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Die Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi. Inger Frimansson
Читать онлайн.Название Die Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi
Год выпуска 0
isbn 9788726445039
Автор произведения Inger Frimansson
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
4. KAPITEL
Beth hatte keinen Hunger. Sie schälte Kartoffeln und legte sie in den Topf, steckte sich eine Zigarette an, ehe ihr wieder einfiel, dass sie beschlossen hatten, im Haus nicht mehr zu rauchen. Sie trat auf die Eingangstreppe hinaus und blieb dort in der klaren, hellen Stille stehen. Das Sonnenlicht glänzte auf den Rispen der Gräser. Die Sonne sank und verschwand schon fast hinter den Tannenwipfeln, aber richtig dunkel würde es erst gegen Mitternacht werden. Und selbst dann würde es nur eine schummrige Dunkelheit sein, in der sich nichts verbergen ließ.
Letzte Nacht war sie aufgewacht und barfuß ins Gras hinausgegangen. Auf einmal hatte sie zwischen den jungen Birken einen Elch entdeckt. Er bewegte sich ein wenig, gab Laute von sich, ein hoch gewachsener und weidender Schatten. Sie wollte ins Haus zurückschleichen und Ulf wecken, aber im gleichen Moment fuhr ein Windhauch über das Gras, sodass sich ihr Nachthemd bauschte. Das reichte schon. Es knackte im Unterholz und anschließend war von dem Elch nichts mehr zu sehen.
Sie zog an ihrer Zigarette und sammelte den Rauch in der Mundhöhle, ehe sie ihn langsam wieder ausstieß. Eine Bachstelze trippelte bei den Himbeersträuchern vorbei. Es gab ein Nest unter dem Dachfirst und sie hatte ein Küken mit weit aufgerissenem Schnabel darin sitzen sehen. Sie machte sich ein wenig Sorgen, dass Lioness, dass die Katze es holen könnte.
»Ulf«, rief sie. Sie hörte, dass er sich im Obergeschoss bewegte.
Er öffnete das Fenster und schaute hinaus.
»Was ist denn?«
»Nichts . . . ich hatte mich nur gefragt, wo du bist.«
Sein Kopf verschwand wieder. Jetzt kam er die Treppe herunter, öffnete die Tür und trat aus dem Haus.
»Kochst du?«
»Ich habe nur ein paar Kartoffeln geschält.«
»Ich habe noch keinen Hunger.«
»Ich auch nicht.«
»Wie viel Uhr ist es?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Wir könnten nach Hause fahren«, sagte er zögernd.
»Nach Hause? Nach Hässelby?«
Er nickte.
»Warum denn? Wir haben doch noch eine ganze Woche.«
»Aber wir sind schon so lange hier.«
Er ging ein paar Schritte auf den Steinplatten. Auf einmal fand sie, dass er abgemagert war, ausgehöhlt und dass er anfing, alt zu werden. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie eines Tages allein sein würde, da Frauen im Allgemeinen länger lebten als Männer. Mit ihrer Gehhilfe würde sie über den glänzenden Fußboden des Altersheims stolpern und er, Ulf, würde schon seit langer Zeit tot sein. Am schlimmsten würde mich der Mangel an Mitgefühl treffen, dachte sie. Das ist der Lauf der Dinge, würde man ihr in dem vergeblichen Versuch zu trösten sagen. Denn sie würde nur eine unter vielen sein, eine geklonte, alte, weißhaarige Frau ohne Geschichte und Identität.
»Wir hatten doch beschlossen, noch eine Woche zu bleiben«, rief sie ihm hinterher.
Er drehte sich um und sein Blick war auf einen Punkt hinter ihr gerichtet.
»Schon gut, vergiss es, ich habe nichts gesagt.«
»Außerdem wollten wir doch morgen Mama und Papa besuchen«, fuhr sie fort. »Weißt du denn nicht mehr, dass wir das beschlossen hatten? Donnerstag, haben wir gesagt. Erinnerst du dich nicht?«
Er war schon am Gatter.
»Ich verstehe dich nicht!«, rief er.
»Wir fahren doch morgen nach Falköping.«
Beth sagte es leise, die Worte sollten ihn nicht erreichen. Sie drückte die Zigarette auf der Treppe aus und zerrieb den Zigarettenstummel, bis der kühle Tabak ihre Fingerspitzen erreichte. In der Küche holte sie zwei Gläser aus dem Schrank. Sie schenkte sich ein Glas Wein ein und kostete. Es war ein dunkler und schwerer Wein, den ihre Schwester stehen gelassen hatte. Sie sah Ulf draußen mit kurzen, ruckhaften Schritten umhergehen. Er hatte etwas Fremdes an sich, das sie ungeduldig und ängstlich machte. Deshalb musste sie die Tür wieder öffnen und ihn zu sich rufen.
Widerwillig kam er auf sie zu.
»Lass dich mal ansehen!«, sagte sie, aber ihre Stimme gefiel ihr nicht.
Sie reichte ihm das Weinglas und sie standen in der Küche und tranken.
»Ulf«, flüsterte sie plötzlich und schmiegte sich an ihn. Sein Körper wurde steif. »Ulf, sag mir, wie sehr du mich liebst!«
Daraufhin schob er sie von sich und stellte das Glas mit einer schnellen und heftigen Bewegung auf der Spüle ab.
5. KAPITEL
Sie gingen zum Kahlschlag hinauf, es war schon spät. Sie stolperte über Zweige und Wurzeln. Ulf ging neben ihr, hielt sie ab und zu fest, aber nicht mit liebevollen Händen, sondern mit den Händen eines ganz gewöhnlichen Mannes.
Und sie?
Eine ganz gewöhnliche Frau!
Silberglanz zwischen den Blaubeersträuchern, sie musste hin und nachsehen. Es war ein Fisch, ein Barsch, der noch nicht lange tot war. Sein Kopf zeigte von ihr weg und Dreck und Tannennadeln bedeckten sein Auge.
Sie war betrunken, sie waren beide sehr betrunken.
»Sieh mal«, flüsterte sie. »Sieh mal, wie seltsam! Hier gibt es doch gar kein Wasser, wie kann ein Fisch da auf dem Trockenen landen?«
Ulf war bei ihr und stubste ihn mit seinen kurzen sauberen Fingernägeln an.
»Ja, das ist wirklich merkwürdig.«
»Als wäre er vom Himmel gefallen.«
Er drehte ihn mit dem Fuß um, die Kiemen waren aufgerissen und rot. Eine Schmeißfliege summte um sie herum.
»Wo kommt er nur her?«
»Keine Ahnung«, flüsterte sie, hatte aber noch keine Angst.
Ulf nahm den Rucksack ab und holte eine verschmierte Flasche und zwei Pappbecher heraus. Es war Madeira, den sie vor vielen Jahren aus Äpfeln gekeltert hatten. Sie verwahrten ihn im Vorratskeller, tranken aber nur selten davon. Er war sämig und viel zu süß. Ulf klemmte die Flasche zwischen die Knie und zog den Korken heraus.
»Na dann, Prost!«
»Prost . . . ich komme einfach nicht über diesen Fisch weg.«
»Jetzt lass das doch!«, fuhr er sie an. »Vermutlich werden wir nie etwas über ihn erfahren. Da brauchen wir auch nicht weiter darüber zu spekulieren.«
»Was ist eigentlich los mit dir, Ulf, was ist los?«
Er fuhr herum, seine Lippen waren blass und aufgesprungen.
»Mit mir? Nichts ist mit mir.«
»Doch, ich weiß, dass da was ist, das sehe ich dir an, ich weiß es. Und ich möchte, dass du mir erzählst, was los ist . . . Im Grunde will ich es gar nicht, aber ich kann doch nicht die ganze Zeit den Kopf in den Sand stecken, du hast doch selbst gesagt, dass ich so bin, dass ich ein feiger und ängstlicher Mensch bin, der am liebsten immer vor allem davonläuft, und das will ich jetzt auch, Ulf, ich will davonlaufen, aber wenn ich dich hier so bei mir stehen sehe, wenn ich weiß, das, was du mir zu sagen hast, könnte mein ganzes Leben verändern, falls es etwas Furchtbares und Schlimmes ist . . . dann muss ich es doch trotzdem . . . wagen. Man muss doch auch mal mit gutem Beispiel vorangehen, nicht wahr?«
Sie lachte mit steifen Lippen.
Ulf hob seinen Becher an die Lippen, sie sah die Bewegungen seines Adamsapfels. Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
»Du hast Recht«, sagte er feindselig. »Es ist etwas. Und wenn du nicht so darin