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ihre eigenen Vorstellungen von politischer Herrschaft effektiv einbringen und für sie eintreten können. Diese politischen und Bürgerrechte mögen – und ich glaube, sie sollten – Rechte auf ein bestimmtes Prinzip von Verteilungsgerechtigkeit beinhalten, ohne die der politische Diskurs verzerrt oder politische Partizipation gänzlich unmöglich werden würde. Allerdings haben Menschen kein Recht darauf, Mitglied derjenigen politischen Gesellschaft zu werden, die ihnen am meisten zusagt, jedenfalls nicht im Rahmen meiner Argumentation. Individuen mögen ein Recht auf Einwanderung erwerben, sofern diese für die Gewährleistung ihrer Menschenrechte notwendig ist, doch diese Menschenrechte selbst beinhalten nicht das Recht, in ein Land der eigenen Wahl zu migrieren.

      Dieser Ansatz mag nun eher konservativ erscheinen, denn die Verteidigung eines Rechts auf Ausschluss scheint zugleich auch all die verschiedenen Formen der Zurückweisung von Migrantinnen zu verteidigen, die derzeit von Staaten angewendet werden. Das wäre allerdings ein Fehlschluss. Der Zweck meiner Argumentation besteht nicht einfach in der Rechtfertigung jedweder Form von Ausschluss, sondern darin, zu untersuchen, welchen Einschränkungen ein Recht auf Ausschluss selbst dann unterliegt, wenn ich davon ausgehe, es bestmöglich verteidigt zu haben. Wenn ich überhaupt etwas bezwecken will, dann, dass dieses Buch die globale Wirklichkeit der Migrationspolitik infrage stellt. Gegenwärtig haben wir bereits offene Grenzen – für bestimmte Personen. Wohlhabende Einwohner entwickelter Länder – besonders diejenigen mit finanzieller oder unternehmerischer Macht oder wertvollen, seltenen Formen von Humankapital – können sich mehr oder weniger frei diejenige Gesellschaft aussuchen, in der sie leben wollen. Die am stärksten marginalisierten Personen, diejenigen also, die in repressiven Regimen oder in schlimmer Armut leben, sind den strengsten und rauesten Formen von Grenzkontrollen ausgesetzt. Sollte das, was ich in diesem Buch schreibe, zutreffen, haben wir gute Gründe, diese Wirklichkeit in ihr Gegenteil zu verkehren. Die Menschen mit dem stärksten moralischen Recht auf Migration sind demnach genau diejenigen, deren sonstige Rechte am schlechtesten verteidigt werden. Auf der anderen Seite sind diejenigen Personen, die meinen Überlegungen zufolge am ehesten ausgeschlossen werden könnten, gegenwärtig genau diejenigen, die kaum ausgeschlossen werden. Es müssen folglich nicht direkt offene Grenzen verteidigt werden, um eine kritische Perspektive auf die derzeitig wirksamen Formen von Grenzkontrollen zu eröffnen. Ich hoffe daher, dass meine Gedanken Anklang finden – sowohl unter meinen Kolleginnen, von denen einige für ein Recht auf Ausschluss argumentieren, als auch unter meinen Mitbürgerinnen, von denen fast alle ein solches Recht auf Ausschluss verteidigen. Kurz gesagt: Denjenigen, die nicht für ein Menschenrecht auf Migration eintreten, möchte ich Gründe dafür präsentieren, dass ein Recht auf Ausschluss stärker eingeschränkt sein könnte, als es auf den ersten Blick erscheint – und dass ein solches Recht höchstens den Beginn unserer moralischen Analyse darstellen kann, nicht ihren Endpunkt.

      Selbstverständlich handelt es sich bei all dem bloß um eine andere Art des Ausdrucks meiner Erwartung, dass niemand viel von dem halten wird, was ich im Folgenden sagen werde. Diejenigen Akademiker, die ein Recht auf Ausschluss verteidigen, werden die von mir vorgebrachten Grenzen dieses Rechts ablehnen. Diejenigen, die sich für ein Recht auf Migration aussprechen, werden es ablehnen, dass ich überhaupt irgendeine Art von Ausschluss verteidige. Der gegenwärtige politische Diskurs rund um das Thema Migration ist zudem mittlerweile so vergiftet, dass er an frühere – und schrecklichere – Debatten über Migration und Zugehörigkeit erinnert. Die momentane Atmosphäre tendiert dazu, radikale Positionen zu belohnen und moderaten Perspektiven zu misstrauen. (Es ist nun allerdings auch nicht so, als ob eine moderate Haltung jemals, selbst zu besten Zeiten, viele Freunde gehabt hätte. Wie Jim Hightower bemerkt, gibt es in der Mitte der Straße bloß gelbe Streifen und tote Gürteltiere.)41 Und schließlich hat die Philosophie ein wenig den Ruf, eine Disziplin feindseliger Grausamkeit zu sein – und offen gesagt ist dieser Ruf wohlverdient. Ein Buch über die Moral der Migration kann daher energische, um nicht zu sagen wütende, Reaktionen erwarten – falls der Autor überhaupt das Glück hat, nicht ignoriert zu werden. Um diese Kritik, auf eine zugegebenermaßen recht unwirksame Art, abzuwenden, möchte ich an dieser Stelle noch bemerken, dass mich all die Menschen, mit denen ich in diesem Buch nicht übereinstimme, bedeutende Dinge über Migration und Philosophie gelehrt haben. Ich hätte meinen eigenen Ansatz letztlich nicht ohne die Auseinandersetzung mit ihren Argumenten entwickeln können. Allerdings ändert das selbstverständlich nichts an der Tatsache, dass ich mit diesen Denkerinnen uneins bin – und es wird im Folgenden meine Aufgabe sein, diese Uneinigkeit zu erläutern.

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       Gerechtigkeit und die Ausgeschlossenen, Teil 1: Offene Grenzen

      Unsere öffentliche Debatte über Migration ist zunächst einmal eine Debatte über Ethik. Der Gedanke, dass bestimmte Formen der Migration ungerecht, also unfair, sind, zieht sich als roter Faden durch den jüngeren politischen Diskurs. Um ein prominentes Beispiel zu nennen: Der Wahlkampf Donald Trumps im Jahr 2016 begann mit seiner Behauptung, dass unter den mexikanischen Immigranten Vergewaltiger, Drogenschmuggler und ganz allgemein „bad hombres“ seien.1 Sein zentrales Wahlkampfversprechen – die Errichtung einer von Mexiko bezahlten Mauer entlang der Grenze zwischen den USA und ihrem südlichen Nachbarstaat – wurde mitunter mit der Behauptung gerechtfertigt, dass die mexikanischen Einwanderer auf unfaire Weise die Arbeitsplätze amerikanischer Arbeitnehmer klauen würden. Trumps Antrittsrede verdeutlichte diesen moralischen Unterton:

      „Von diesem Moment an heißt es America First. Jede Entscheidung über Handel, Steuern, Einwanderung oder Außenpolitik wird zum Vorteil amerikanischer Arbeiter und Familien getroffen. Wir müssen unsere Grenzen vor den Verwüstungen durch andere Länder schützen, die unsere Produkte herstellen, unsere Unternehmen klauen und unsere Arbeitsplätze zerstören. […] Wir werden uns unsere Arbeitsplätze zurückholen. Wir werden uns unsere Grenzen zurückholen. Wir werden uns unseren Wohlstand zurückholen.“2

      Trumps Analyse ist in ihrem Kern moralisch: Die derzeitige globale Ordnung ist unfair. Es ist unfair, dass Immigrantinnen die Arbeitsplätze und den Wohlstand der derzeitigen Einwohner der Vereinigten Staaten an sich nehmen dürfen. Ich denke, dass Trumps Idee von Eigentum am besten als eine bestimmte Form moralischen Anspruchs interpretiert werden kann: Diese Arbeitsplätze und dieser Wohlstand sind berechtigterweise das Eigentum der amerikanischen Bürger. Trump gewann die Präsidentschaftswahlen teilweise auch dadurch, dass er Hillary Clinton als „globalist“ darstellte, die aufgrund mangelnder Liebe zu Amerika dazu bereit war, diese gegenüber den Amerikanerinnen unfairen Verhältnisse zu billigen. Ob wir uns nun angesprochen fühlen von solch einem Populismus oder nicht – und es sollte deutlich werden, dass dies in meinem Falle nicht zutrifft –, so stellt er doch eine bestimmte Vorstellung davon dar, wie Gerechtigkeit in Bezug auf Migration hergestellt werden könnte: Die Vereinigten Staaten müssen ungebetene Immigrantinnen ausschließen, denn alles andere wäre unfair.

      Wie diese Position beruht auch die Perspektive der Gegenseite auf einer bestimmten Vorstellung von Gerechtigkeit. Große Teile des politischen Widerstands gegen die Politik der Trump-Administration fußen auf dem Gedanken, dass bestimmte Maßnahmen zur Durchsetzung der Migrationspolitik unfair sind. Der rhetorische Slogan Kein Mensch ist illegal verweist beispielsweise darauf, dass bereits die Sprache, mit der wir Personen ohne Aufenthaltspapiere bezeichnen, ausgrenzend und entmenschlichend und somit unfair sein kann.3 Auch auf einer praktischeren Ebene hat die Linke in den USA ihren Widerstand gegen bestimmte Methoden und Zwecke des Ausschlusses unter Verweis auf moralische Gründe gerechtfertigt. Sowohl Bürgerinnen als auch Bundesstaaten haben sich in rechtlichen Auseinandersetzungen gegen den sogenannten travel ban, das Einreiseverbot der Trump-Administration engagiert, dessen Zweck es war, die Migration aus bestimmen Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit zu unterbinden. Ein gegen dieses Verbot gerichteter Brief argumentierte, dass es sich hierbei um Diskriminierung und somit um unfaire Maßnahmen handele.4 Die wiederauflebende Sanctuary-Bewegung5 vertrat die Meinung, dass Städte und Individuen den mit Abschiebungen beauftragten Beamten der Immigration and Customs Enforcement (ICE) die Unterstützung verweigern sollten, andernfalls würden sie sich, so ein Gründer der Bewegung, „der Ungerechtigkeit mitschuldig“ machen.6 Darüber hinaus haben undokumentierte Amerikanerinnen begonnen, zu argumentieren, dass der Status als Undokumentierte

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