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Die unsichtbare Hand. M. McDonnell Bodkin
Читать онлайн.Название Die unsichtbare Hand
Год выпуска 0
isbn 9788711462553
Автор произведения M. McDonnell Bodkin
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Nun, jedenfalls sind Sie mit Ihrer Frage bei mir vor die rechte Schmiede gekommen. Ich bin mindestens schon zwanzigmal der Geschäftsführer und Auktionator einer solchen Lotterie gewesen und könnte ohne diese Unterhaltung so eine Reise gar nicht durchmachen. Wenn man sich bei dieser Lotterie beteiligt, vergeht einem die Zeit auf See im Handumdrehen, ja fast zu schnell, darauf können Sie Ihren letzten Dollar wetten. Ich will Ihnen etwas sagen, Herr —‚
„Nur immer langsam voran —‚ unterbrach Bob Eyre den Begeisterten, ehe dieser auf seinem Steckenpferd weitersprengte. „Zuerst sagen Sie mir, was die ganze Geschichte eigentlich ist.‚
Jetzt wurde der Oberst sofort sachlich und fing an, das Spiel zu erklären.
„Haben Sie die kleine Landkarte bemerkt, die zwischen der Bibliothek und dem Rauchzimmer in der Halle des oberen Decks hängt?‚
Eyre nickte.
„Dann haben Sie wohl auch bemerkt, dass auf dieser Karte die von dem Schiff täglich zurückgelegte Strecke mit einem roten Strich auf dem blauen Meere eingezeichnet wird, und zwar mit Angabe der Meilen in deutlichen Zahlen.‚
„Und daneben ist zugleich auch die ganze letzte Reise eingezeichnet,‚ fügte Bob bei.
„Richtig, mein Junge. Ich sehe, Sie gehen mit offenen Augen durch die Welt. Haben Sie dann vielleicht auch weiter bemerkt, dass die tägliche Meilenzahl zwischen vierhundertfünfundachtzig und fünfhundertzwanzig Meilen schwankt? Der Unterschied beträgt also zwanzig bis dreissig Meilen, und es werden durchschnittlich fünfhundert Meilen zurückgelegt. Und jetzt will ich Ihnen noch sagen, wie die Lotterie gehandhabt wird. Unsrer zwanzig etwa — oft einer mehr, oft einer weniger — zahlen je ein Pfund in die Kasse. Dann werden Lose mit Nummern innerhalb eines gegebenen Spielraums — sagen wir von vierhundertneunzig bis fünfhundertzehn — in einen Hut geworfen und gezogen. Die Nummer, die dann mit der an diesem Tage zurückgelegten Meilenzahl übereinstimmt, gewinnt die Einsätze. Verstehen Sie?‚
„Ja, aber ich verstehe nicht —‚
„Nur ruhig, junger Mann! Weiss schon, was Sie sagen wollen. Vielleicht trifft keines der Lose die angegebene Fahrgeschwindigkeit. Für diesen Fall haben wir das ‚lange Feld‘, das heisst, alle Zahlen über der höchsten, und das ‚kurze Feld‘, nämlich alle Zahlen unter der niedrigsten Losnummer in jenem Hute. Aber auch das ist noch nicht alles; das beste kommt noch. Sobald die Lose gezogen sind, werden sie öffentlich versteigert. Jeder kann dann wieder auf seine eigene Nummer bieten. Ersteigert er sie selbst, dann hat er nur den halben Preis dafür in die allgemeine Kasse zu zahlen; kauft sie jedoch ein andrer, dann bekommt der Eigentümer des Loses die Hälfte des Kaufpreises, die andre Hälfte fliesst in die Kasse. ‚Das lange und das kurze Feld‘ werden gar nicht verlost, sondern sofort versteigert, und diese Versteigerung ist immer der Hauptspass, das kann ich Ihnen versichern.‚
„Ei, das ist ja ein bombenmässiges Spiel!‚ rief Bob Eyre begeistert. „Ist noch ein Platz für mich übrig?‚
„Ich will sehen, ob ich Sie noch hineinschieben kann, mein Junge. In einer halben Stunde ist die Ziehung. Siebzehn sind schon dabei. Sie geben den Achtzehnten.‚
Als Bob später, wie es die Pflicht gebot, versuchte, Fräulein Phöbe das Geheimnis zu erklären, schnitt sie ihm mitten in seiner Rede ohne weiteres das Wort ab. „Das klingt ja wie ein Scherzrätsel, und Scherzrätsel hasse ich,‚ bemerkte sie und liess ihn stehen.
Aber als sich Bob später bei der Lotterie einfand, war Fräulein Everlys Vater, der Richter Everly, auch unter den Versammelten, ja, selbst Herr Rhondel hatte sich zur Teilnahme an dem Spiele überreden lassen. Unter einem Schwall gutmütiger Witze und Neckereien, zu denen Oberst M’Clure die meisten beisteuerte, nahm die Versteigerung im Rauchzimmer einen äusserst lebhaften Verlauf.
Bob Eyre blieb dabei, es sei ein bombenmässiges Spiel, und er wurde in dieser Ansicht noch bestärkt, als er zwei Tage nachher den ganzen Inhalt der Kasse gewann, bare hundertvierunddreissig Pfund, und zwar mit der Nummer 505, die er bei der Versteigerung um elf Pfund gekauft, nachdem er seine eigene Nummer 504 um zehn Pfund wieder verkauft gehabt hatte.
Aber dieser Erfolg stieg dem guten Bob in den Kopf; er wichste der ganzen Gesellschaft, was sie nur trinken wollte, und am nächsten Tag stolzierte er mit geschwollenem Kamm auf seine Frau zu, die behaglich lesend auf Deck sass.
„Hab’ ich es dir nicht gesagt, Kitty?‚ krähte er. „Dass ich es mit diesen Schlauköpfen wohl aufnehmen und sie bei ihrem eigenen Spiel schlagen könnte, das war mir von Anfang an klar. Ein bisschen Kopfarbeit, das ist alles, weiter braucht’s nicht. Ich gab genau auf Wind und Wetter acht und habe dann gleich beim ersten Versuch ganz aus eigener Weisheit die richtige Zahl getroffen. Das war ein guter Schuss, nicht wahr, Kleine, und da hast du deinen Anteil vom Gewinn.‚ Damit goss er einen hellklingenden Strom goldener Münzen in Kittys Schoss.
„Wenn du es jetzt nur dabei bewenden liessest, Bob; mir ist gar nicht wohl bei der Sache.‚
„Ach was, die Angst brachte die Katze um, heisst es, oder war es die Sorge? Na, es ist auch gleichgültig, was schuld daran war — jedenfalls soll keins von beiden meinem Mäuschen etwas anhaben. Verlass dich nur auf deinen Gatten, er steuert dich sicher durch. Ich wollte nur, ich könnte die Herren dazu bringen, etwas höhere Einsätze zu machen. Solch kleine Würfe machen mir keinen Spass.‚
Am selben Abend noch — das Schiff war jetzt nur noch eine Tagesreise von Queenstown entfernt, wurde Bob Eyres Wunsch erfüllt. Der Dampfer war in der letzten Zeit sehr rasch gefahren, durchschnittlich fünfhundertfünfzehn Meilen am Tag, und es erregte deshalb allgemeines Erstaunen, als Oberst M’Clure, der meistens das ganze Spiel leitete, dieses Mal die Nummern für die Lotterie von 485 bis 510 bestimmte.
„Da muss ja aber das ‚lange Feld‘ unbedingt gewinnen,‚ widersprach einer der Beteiligten.
„Glauben Sie das nur nicht,‚ entgegnete der Oberst. „Immer kann das schöne Wetter auch nicht anhalten. Ich habe die Überfahrt schon öfter als Sie gemacht, mein lieber Junge. In der Nähe des armen jammervollen Landes gibt es meist stürmisches Wetter. Und ich habe gute Lust, es heute mit dem ‚kurzen Feld‘ zu probieren, das versichere ich Ihnen.‚
Aber die Mehrzahl der Mitspielenden dachte anders. Der Himmel war wolkenlos, das Schiff hatte Mitwind und das Wetterglas stieg.
„Ich hätte eigentlich Lust, fünfundzwanzig Pfund auf eine Geschwindigkeit von fünfhundertzwanzig Meilen zu wetten,‚ sagte ein blasierter Jüngling in einem grauen Flanellanzug.
„Gilt!‚ rief der Oberst so bestimmt, dass der blasierte junge Mann ganz verdutzt dreinschaute und allen Widerspruch aufgab.
Doch jetzt zeigte sich Oberst M’Clure plötzlich recht eigensinnig. Der Widerspruch schien ihn gereizt zu haben, und die Unterhaltung war schon etwas hitzig geworden, als sich der Richter Everly um des lieben Friedens willen auf des Obersten Seite stellte.
„Die Pfefferbüchsen zugemacht, meine Herren,‚ sagte er. „Lassen Sie doch dem Oberst freie Hand. Das ist doch Jacke wie Hose. Bei der Versteigerung kann ja doch jeder nach eigenem Ermessen handeln, und wenn das ‚lange Feld‘ ohne weiteres gewinnt, hat der Oberst jedenfalls die Lacher nicht auf seiner Seite.‚
Diesen Worten schloss sich Bob Eyre sogleich an, und so setzte der Oberst seinen Willen durch.
„Ich weiss zwar ganz bestimmt, dass der Oberst unrecht hatte,‚ vertraute Bob seiner Kitty an. „Aber meine Sache war es nicht, ihm das zu sagen, und jedenfalls habe ich das ‚lange Feld‘, das mit tödlicher Sicherheit gewinnt, fest im Auge behalten.‚
An diesem Abend herrschte im Rauchzimmer bei der Versteigerung der Lose grosse Aufregung. Der Oberst schwang als Versteigerer eine mächtige Pfeife. Er machte bessere Witze als je, und seine gutmütigen Neckereien wirkten allmählich auf die fieberhafte Erregung der Spieler, wie Öl auf eine