehalten und zwar für einen solchen, auf dessen Besitz sie ganz versessen sind, nämlich für einen Gelbschnabel!“ – „O Gott!“ sprach Giglio ganz außer sich, „ich, der Giglio Fava, der berühmte tragische Held, der weiße Mohr! – ich ein Gelbschnabel!“ „Nun, Signor Giglio“, rief Celionati, „faßt nur Geduld, schlaft, wenn Ihr könnt, recht sanft und ruhig! Wer weiß, was der kommende Tag Euch Gutes bringt!“ „Habt Barmherzigkeit“, schrie Giglio, „habt Barmherzigkeit, Signor Celionati, befreit mich aus diesem verfluchten Kerker! Nimmermehr betret ich wieder den verwünschten Palast Pistoja.“ – „Eigentlich“, erwiderte der Ciarlatano, „eigentlich habt Ihr es gar nicht um mich verdient, daß ich mich Eurer annehme, da Ihr alle meine guten Lehren verschmäht und Euch meinem Todfeinde, dem Abbate Chiari, in die Arme werfen wollt, der Euch, Ihr möget es nur wissen, durch schnöde Afterverse, die voll Lug und Trug sind, in dies Unglück gestürzt hat. Doch – Ihr seid eigentlich ein gutes Kind und ich bin ein ehrlicher weichmütiger Narr, das hab ich schon oft bewiesen; darum will ich Euch retten. Ich hoffe dagegen, daß Ihr mir morgen eine neue Brille und ein Exemplar des assyrischen Zahns abkaufen werdet.“ „Alles kaufe ich Euch ab, was Ihr wollt; nur Freiheit, Freiheit schafft mir! Ich bin schon beinahe erstickt!“ – So sprach Giglio und auf einer unsichtbaren Leiter stieg der Ciarlatano zu ihm herauf, öffnete eine große Klappe des Käfichts; durch die Öffnung drängte mit Mühe sich der unglückselige Gelbschnabel.

      Doch in dem Augenblick erhob sich im Palast ein verwirrtes Getöse und widerwärtige Stimmen quiekten und plärrten durcheinander. „Alle Geister!“ rief Celionati, „man merkt Eure Flucht, Giglio, macht, daß Ihr fortkommt!“ Mit der Kraft der Verzweiflung drängte sich Giglio vollends durch, warf sich rücksichtslos auf die Straße, raffte sich, da er durchaus nicht den mindesten Schaden genommen, auf, und rannte in voller Furie von dannen.

      „Ja“, rief er ganz außer sich, als er, in seinem Stübchen angekommen, den närrischen Anzug erblickte, in dem er mit seinem Ich gekämpft; „ja, der tolle Unhold, der dort körperlos liegt, das ist mein Ich und diese prinzlichen Kleider, die hat der finstre Dämon dem Gelbschnabel gestohlen und mir anvexiert, damit die schönsten Damen in unseliger Täuschung mich selbst für den Gelbschnabel halten sollen! – Ich rede Unsinn, ich weiß es; aber das ist recht, denn ich bin eigentlich toll geworden, weil der Ich keinen Körper hat – Ho ho! frisch darauf, frisch darauf, mein liebes holdes Ich!“ – Damit riß er sich wütend die schönen Kleider vom Leibe, fuhr in den tollsten aller Maskenanzüge und lief nach dem Korso.

      Alle Lust des Himmels durchströmte ihn aber, als eine anmutige Engelsgestalt von Mädchen, das Tambourin in der Hand, ihn zum Tanz aufforderte.

      Die Kupfertafel, die diesem Kapitel beigeheftet, zeigt diesen Tanz des Giglio mit der unbekannten Schönen; was sich aber ferner dabei begab, wird der geneigte Leser im folgenden Kapitel erfahren.

      Sechstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Wie einer tanzend zum Prinzen wurde, ohnmächtig einem Scharlatan in die Arme sank und dann beim Abendessen an den Talenten seines Kochs zweifelte. – Liquor

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