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      Denise war auch beim Frühstück am nächsten Morgen noch nervös und unkonzentriert.

      Alexander von Schoenecker beobachtete seine hübsche Frau besorgt. Nachdem Nick und Henrik sich verabschiedet hatten und den Schulweg antraten, stellte er sich hinter den Stuhl seiner Lebensgefährtin und legte liebevoll den Arm um ihre Schultern.

      »Ich verstehe dich sehr gut«, raunte er dicht an ihrem Ohr. »Doch es wird ja nichts anders, wenn du traurig bist. Gegen das Schicksal sind wir machtlos, Denise. Das haben wir auch schon so oft erfahren.«

      Denise lehnte sich etwas zurück. »Das Schlimmste ist, dass ich den Kindern sagen muss, was passiert ist. Ich muss ihnen alle Hoffnung nehmen, muss sie schrecklich enttäuschen.«

      »Ich würde dir diese traurige Pflicht sehr gern abnehmen, Denise. Aber wir wissen doch alle, dass niemand so gut mit Kindern umgehen kann, wie du.«

      Alexander beugte sich hinab und hauchte einen zärtlichen Kuss auf die Wange seiner Frau.

      »Du bist so gut zu mir«, flüsterte Denise und griff nach der Hand ihres Mannes. Wie haltsuchend klammerten sich ihre Finger an dessen Hand. »Ohne dich hätte ich oft nicht die Kraft, trotz der vielen traurigen Schicksale, fröhlich zu sein. So fröhlich, wie es Kinder erwarten.«

      »Du bist wundervoll, Denise. Ich möchte es dir immer wieder sagen, jeden Tag. Du bist nicht nur schön und klug, du bist so charmant und gütig, wie ich es noch nie bei jemandem erlebt habe.«

      »Schmeichler!« Denise gab der Hand, die über ihre Schulter griff, einen kleinen Klaps.

      »Es ist keine Übertreibung«, wehrte sich Alexander. Seine Stimme hatte einen weichen dunklen Ton. »Ich liebe dich, Denise«, gestand er leise.

      Die dunkelhaarige Frau mit den samtig glänzenden, ausdrucksvollen Augen hörte diese Worte oft. Und doch waren sie immer wieder neu, immer wieder erregend für sie.

      Lächelnd wandte sie sich nun zu ihrem Mann um, sah liebevoll zu ihm hoch. »Du schenkst mir so viel Glück, Liebster. Jeder Tag mit dir ist schön, auch wenn er Leid bringt.«

      Alexander von Schoenecker griff nach Denises zarten Händen. Sanft zog er die schmale Gestalt hoch und schloss sie zärtlich in die Arme. »Von dir geliebt zu werden, Denise, ist das Schönste, das Höchste, das es auf dieser Welt geben kann. Mein ganzes Leben lang werde ich dir dankbar dafür sein.«

      Sehr zart, sehr behutsam legten sich die Lippen des Mannes auf Denises reizvollen Mund. Sein Kuss war sanft und doch von einer beglückenden Innigkeit.

      *

      Knapp eine Stunde später ging Denise von Schoenecker mit den Ertel-Kindern durch den herbstlichen Park von Sophienlust. Der Morgen war sonnig, aber kühl. Von der alten Rotbuche segelten lautlos einige Blätter zu Boden. Das bunte Laub auf den Wegen raschelte bei jedem Schritt.

      Denise fröstelte. Rasch schloss sie die beiden obersten Knöpfe ihrer Nappalederjacke. Torsten und Tanja hüpften unbekümmert neben ihr her. Sie genossen es, mit der von allen Kindern geliebten »Tante Isi« allein einen Spaziergang machen zu dürfen. Noch ahnten sie nicht, wie traurig der Anlass dazu war.

      Zutraulich fasste Torsten nach Denises Hand. Seine grauen Augen sahen fragend zu ihr empor. »Warum muss ich heute nicht zur Schule, wie die anderen Kinder?«, fragte er ohne Misstrauen.

      »Weil ich mit euch reden wollte«, antwortete die charmante Frau bedrückt. »Es ist gestern etwas sehr Schlimmes geschehen. Etwas, was euch betrifft.«

      »Haben wir etwas angestellt?«, erkundigte sich Torsten ein bisschen schuldbewusst. »Vielleicht weil ich Pünktchen mit der Wasserpistole nassgespritzt habe?« Treuherzig blinzelte er Denise an.

      Denise schüttelte leicht den Kopf. »Ihr wisst doch, dass eure Eltern ihre Reise mit dem Flugzeug angetreten haben.« Die Stimme gehorchte ihr nicht richtig. Doch noch merkten die Kinder nichts davon.

      »Es war eine ganz große Maschine. Wir haben sie auf Fotos gesehen.« Tanjas blonde Zöpfchen schaukelten lustig.

      Es fiel Denise unglaublich schwer, die Heiterkeit der Kinder zu zerstören. Doch es ging nicht anders. Sie musste Tanja und Torsten informieren.

      »Leider war dieses Flugzeug nicht ganz in Ordnung. Es ist kurz nach dem Start abgestürzt.«

      Torsten blieb ruckartig stehen. Seine großen Kinderaugen wurden kugelrund. »Abgestürzt?«, wiederholte er ungläubig. »So ein modernes Flugzeug kann doch nicht …«

      »Bis auf einen alten Mann sind alle Passagiere ums Leben gekommen«, gab Denise die traurige Nachricht weiter, die sie noch am Tag zuvor von der Fluggesellschaft erhalten hatte. Zugleich blieb sie neben Torsten stehen.

      Tanja, die einige Schritte vorausgehüpft war, kam zurückgelaufen. Sie hatte die letzten Worte genau verstanden und begriff sofort, um was es ging. Ihr hübsches kleines Gesichtchen wurde erschreckend ernst. Die lustigen Zöpfchen baumelten nicht mehr, sondern hingen jetzt schlaff bis zur Schulter herab.

      »Und Mami und Papi?«, erkundigte sich die Kleine ängstlich.

      »Sie sind ganz in Ordnung, nicht wahr, Tante Isi?« Eine flehende Bitte war in Torstens Blick.

      »Ich würde das ja so gern bestätigen, aber leider kann ich es nicht.« Denises Stimme klang weich und mütterlich. »Was ist mit Mami und Papi?« Torstens warme Händchen krampften sich fe­ster um Denises Finger.

      Die jugendliche Frau führte die Kleinen behutsam zu einer nahen Parkbank.

      »Eure Eltern werden euch nicht abholen können.« Denise zwang sich, die Kinder anzusehen. Deren ängstlich forschende Blicke ließen sie das Unglück noch deutlicher empfinden.

      »Warum?«, piepste Tanja sofort.

      »Weil sie eine Reise angetreten haben, von der sie nicht zurückkommen können. Eine Reise zum lieben Gott.«

      Torsten zog die runde Kinderstirn in viele Falten. Trotzig ließ er die Unterlippe hängen. »Das glaube ich nicht«, stieß er keuchend hervor.

      Um Tanjas Mund zuckte es verräterisch. »Zum lieben Gott kommt doch nur der, der gestorben ist.«

      Denise von Schoenecker legte zärtlich die Arme um die beiden Kinder. Sanft, fast unmerklich zog sie Tanja an sich.

      »Eure Eltern sind bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen«, bestätigte sie leise.

      »Das ist nicht wahr!« Torsten nahm eine drohende Haltung ein. »Das kann gar nicht wahr sein. Mami und Papi sind jung und gesund.«

      »Leider ist ein Irrtum ausgeschlossen. Ich hatte auch Hoffnung, dass man sich getäuscht haben könnte. Aber inzwischen hat man alles noch einmal überprüft. Es gibt nur einen einzigen Überlebenden.«

      Tanja bekam vor Schreck das Mündchen nicht mehr zu. Sie verstand nicht alles, was Tante Isi eben sagte, aber sie begriff, dass sie die geliebten Eltern nie mehr sehen würde. Enttäuschung und Schmerz brachen über sie herein. Die blauen Kinderaugen füllten sich mit Tränen.

      Torsten reagierte anders. Es war, als wollte er um sein Glück kämpfen. Er ballte beide Hände zu Fäusten. Einen Augenblick lang sah es aus, als wollte er damit auf Denise losgehen.

      »Ich glaub das nicht!«, schrie er erregt. »Die Leute am Telefon haben gelogen.« Seine Stimme überschlug sich fast.

      »Wie schön wäre das«, seufzte Denise und strich der kleinen Tanja über das blonde Haar. Durch einen tragischen Unglücksfall waren diese beiden Kinder über Nacht zu Waisen geworden.

      »Mami«, schluchzte Tanja und schmiegte sich schutzsuchend an Denise. »Mami, liebe, gute Mami!« Tanja empfand wohl unbewusst, dass das Glück ihrer Kinderzeit verloren war, dass die Mutti sie nie mehr zärtlich in die Arme schließen würde, dass sie nie mehr sanft und liebevoll ihre Bäckchen streicheln würde.

      »Deine Mami ist dir immer nahe, auch wenn du sie nicht sehen kannst. Und sie möchte nicht, dass du traurig bist, Tanja«, versuchte

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