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haben die Ehre, dabei jene Rolle zu spielen, die seinerzeit Mister Teils Sohn übernommen hat.«

      »Ich will aber nicht.« Der sichtlich in Panik geratene Robin Hood-Verschnitt bäumte sich auf und schüttelte den Kopf. »Das ist glatter Mord, die alte Fregatte bringt mich noch um!«

      »Das war doch eine Beleidigung, Mister Parker?« freute sich die Hausherrin. »Legen Sie endlich den Apfel auf, damit ich anfangen kann.«

      Sie hob erwartungsvoll eine riesige Armbrust und visierte den schlotternden Robin Hood II. an, wobei ihre Arme nicht unerheblich zitterten.

      »Ich glaube, ich brauche zuvor eine kleine Kreislaufstärkung, Mister Parker«, überlegte die Detektivin und setzte die Armbrust ab. »Meine Nerven sind leider nicht mehr die besten, wie Sie wissen.«

      »Wie Mylady zu wünschen belieben.« Parker hielt bereits seine lederumhüllte Taschenflasche in der Hand und kredenzte einen Moment später seiner Herrin den sogenannten Kreislaufbeschleuniger, einen alten französischen Cognac bester Provenienz.

      »Versuchen wir es noch mal!« verkündete Agatha Simpson daraufhin munter und hob erneut die Armbrust.

      »Papperlapapp«, murmelte sie und verfolgte überrascht den Flug des Pfeiles, der sich vorzeitig von der Sehne gelöst hatte und einen Moment später ins Regal über dem Kopf des anvisierten Apfelträgers bohrte.

      Robin Hood der II. brüllte und zerrte an seinen Fesseln. Die Kumpane starrten betroffen auf den leicht wippenden Pfeil und schluckten hörbar. Agatha Simpson schüttelte verärgert den Kopf und wandte sich an ihren Butler.

      »Was haben Sie mir da für eine Armbrust gegeben, – Mister Parker? Wie kann sich der Pfeil lösen, ohne daß ich abgedrückt habe?«

      »Eine bedauerliche Panne, die sich kaum wiederholen wird«, stellte Parker höflich fest. »Myladys nächster Schuß wird gewiß sein Ziel finden.«

      »Geben Sie mir aber vorher noch eine Stärkung«, verlangte sie und nahm dankbar nickend den Becher entgegen. »Ich will nicht hoffen, daß ich außer Form bin, Mister Parker.«

      »Etwas, das Mylady nie und nimmer passieren wird«, wußte Parker. »Der nächste Schuß dürfte dies deutlich zeigen.«

      Die resolute Lady nahm die Armbrust wieder auf und zielte mit zusammengekniffenen Augen. »Hampeln Sie doch nicht so herum!« herrschte sie den Apfelträger an. »Oder möchten Sie statt des Apfels getroffen werden?«

      Das wollte Robin der Ältere auf keinen Fall. Er stand plötzlich still und schloß ergeben die Augen. Der Apfel auf seinem Kopf bot der Detektivin ruhig die Stirn ...

      Eine Sekunde später nickte Lady Agatha zufrieden und setzte die Armbrust ab. Der Apfel lag, von einem Pfeil förmlich in der Mitte gespalten, am Boden.

      Parker trat vor und barg die Reste und den Pfeil, der seltsamerweise keine Ähnlichkeit hatte mit dem, den seine Herrin abgeschossen hatte. Es handelte sich vielmehr um ein entschieden kleineres Exemplar, wie es der Butler zum Verschießen aus seinem Universal-Regenschirm verwendete.

      Parker hatte in weiser Voraussicht seinen Schirm in das Keller-Apartment mitgebracht und durch einen diskreten Schuß daraus Myladys Bemühungen unterstützt.

      »Das macht mir so leicht keiner nach«, lobte sich die ältere Dame und sah sich zufrieden um. »Das war ein Meisterschuß, das kann niemand bestreiten!«

      »Ich bin beeindruckt, Mylady«, gab Mike Rander zu, der sie in den Keller begleitet hatte, und wandte sich schnell ab, um einen aufsteigenden Lachkrampf zu unterdrücken.

      »Das war einfach phantastisch!« zollte Kathy Porter Beifall und preßte anschließend vorsichtshalber eine Hand auf den Mund.

      »Mylady sind einfach unübertrefflich«, wußte Parker und deutete eine höfliche Verbeugung an.

      »Ich werde auf kleinere Ziele umsteigen, das war doch zu einfach«, verkündete die Hausherrin strahlend. »Besorgen Sie mir bitte ein paar Nüsse, Mister Parker, ich werde Ihnen gleich mal zeigen, was eine Meisterschützin ist.«

      »Mister Hood der II. steht im Augenblick leider nicht als Assistent zur Verfügung«, bemerkte Parker und deutete auf den ohnmächtig gewordenen ehemaligen Apfelträger.

      »Nun, es sind ja noch andere Kandidaten da«, stellte Agatha Simpson fröhlich fest und musterte die übrigen unfreiwilligen Gäste, die daraufhin prompt einer Ohnmacht den Vorzug zu geben schienen.

      *

      »Ich muß unbedingt die Lady sprechen, sie ist doch wohl da, oder?« Aus der Stimme des Anrufers, bei dem es sich unzweifelhaft um Sir James Ballard handelte, klangen nervliche Anspannung und Furcht.

      »Mylady ist gerade mit den vorbereitenden Arbeiten für ihren Bestseller beschäftigt«, gab Parker würdevoll zurück. »Wenn Sie sich einen Augenblick gedulden, Sir, wird man sie umgehend verständigen.«

      Der Butler legte den Hörer des Telefons beiseite und begab sich über die Freitreppe in den ersten Stock des altehrwürdigen Fachwerkhauses, wo die Privaträume der Hausherrin lagen. Agatha Simpson hatte ausdrücklich darauf verzichtet, sich auch in ihrem Studio ein Telefon legen zu lassen, um ungestört an ihrem Kriminalroman arbeiten zu können, mit dem sie die Welt zu beglücken gedachte.

      Schon von weitem hörte Parker, wie intensiv seine Herrin beschäftigt war. Hinter der Tür ihres Studios war die Geräuschkulisse eines Videofilmes zu hören, den Parker kurz zuvor besorgt hatte. Die Lady liebte solche Filme zu Studienzwecken, um Arbeitsweise und einschlägige Techniken ihrer »Kollegen« besser kennenzulernen. Die Vorführung des Filmes wurde allerdings malerisch unterlegt von dezentem Schnarchen.

      »Was ist denn, Mister Parker, kann man in diesem Haus nicht mal ungestört arbeiten?« Lady Agatha schrak hoch, als der Butler nach mehrmaligem Anklopfen die Tür öffnete.

      »Man bedauert ungemein, Mylady stören zu müssen«, entschuldigte sich Parker formvollendet, »aber Sir James ist am Telefon und wünscht Mylady in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen.«

      »Ausgerechnet jetzt, wo ich gerade dabei war, eine atemberaubende Szene zu entwerfen«, seufzte die ältere Dame und richtete den Blick anklagend gegen die Decke.

      »Man könnte Sir James durchaus mitteilen, daß Mylady im Augenblick nicht zu sprechen sind«, schlug Parker gemessen vor. »Meiner unmaßgeblichen Meinung nach dürfte er Verständnis dafür aufbringen und zu einem genehmeren Zeitpunkt wieder anrufen.«

      »Nein, nein, Mister Parker, jetzt ist meine Konzentration im Schwinden, da kann ich genausogut mit ihm sprechen«, seufzte sie und richtete sich kopfschüttelnd auf. »Ich glaube zwar nicht, daß sein Anruf wichtig ist, aber was tut man nicht alles für Bekannte.«

      »Myladys Hilfsbereitschaft und Verständnis werden nicht umsonst gerühmt«, wußte Parker. »Auch in dieser Beziehung setzen Mylady immer wieder Maßstäbe.«

      »Auch, wenn es manchmal schwerfällt, Mister Parker«, gab die Detektivin zurück und strich sich müde über die Stirn. »Aber ich bin nun mal gutmütig und hilfsbereit, da kann man nichts machen.«

      Sie hatte die Halle erreicht und ergriff den Hörer. »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist, mein lieber James?« begann sie mit ihrem Bariton und warf dabei einen Blick auf die große Standuhr in einer Ecke der Halle. »Um diese Zeit pflege ich an meinem Manuskript zu arbeiten, weil ich mich dann in einer Phase schöpferischer Hochspannung befinde. Es ist gar nicht gut, eine Autorin bei ihrer Arbeit zu stören.

      Was Sie nicht sagen!« bemerkte sie einen Augenblick später, als Sir James weitergesprochen hatte. »Sicher ist das eine nette kleine Falle, in die Sie mich da locken sollen, oder?«

      »Ich muß doch sehr bitten, Lady Agatha, das würde ich nie und nimmer tun!« Ballards Stimme klang seltsam gepreßt und verriet nur zu deutlich seine Angst.

      »Wie dem auch sei, mein lieber James, Ihr Hilferuf soll nicht ungehört verhallen«, verkündete sie und zwinkerte dem Butler, der reglos und wie die personifizierte Würde neben ihr stand, schelmisch

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