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war ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Wie der Wind, hatte Zip gedacht - wie der Wind in den Kronen der Buchen.

      Es war so still wie in einer Geisterwelt. Sie waren wie Gespenster, die starren Gestalten um ihn herum. Er starrte sie ergriffen an, denn sie war ein Gegensatz zu all dem Anderen um ihn herum. All diese machtvollen Wesen aus seiner Welt, die bei ihrem fast unhörbaren Flüstern verblaßten. " Du bist durch ein Gebot deiner Ehrwürdigen Mutter hierhergeholt worden," flüsterte sie." Du bist unter tausenden deiner Art sorgfältig ausgewählt worden." Sie schwieg einen Augenblick und studierte die junge Wespe unten vor der Erhöhung." Du mußt wissen, daß es eine Ehre ist, der Auserwählte zu sein."

      Zip trippelte nervös auf der Stelle. Er wollte gerne etwas zu ihr sagen, aber die Worte blieben in seiner Kehle und wollten nicht hervorkommen.

      " Du hast Anspruch auf unseren größten Respekt," sagte sie und nickte ruhig zu ihm hinunter.

      Zip nahm allen Mut zusammen. Er schaffte es, hervorzustammeln, daß er wünsche einen Gruß von der Ehrwürdigen Mutter in Akorn zu überbringen. Als sie nicht protestierte, tanzte er vor ihr den Frühjahrstanz der Wespen. Sie sahen zu, alle Schatten im Kreis um ihn herum, aber er bemerkte sie kaum. Er tanzte für sie und ihr zu Ehren.

      " Das war eine schöne Geste," sagte sie freundlich, als er schließlich fertig war. " Wir haben gerade dich aus mehreren, verschiedenen Gründen auserwählt. Der wesentlichste ist, daß du ergeben bist. Als solcher hast du viel Respekt um dich verbreitet und die Aufmerksamkeit der führenden Kräfte dieses Reiches auf dich gezogen. Wir haben eine Aufgabe für dich, die wir dich eindringlich bitten, anzunehmen, zum gemeinsamen Nutzen von uns allen."

      Als sie schwieg und ihn fragend ansah, fühlte er, daß er etwas bekräftigendes sagen mußte. Seine schnarrende Wespenstimme bebte vor Stolz, als er sagte: " Natürlich, Euer Gnaden. Kein Wunsch steht höher in meinem Herzen, als Ihnen und der Gemeinschaft zu dienen."

      " Also," flüsterte sie. " So sei es denn." Ein dunkler Schatten bewegte sich über den Boden hinter ihm, in Richtung auf die Erhöhung.

      " Aber, was ist es, das ich tun soll?" dachte Zip verwirrt.

      " Wenn ich die Erlaubnis bekommen könnte," brach eine grobe Stimme ein. Die Verzauberung war gebrochen. Sie waren nicht mehr allein, die Wespe und Königin Sol.

      Die Libelle Ganj türmte sich vor ihm auf. Er nickte ehrerbietig zu ihr hinauf, woraufhin er sich an die übrigen Anwesenden mit den Worten wandte:" Wir haben beschlossen, Zip, von Akorns und der Ehrwürdigen Mutters Gnaden, zum Kapitän der Wespenflotte zu ernennen. Er wird den Rang eines Kapitäns tragen. Er wird mir direkt Bericht erstatten, da ich der Oberbefehlshaber aller bewaffneten Stärken bin." Es entstand eine kurze Pause. Zip fühlte eine ganz schwache Unruhe um sich.

      " Derjenige, welcher etwas gegen diese Ernennung einzuwenden hat, kann es jetzt vorbringen, in Bezug auf die demokratischen Gesetze der Gemeinschaft."

      Es herrschte Stille. Eine Stille wie in Akorn im Winter.

      " Mir scheint, es ist ein kluger und weitsichtiger Beschluß," sagte der Maikäfer Oldan und trat in die Mitte des Kreises. " Darf ich Euer Gnaden für diese vorzügliche Wahl rühmen." Oldan nickte gemessen zur Bühne hinauf.

      Die Führerin der Spinnen, Ogan, stand da und trippelte auf der Stelle. Sie wirkte, als wäre sie außer sich, aber als Ganj ihr einen Blick zuwarf wurde sie ruhig. Alle bemerkten es, aber keiner gab seinen Kommentar dazu ab - es war eine wohlgeordnete Welt.

      " Ich werde mein Bestes tun," sagte Zip mit belegter Stimme.

      " Das wissen wir, Kapitän Zip," sagte Ganj trocken. " Das wissen wir..."

      " Es gehen in diesem Reich viele Gerüchte um," sagte Ganj. Seine Stimme dröhnte hohl unter den Gewölben. Er sprach jetzt gedämpft, obwohl sie allein waren.

      " Ich höre nie hin..." begann Zip.

      " Unterbrich mich nicht," sagte Ganj hart. " Du sollst mir in allem und jedem treu sein. Alles, was du hörst, sollst du mir berichten - nie anderen, verstehst du das?"

      Zip nickte.

      " Nur so können wir diese freie Welt schützen."

      Zip nickte wieder.

      " Ich weiß über alles wesentliche in diesem Reich Bescheid, und deine Treue werde ich zu belohnen wissen." Er studierte die Wespe einen Augenblick. " Aber erst mußt du zeigen, was du wert bist."

      " Ich werde Sie nicht enttäuschen!" antwortete Zip prompt.

      " Königin Sol ist eine weise und gute Königin. Du sollst dein Leben ihrem Schutz weihen," setzte Ganj fort. " Vor bösen Gerüchten sollst du sie schonen, denn sie ist genauso zerbrechlich, wie sie weise ist. Darum darfst du nie zu ihr gehen, bevor du dich nicht mit mir beratschlagt hast. Verstehst du das?" " Ja," flüsterte Zip, " das verstehe ich alles."

      Ganj sah ihn einen Augenblick nachdenklich an. " Du wirst ein guter Führer der Wespenflotte werden," sagte er zum Schluß. " Es wird dir nicht wie deinem Vorgänger ergehen..."

      " Was geschah mit ihm?" schoß es aus Zips Mund.

      " Ihm geschah ein Unglück, ach ja," flüsterte Ganj. " Aber er war jung und eifrig und ganz verirrt, und einfach nicht im Besitz deiner Besonnenheit und Vernunft." Er sprach langsam und schleppend.

      " Ich werde mein Bestes tun," sagte Zip wieder.

      Ganj blieb allein mitten unter den Gewölben zurück, und sah der Wespe nach, die auf den Tunnel zukrabbelte. " Er war eine gute Wahl," dachte er bei sich selbst. " Eine ganz kluge Wahl, wenn ich es selbst sagen soll. Ich darf nicht vergessen, meinen Dank der Ehrwürdigen Mutter von Akorn zu überbringen."

      5. Kapitel

       Kapitän Zip war nicht blind dafür,daß die Aktionen hinter den Grenzen zu Orsk und Erzürüm das Kampfbataillion der Wespenflotte im Training hielten. Und solange die Notwendigkeit dieser Aktionen einleuchtend waren, drückte er keinen Zweifel an den Befehlen aus, die er bekam.

       Auszug aus Spys Erinnerungen aus der Zeit der Gemeinschaft.

      " Wir können auf diese Weise nicht weitermachen," summte die Biene erregt. " Wir schuften und rackern uns für die Gemeinschaft ab, aber wenn wir um Hilfe bitten, geschieht nicht das mindeste. Es ist nicht das erste Mal, daß wir uns hierhinwenden - und was ist dabei herausgekommen?"

      " Öh..." murmelte Zip.

      " Das werde ich dir sagen," rief die Biene. " Nichts! Überhaupt gar nichts!"

      " Ich bin neu hier," erklärte Zip. " Ich habe keine Ahnung..."

      " Du hast keine Ahnung, du hast keine Ahnung... Jetzt werde ich dir etwas sagen. Wenn man wünscht, daß wir weitermachen sollen, muß die Sorge für unseren Teil des Vorrates für den Winter jetzt beginnen, brauchen wir Schutz. Sonst werden die Vorräte nicht reichen, und dann werden viele sterben!"

      " Soll man das als Drohung auffassen?" Es war Ganjs Stimme, die ihnen aus dem Schatten unter einem Blatt entgegenpolterte. Die Libelle krabbelte beschwerlich ans Licht.

      " Es ist auf jeden Fall die Wahrheit," sagte die Biene in sanfterem Tonfall. " Unsere Mutter bat uns zu grüßen und zu sagen, daß sie und ihre Individuen Anspruch auf Hilfe und Unterstützung haben. Und sie sagt, daß nach den Gesetzen der Gemeinschaft..."

      " Ich kenne die Gesetze der Gemeinschaft gut!" unterbrach Ganj. Sie betrachteten einander einen Augenblick. " Du kannst deiner Mutter mitteilen, daß Kapitän Zip von Wespenflottens Gnaden umgehend Schritte unternehmen wird um diese Herausforderung zu lösen. Erzähl ihr, daß es keine Probleme für die bewaffneten Stärken der Gemeinschaft gibt - es gibt höchstens Herausforderungen."

      " Das werde ich überbringen..." seufzte die Biene widerwillig.

      " Und jetzt verschwinde!" keifte Ganj.

      Sie starrten der Biene nach, die sich ungeschickt über die Büsche hob und verschwand. Ganj drehte sich um und beobachtete

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