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vermutete Parker.

      »Genau den meine ich, Mister Parker, das sagte ich doch auch, dieser Apfelschütze aus Schottland«, stellte sie entschieden fest.

      »Die Schweiz ist in der Tat nicht allzuweit entfernt, Mylady«, zeigte sich Parker großzügig, »und daß sich Mister Teil seinerzeit nicht direkt in Schottland aufhielt, ist sicher nur auf die damals beklagenswert schlechten Verkehrsverbindungen zurückzuführen.«

      »Keine Einzelheiten, Mister Parker, Sie wissen, die langweilen mich nur.« Die ältere Dame winkte ebenso energisch wie gelangweilt ab und begab sich zur Wendeltreppe, die nach oben zu ihren privaten Räumen führte.

      »Ich ziehe mich nur kurz um, Mister Parker, schließlich muß alles seinen Stil haben«, verkündete sie. »Bereiten Sie inzwischen den Apfelschuß vor«, ordnete sie an und schwebte hoheitsvoll wie eine regierende Monarchin nach oben.

      »Moment mal, was meint die Al... äh, will sagen, die Lady damit?« erkundigte sich Brother Tuck II. nervös, während er der entschwindenden Dame des Hauses nachsah. »Was hat sie vor, verdammt noch mal?«

      »Mylady äußerte ihre Absicht bereits sehr deutlich«, gab Parker gemessen zurück. »Mylady wünscht, einen Apfel vom Kopf zu schießen, und zwar wie weiland Mister Teil mit seiner Armbrust.«

      »Ha, hören Sie mal... und von wessen Kopf?« japste Brother Tuck II.

      »Dies dürfte Mylady noch kurzfristig entscheiden«, vermutete Parker. »Einem von Ihnen wird – mit Verlaub – diese Ehre zukommen.«

      »Sind Sie verrückt? Die Alte bringt uns doch um!« empörte sich der Zerlumpte und wich unwillkürlich einen Schritt zurück.

      »Nicht unbedingt«, widersprach der Butler höflich. »Mylady übt sich zum Beispiel mehr oder weniger regelmäßig in der Kunst des Bogenschießens.«

      »Und mit welchem Erfolg?«

      »Die Ergebnisse zeitigen eine Besserung«, wußte Parker zu berichten. »Der Tag, an dem Mylady zum ersten Mal ins Ziel treffen wird, ist durchaus abzusehen.«

      *

      »Die Alte ist doch nicht ganz klar im Kopf«, beschwerte sich Brother Tuck Nr. II, »die hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank, wenn ihr mich fragt.«

      »Dabei sollte das ’ne ganz einfache Sache sein«, ließ sich der Zerlumpte vernehmen. »Steve hat uns da einfach ohne Vorwarnung losgeschickt, obwohl er mit Sicherheit gewußt hat, daß das kein Spaziergang wird, wie er uns vorgemacht hat.«

      »Dafür werde ich ihn zur Brust nehmen, das verspreche ich euch«, tönte Robin Hood Nr. II, »aber erst mal müssen wir hier raus.«

      Das Gespräch der neuen Gäste fand in einem weiteren der unterirdisch gelegenen Appartements statt und wurde von einer Audio/Video-Anlage übertragen. Vor einem Monitor in der Halle des altehrwürdigen Fachwerkhauses standen Parker, Mike Rander und Kathy Porter und verfolgten interessiert die Unterhaltung der drei.

      »Nur gut, daß Mylady das Gespräch nicht mitverfolgt hat«, schmunzelte Mike Rander. »Die drei würden sonst einige unangenehme Erfahrungen machen müssen nach diesen Komplimenten, die sie Mylady gewidmet haben.«

      »Sie stehen ihnen auch so bevor«, vermutete Kathy Porter. »Ich glaube nicht, daß sie die Nerven haben, um Myladys Schauspiel mit dem Apfelschuß unbeschadet zu überstehen.

      Wieso gibt es jetzt plötzlich diese Leute in doppelter Ausführung, Mister Parker?« fuhr sie fort. »Können Sie sich einen Reim darauf machen?«

      »Man sollte davon ausgehen, Mylady, daß die im Restaurant vereinnahmten Gäste von kriminellen Elementen ausgenutzt wurden. Der zweite Darsteller-Trupp der Robin Hood-Bande dürfte aus Gangstern bestehen, deren Aufgabe es ist, die ahnungslosen und gutgläubigen Hauptdarsteller zu überwachen und gegebenenfalls aus dem Verkehr zu ziehen, wenn dies die Situation erfordert.«

      »Sie meinen wirklich, es gibt Leute, die naiv genug sind, diesen Mummenschanz aufzuziehen, um angeblich Bedürftigen helfen zu können?« schaltete sich Mike Rander ein und schüttelte ungläubig den Kopf.

      »Die Erfahrung lehrt, daß nichts unmöglich ist, Sir«, bemerkte Parker gemessen. »Meine bescheidene Wenigkeit denkt in diesem Zusammenhang an sogenannte Sekten, die trotz eindringlicher Warnungen immer wieder junge Leute auszubeuten verstehen.«

      »So gesehen haben Sie natürlich recht«, gab Rander zögernd zu, »und wenn ich es mir recht überlege, machen die jungen Leute, die Sie in diesem Lokal aufgegriffen haben, tatsächlich einen reichlich unbedarften, idealistischen Eindruck.«

      »Möglicherweise wäre es hilfreich, eine Begegnung der beiden Darsteller-Gruppen herbeizuführen«, überlegte der Butler. »Dies könnte zu wertvollen Aufschlüssen führen.«

      Er drückte einen Knopf auf der Schalttafel der Überwachungsanlage. Im Appartement des Robin Hood-Teams Nr. II summte der Türöffner unüberhörbar und offordernd.

      Sofort kam Bewegung in die unfreiwilligen Gäste. Robin Hood II. legte eine Hand auf die Klinke und drückte sie vorsichtig nieder. Triumphierend sah er sich nach seinen Kumpanen um, als sich die Tür ohne weiteres öffnen ließ.

      Er stieß sie auf und ... sah sich dem ersten Darsteller-Team gegenüber, das sich im angrenzenden Appartement aufhielt und ebenso überrascht war wie die Duplikate.

      »Da haben wir ja die Dummköpfe, die uns das hier eingebrockt haben«, stellte Robin Hood II. fest und bewegte sich drohend auf sein Ebenbild zu, das ängstlich an die Wand zurückwich.

      »Wer ... wer sind Sie, haben Sie vorhin auf uns geschossen, als wir das Haus verlassen wollten?«

      Der wesentlich jugendlicher und unbedarfter wirkende Robin Hood I. sah sein Abbild verwirrt und furchtsam an und drückte sich mit dem Rücken eng an die Wand, um dort Halt zu suchen.

      »Was dachtest du denn, du Grünschnabel?« Robin Hood II. sah den jungen Mann vor sich verächtlich an und lachte spöttisch. »Ich war ja gleich dagegen, daß man Amateure wie euch einspannt, aber der Boß wußte ja wieder mal alles besser. Wenn’s nach mir gegangen wäre, hätten wir euch gleich umgelegt und eure Masche einfach übernommen, anstatt euch weitermachen zu lassen.«

      »Was soll das heißen?« Brother Tuck der I. schob sich vor und baute sich vor dem älteren »Robin Hood« auf.

      »Na, was schon, du Schwachkopf?« höhnte der. »Daß ihr ahnungslosen Engel für unsere Zwecke ausgenutzt worden seid, was denn sonst? Glaubt ihr allen Ernstes, daß das Geld, das ihr für uns kassiert habt, jemals einem armen Schwein zugute kommt?«

      »Sie meinen ... Sie wollen sagen, wir haben für Gangster gearbeitet, die uns nur ausgenutzt haben, um zu Geld zu kommen?«

      »So ist es, junger Mann, aber damit ist jetzt Schluß!« grollte eine energische Stimme von der anderen Seite des Zimmers her, wo sich eine übertapezierte Tür unbemerkt geöffnet hatte, in der die Hausherrin stand und grimmig ihre unfreiwilligen Gäste musterte.

      Die Detektivin hatte sich tatsächlich umgezogen und sah jetzt wie eine mittelalterliche Burgdame aus. Sie trug eine bodenlange, grüne Satinrobe und einen hohen, spitz zulaufenden Hut, der wie die Zuckertüte eines Schulanfängers aussah. Von dieser seltsamen Kopfbedeckung wallte ein Schleier herunter und umspielte die üppige Figur.

      »Ich habe mich entschieden«, verkündete die Lady und wies mit theatralischer Geste auf Robin Hood II. »Sie haben die Ehre, mir bei meinem Apfelschuß zu assistieren.«

      *

      »Ich bin eine gelernte Schützin«, behauptete die Hausherrin ungeniert. »Gegen mich ist William Bell ein Stümper, Mister Parker wird Ihnen das gern bestätigen.«

      »In der Tat dürfte Mister William Teil bei einem Vergleich zweifelsohne den kürzeren ziehen«, bestätigte Parker, während er diskret den Namen korrigierte.

      »Was hat denn der damit zu tun?« stöhnte Robin Hood der Ältere, der an einem Bücherregal stand, an das ihn Parker mittels einiger Handschellen

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