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willst du mit einer Witwe mit zwei erwachsenen Töchtern, Gerhard? Du bist eine bekannte Persönlichkeit im deutschen Wirtschaftsleben. Gerhard Lenneberg und sein Haus brauchen eine Frau, die er mit Stolz zeigen kann.“

      Nun unterbricht Lenneberg sie doch. Sein Lächeln ist fast ironisch. „Und du meinst, das könnte ich nicht, wenn Valerie Gauda meine Frau wäre?“

      „Ich bin nicht so klein, daß ich mich für wertlos halte. Ich schätze mich selbst sogar sehr hoch ein. Aber ich denke mir als Schmuck, als Krönung sozusagen deines Heims eine Frau, die Jugend, Schönheit, Eleganz und Geschmack in sich vereint. Sei ganz aufrichtig, Gerhard, hast du nicht selber so gedacht, wenn du dir deine zukünftige Frau vorstelltest?“

      Lenneberg verbeugt sich leicht. „Ich tue es noch, liebe Valerie,“ sagt er ernst. „Mein sehnlicher Wunsch, unsere Freundschaft in eine Ehe umzuwandeln, ist der beste Beweis dafür.“

      Grübelnd, forschend hängen ihre Augen an seinen Zügen. „Und du hast nie an jemand anderen gedacht? An jemand, — ganz in meiner Nähe?“

      „Wie soll ich das verstehen, Valerie?“

      „Mein Gedanke ist nicht erst von heute, Gerhard. Oft genug, wenn du hier bei uns warst, hab ich mich im stillen gefragt, wie es kommt, daß du so achtlos an der Jugend vorbeigehst, die neben mir blüht. Anfangs, als wir Freunde wurden, habe ich geglaubt, daß du …“

      „Nun, daß ich …?“

      „… in mir die Mutter derjenigen sähest, der dein Herz und deine Sehnsucht gehört.“

      „Valerie — nein!“

      „Es wäre doch so natürlich, Gerhard. Sylvia hat alle Eigenschaften, die deine zukünftige Frau braucht. Und sie ist jung. Ich dachte wirklich manchmal, daß sie es sei, die … Und als du ihr die Stellung in der Bank des Geheimrat Herkrath verschafftest, schien es mir fast sicher. Darum erschrak ich so sehr, als du mich fragtest, ob ich deine Frau werden wolle.“

      Lennebergs Stirn hat sich gefurcht. „Es wäre dir also recht, wenn ich Sylvia heiraten wollte?“

      „Laß jetzt einmal mich aus dem Spiel, Gerhard!“

      „Im Gegenteil, auf dich kommt es an in diesem Spiel, das mir sehr ernst ist. Soll ich wirklich glauben, daß die Fäden, die das Leben zwischen uns gesponnen hat, das stille, herrliche Wissen: wir gehören zueinander, — von deiner Seite nichts war als die freundschaftliche Zuneigung einer Mutter zu dem willkommenen Schwiegersohn?“

      „Gerhard, so darfst du nicht reden!“ Valerie Gauda atmet schwer. Dann steht sie langsam auf von dem niederen Sessel. Hoch und rank steht sie vor dem Mann. „Ich liebe dich, Gerhard Lenneberg. Aber das darf nicht binden. Wenn du Sylvia liebst, wenn es dir gelingt, ihr Gefühl für dich zu wecken, so trete ich gern und froh zurück und — bin auch glücklich. Ja, Gerhard! Ich könnte es nicht ertragen, meinem Kinde vielleicht im Wege gestanden zu haben — oder dir selbst.“ Ihre Stimme wird leiser, ein wenig krampfhaft verschränkt sie die schlanken, schmalen Finger. „Glaub mir, Gerhard, es soll kein Schatten zwischen uns fallen, wie du dich auch entscheidest. Wenn du die Jugend wählst — werde de ich sagen: Du hast recht daran getan.“ — Gerhard Lenneberg schweigt und sieht eine Weile stumm in ihr mühsam beherrschtes Gesicht. Plötzlich aber beginnt er zu lachen, frei und herzlich, ein übermütiges Jungenlachen, das niemand von dem würdevollen, ruhigen Leiter der Lenneberg-Werke erwarten würde. „Das hat also die gute Margrete dir eingeredet, — Sylvia! Ich weiß: Meine liebe Schwester möchte mich gern mit einem schönen jungen Mädchen verkuppeln, mit einem halben Kind, das man mit einem Auto, schönen Kleidern und dergleichen zufriedenstellt, während meine brave Schwester die eigentliche Herrin im Hause bleiben könnte!“

      „Nein, Gerhard, deine Schwester …“

      „Kannst du leugnen, daß sie dir die Gedanken an eine Verbindung zwischen Sylvia und mir in den Kopf gesetzt hat? Siehst du, du kannst es nicht. Aber daß du, — du, Valerie Gauda, dich mit so törichten Hirngespinsten hast quälen können, das geht über meinen Horizont. Sehe ich wirklich aus wie ein schüchterner Jüngling oder wie ein ganz gerissener Kunde, der der Mutter den Hof macht, um die Tochter zu gewinnen?“

      „Ich bitte dich, Gerhard, — es ist zu ernst, um …“

      „Gut, Vali, du sollst eine ernste Antwort auf deine Frage haben.“ Lennebergs Gesicht wird ruhig und beherrscht. Ein stiller, guter Ausdruck ist in seinen Augen. „Ich habe nie an Sylvia oder an sonst jemand gedacht. Denn ich liebe dich, Vali. Dich! Nicht dein jüngeres Abbild.“

      „Aber deine Schwester meinte …“

      „Margrete hat mir oft genug das verlockende Bild einer jungen, schönen künftigen Frau Lenneberg vorgemalt. Sie ist gegen meine Verbindung mit dir. Darum hat sie dir diesen Floh ins Ohr gesetzt. Zürnen will ich ihr nicht darum, denn ich verstehe ihre Beweggründe. Doch sie wird sich damit abfinden müssen, daß ich meinen eigenen Weg gehe. Zwischen uns beide, Vali, soll sich niemand drängen, deine Tochter nicht und meine Schwester auch nicht.“

      Sekundenlang kämpfen noch Zweifel in Valerie Gaudas Zügen. Fragend hängt ihr Blick an dem ruhigen offenen Gesicht Lennebergs. Dann legt sie plötzlich die Arme mit einem ganz leisen Jubelruf um seinen Hals und legt den Kopf ganz fest an seine Schulter.

      „Darf ich das als die Antwort betrachten?“

      Valerie Gauda hebt den Kopf. Da ist wieder das Unschlüssige, Ängstliche, Zurückweichende in ihren Augen. „Laß mir Zeit, Gerhard! Bedenkzeit, wie du es versprochen hast.“

      „Immer noch nicht beruhigt? Soll ich Margrete …“

      „Es ist nicht darum,“ unterbricht sie ihn rasch. „Du weißt doch, Bedenkzeit hatte ich schon von dir erbeten, bevor deine Schwester mich aufsuchte. Es ist etwas anderes, Gerhard! Die Kinder!“

      „Sylvia und Helen sind erwachsen.“

      Da ist ein mütterliches Lächeln in Valerie Gaudas Zügen, ein tiefes, rätselhaftes Lächeln. „Für mich werden sie immer Kinder bleiben. Sie brauchen mich noch. Helen, nun ja, die hat das ernste ruhige Wesen ihres Vaters. Um die ist mir nicht bang. Aber Sylvia ist mein liebes Sorgenkind! Weißt du, Gerhard, sie ist noch wenig gefestigt für das Leben.“

      „Jugend ist immer ein wenig leichtsinnig. Wir waren wohl nicht anders, Valerie. Jetzt hat Sylvia ihre geregelte Arbeit, da wird sie gewiß auch vernünftiger werden.“

      „Sie braucht eine leitende Hand,“ sagt Valerie Gauda nachdenklich. „Solange sie nicht einen Mann hat, ist es meine Pflicht, immer ganz für sie dazusein — als Mutter!“

      „Gut. Ich werde mithelfen, daß Sylvia unter die Haube kommt. Ich lasse mich als Heiratsvermittler ohne Provision und Vorschuß nieder und führe euch eine Auswahl idealer Gatten vor. Es wird nicht schwerfallen …“

      „Nun spottest du wieder, Gerhard. Verstehst du nicht, daß ich Rücksicht auf die Kinder zu nehmen habe! Ich muß an sie denken, bevor ich einen entscheidenden Schritt tue.“

      „Ich brauche dich auch, Vali,“ sagt der Mann leise.

      Ihre Hand streicht einen Augenblick liebkosend über seine breite Stirn. „Wir haben uns lieb, Gerhard. Genügt das nicht — vorläufig?“

      Gerhard Lenneberg schaut in ihre großen, ehrlichen Augen und fühlt ein stilles Geborgensein. In ihrem Blick ist ein Widerschein des großen, zeitlosen Gefühls, vor dem alle verlangende Ungeduld sich beschämt verkriecht. „Du hast recht,“ sagt er einfach. „Das ist die Hauptsache. Ich warte.“

      2.

      Es ist doch viel schwerer, als sie gedacht hat. Sylvia Gauda dreht nervös an ihrem Kelchglas und wirft von der Seite verstohlene Blicke auf das Gesicht ihres Freundes. Hernando Las Feras wendet ihr sein Profil zu, sein klassisches Profil: Hochgewölbte Stirn, kühn geschwungene Nase, energisch modelliertes Kinn. Darunter sitzt eine tadellos gebundene weiße Schleife im weißen Frackausschnitt. Ein Kavalier, ein Gentleman, wie er auszusehen hat. Es ist wirklich nicht leicht, Hernando Las Feras

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