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holte weit aus und ließ die Hand auf seiner Wange landen. Der Schlag ließ ihn wie einen Brummkreisel auf einem Bein wirbeln und anschließend in ein nahes Gebüsch taumeln.

      Lady Agatha nickte zufrieden und hob das Gewehr ihres Widersachers auf. Fachmännisch entlud sie es und zerschlug es dann an einem Baum. Die Reste warf sie ins Gebüsch, in dem auch der Gangster verschwunden war. Mylady sorgte dafür, daß der Besitzer sein Eigentum wiederbekam ...

      *

      »So, jetzt geht’s los!« freute sich der Bursche, der im Haus Sir James bewachte. Der Wagen, dessen Näherkommen er in den letzten Minuten gespannt beobachtet hatte, hielt vor dem Haus. Der Motor erstarb.

      »Ich hab’ ja gleich gewußt, daß die Lady schlauer ist als ihr«, freute sich der gefesselte Hausherr, der für einen Augenblick seine Angst vergaß und so etwas wie Schadenfreude verspürte.

      »Halt die Klappe, mit die rechnen wir später noch ab!« zischte der Gangster, dessen Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren.

      Endlich öffnete sich die Tür. Die Klinke wurde gedrückt, und der Ganove an der Wand starrte fasziniert auf das schwere Türblatt, das sich im Zeitlupentempo nach innen bewegte.

      Eine kleine Kugel fiel in den Raum und rollte gemächlich über den schweren Teppich. Der Gangster sah ungläubig hinterher und wußte nicht, was dies zu bedeuten hatte.

      Plötzlich explodierte die Kugel und gab Rauch frei, der fast senkrecht in die Höhe stieg. Einen Augenblick später war der Raum in grauen Nebel gehüllt, in dem man absolut nichts mehr erkennen konnte.

      Der Ganove spürte, daß einiges nicht ganz nach Plan verlief. Er packte sein Gewehr fester und wollte sich durch eine Tür, die ins Haus führte, absetzen, als vor ihm schemenhaft eine dunkle Gestalt auftauchte.

      »Pardon, Sir!« entschuldigte sich der Schemen, der höflich seine Kopfbedeckung lüftete und ihm freundlich zunickte, wie in dem schnell dünner werdenden Nebel zu erkennen war.

      Die seltsame Gestalt erinnerte an ein bestimmtes Bild, das man dem Burschen gezeigt hatte, bevor er nach hier aufgebrochen war. Dann erinnerte er sich und wußte plötzlich, wer vor ihm stand. Er hatte aber keine Gelegenheit mehr, mit diesem Wissen etwas anzufangen.

      Die Wölbung der Kopfbedeckung eines gewissen Butler Parker senkte sich und nahm innigen Kontakt mit seiner Schädeldecke auf, die ihm im nächsten Moment einen Schmerz signalisierte. Der Gangster beschloß, sich diesem Schmerz zu entziehen, und sank leise stöhnend in die Knie zu einem kleinen Schlummer. Parker fing ihn geschickt auf und deponierte ihn in einem der üppigen Sessel, nachdem er ihn zuvor mit einem Paar seiner privaten Handschellen versehen hatte.

      »Man hofft, daß Sie sich den Umständen entsprechend wohl fühlen, Sir?« erkundigte sich Josuah Parker beim Hausherrn, während er ihn befreite und ihm einen Becher lebensspendender Medizin reichte, den dieser zitternd entgegennahm.

      »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie ich mich freue, Sie hier zu haben.« Sir James leerte den Becher in einem Zug und hielt ihn Parker zum Nachfüllen hin.

      »Sie brauchen sich nicht weiter zu sorgen, Sir, man hat die Situation voll im Griff«, beruhigte Parker den nach wie vor zitternden Mann.

      »Nicht ganz, Parker!« Auf der nach oben führenden Freitreppe tauchte ein glatzköpfiger Kerl auf und grinste. In den Händen hielt er eine Maschinenpistole, deren Mündung auf den Butler und Sir James zeigte.

      Der neue Gegner kam langsam die Stufen herab und winkte mit dem Lauf der Waffe. »Setzen Sie sich da drüben auf das Sofa, alle beide!« befahl er.

      »Tja, Parker, das hätten Sie nicht gedacht, was?« fuhr er fort und lächelte höhnisch. »Als die Tür so langsam aufging, ahnte ich schon, daß da irgendwas nicht stimmte, und als ich dann die komische Kugel hereinrollen sah, wußte ich Bescheid. Ich bin dann erst mal in Deckung gegangen und habe mich oben in ein Badezimmer verzogen und in aller Ruhe abgewartet. Nicht jeder fällt auf Ihre Taschenspielertricks herein. Diesmal sind Sie an den Falschen geraten, und das wird Ihr Verhängnis sein!«

      »Sie haben die Absicht, meine bescheidene Wenigkeit umzubringen?« erkundigte sich der Butler ungerührt und ohne eine Miene zu verziehen.

      »Worauf Sie sich verlassen können, Parker!« Der Mann lachte leise auf und nickte zufrieden. »Sie wissen doch selbst, daß eine gewisse Organisation eine hohe Prämie auf Ihren Kopf ausgesetzt hat und auf den Ihrer Lady auch, obwohl mir nicht ganz klar ist, weshalb.« Er schüttelte ungläubig den Kopf und fuhr fort: »Wenn ich Sie so ansehe, ist es mir wirklich ein Rätsel, was an Ihnen so gefährlich sein soll... aber egal, die Prämie habe ich schon so gut wie in der Tasche.«

      »Der Herr dürfte übersehen, daß sich Mylady nach wie vor auf freiem Fuß befindet«, erinnerte Parker ihn gemessen.

      »Pah, die zählt doch nicht, oder glauben Sie etwa, ich hätte vor so ’ner alten Fregatte Angst? Nein, Parker, diesmal haben Sie verloren, und zwar endgültig!«

      »Einmal schlägt jedermanns Schicksal«, stellte Parker gelassen fest. »Dagegen kann man sich nicht wehren. Gestatten Sie einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann, eine letzte Zigarre zu rauchen?«

      »Klar, warum nicht?« Der Gangster grinste und schüttelte wieder den Kopf. »Wirklich, Sie sind schon ’ne komische Type, Parker... na gut, rauchen Sie noch ’ne Zigarre, und dann ist Schluß, dann haben Sie keine Sorgen mehr.«

      »Man bedankt sich, Sir.« Parker nickte dem Ganoven freundlich zu und zog sein Zigarrenetui aus der Tasche, um seelenruhig seine Wahl zu treffen und ein fast schwarzes Exemplar herauszunehmen.

      »Darf man Ihnen auch eine Zigarre anbieten, Sir?« erkundigte er sich höflich bei Sir James und hielt ihm das Etui entgegen.

      Der schüttelte schweigend den Kopf und wandte sich mit zusammengepreßten Lippen ab, um in eine Zimmerecke zu starren. Es war ganz eindeutig, Sir James hatte mit dem Leben abgeschlossen...

      *

      »Hier wimmelt es von Gangstern, ich bin wirklich sehr zufrieden, Mister Parker«, freute sich die Detektivin, die in diesem Augenblick den Salon betrat und sich neugierig umsah.

      »Mein Gott, die alte Fregatte ist ja wirklich zum Schießen!« Der Mann mit der Maschinenpistole sah der älteren Dame kopfschüttelnd entgegen und richtete dann den Lauf der Waffe auf sie, um sie zum Näherkommen aufzufordern.

      »Ich habe erwartet, daß Sie sich um die Gangster hier im Haus kümmern, Mister Parker«, monierte sie und sah den Butler mißbilligend an.

      »Man wird sich um Besserung bemühen, Mylady!« versprach Parker und nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarre.

      »Bei euch beiden scheint ja wirklich ’ne Schraube locker zu sein«, stellte der Gangster amüsiert fest. »Ich steh’ hier mit ’ner Bleispritze, und ihr streitet euch darüber, wer wen hätte erledigen müssen. Wirklich nicht zu fassen, so was!«

      Agatha Simpson musterte ihn grimmig von oben bis unten und wandte sich dann erneut an den Butler. »Der Mann hat völlig recht, Mister Parker, einigen wir uns, wer sich um diesen Lümmel kümmert. Bei der Gelegenheit stelle ich fest, daß mein Kreislauf sehr angegriffen ist.«

      Sie ließ sich mit theatralischer Geste auf ein üppiges Sofa fallen. Parker verstand und holte im nächsten Augenblick die lederumhüllte Flasche aus einer der vielen Innentaschen seines Covercoats.

      »Bitte, Mylady.« Formvollendet servierte er ihr den als Verschluß dienenden Silberbecher, nachdem er seine Zigarre in einem Kristallascher auf einem zierlichen Rokoko-Tischchen abgelegt hatte.

      »Also wirklich, das hält man ja nicht aus!« Der Ganove mit der MPi schüttelte immer wieder den Kopf und wollte einfach nicht glauben, wie man sich angesichts einer derart tödlichen Waffe so sorglos verhalten konnte.

      Parker griff nach seiner Zigarre und betrachtete sinnend den roten Kegel an ihrer Spitze. Dann nickte er zufrieden und führte sie an die Lippen, als wollte er daran ziehen. Wie zufällig zeigte dabei die Zigarrenspitze auf den Mann mit der Maschinenpistole, der wenige Meter

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