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      Mehrere überragende Talente innerhalb einer Familie sind in der Musikwelt keine Rarität: Mozart hatte einen bedeutenden Vater, Bach und Wagner begabte Söhne, Haydn einen bemerkenswerten Bruder. Aber dass eine Musikerdynastie ausschließlich aus Genies besteht – das macht den »Sträußen« keine andere Familie nach.

      Und es wird noch sehr viel Wasser die angeblich blaue Donau hinunterfließen, und die Welt wird immer noch nach ihren Klängen tanzen.

      Mit den Werken Franz Lehárs, Emmerich Kálmáns, Leo Falls, Paul Abrahams, Oscar Straus’, Edmund Eyslers und Robert Stolz’ wurde die Goldene durch die Silberne Operette abgelöst. Die Kaiserhäuser gehörten ab 1918 der Vergangenheit an, dienten der Operette des 20. Jahrhunderts aber immer noch zur Befriedigung nostalgischer Sehnsüchte und zur Verherrlichung der »guten alten Zeit«, in der sich Aristokraten und Offiziere ihrer Heldentaten rühmen durften.

      Lehárs Danilo ging, wenn er das Vergnügen suchte, ins Maxim, um sich dann doch für »Die lustige Witwe« zu entscheiden. Der Schöpfer dieser Operette war selbst alles andere als leichtlebig. Franz Lehár hat den Verlust seiner Jugendliebe Ferdinanda Weißenberger, um deren Hand er 1903, als 33-jähriger Kapellmeister, angehalten hatte, nie überwunden. Ferdinandas Tante, die legendäre Anna Sacher, untersagte ihr die Beziehung »mit dem Hungerleider«, worauf das Mädchen einen Bauunternehmer heiraten musste. Ferdinanda und Franz Lehár haben einander nie aus den Augen verloren.

      Zwei Jahre nach der Ablehnung durch Anna Sacher war »der Hungerleider« dank des Welterfolgs der »Lustigen Witwe« ein vielfacher Millionär – der das Sacher, als es später in den Konkurs schlitterte, spielend hätte retten können.

      Lehár – von dem der Satz »Die Frauen sind Luft für mich, aber ich kann ohne Luft nicht leben« überliefert ist, fand nach seiner großen Enttäuschung bei Ferdinandas bester Freundin Sophie Trost, die ihrerseits aber verheiratet war. Also konnte der Meister, den damaligen Konventionen gehorchend, auch mit Sophie nicht zusammenleben. Es dauerte zwanzig Jahre, bis Sophie Meth geschieden war, Lehár sie 1924 ehelichen und mit ihr einen gemeinsamen Haushalt gründen konnte.

      Der »zweite Walzerkönig«, wie Lehár auch genannt wird, besaß zu diesem Zeitpunkt bereits eine am rechten Traunufer in Bad Ischl gelegene repräsentative Villa, die er mit den aus aller Welt einfließenden Tantiemen finanziert hatte. Der Hauptwohnsitz des Ehepaares befand sich aber seit den frühen Dreißigerjahren im »Schikaneder-Schlössel« in Wien-Nussdorf, das einst im Eigentum Emanuel Schikaneders gestanden war.

      Nach 1938 gelang es Lehár dank seiner Prominenz seine jüdische Frau vor der angedrohten Verhaftung und Deportation durch die Nationalsozialisten zu schützen. Nichts unternahm er aber, um in dieser Zeit seinen langjährigen Librettisten Fritz Löhner-Beda zu schützen, der mit ihm die Operetten »Das Land des Lächelns« und »Giuditta« geschrieben hatte. Er wurde 1942 im KZ Auschwitz ermordet.

      CHIFFRE »GLÜCKSFAHRT«

       Große Kriminalfälle

      Dass unsere Straßen beleuchtet sind, verdanken wir ursprünglich Raubmördern, Dieben und anderen lichtscheuen Elementen, die nachts durch Wien zogen und arglose Passanten überfielen. Als die Behörden erkannten, dass beleuchtete Gehwege die Kriminalität vermindern, stellte man in der Dorotheergasse probeweise 17 ölbetriebene Kandelaber auf. Da die Überfälle zurückgingen, wurden ab 1688 innerhalb der Stadtmauern rund zweitausend solcher Leuchten platziert. Keiner hätte es gewagt, eine davon zu stehlen oder zu beschädigen, war doch mittels kaiserlichem Erlass die Drohung ergangen: »Wer die auf vielen Orten aufgerichteten Laternen in boshafter Weise destruieret, sei er auch wer er wolle, dem werde die rechte Hand abgehackt.« Ab 1841 wurden die Innere Stadt und die Hauptstraßen der Vorstädte mit Gasbeleuchtung versorgt.

      Während in der Antike durch das Römische Recht eine relativ fortschrittliche Gerichtsbarkeit gewährleistet war, ließen die Babenberger oft durch »Gottesurteil« entscheiden, ob ein Mensch schuldig zu sprechen wäre oder nicht. So musste der Verdächtige aus einem Kessel, in dem sich siedend heißes Wasser befand, mit der bloßen Hand einen Gegenstand herausholen. Der Rechtsspruch erging dann je nach Zustand der Brandwunden. Bei der »Eisenprobe« musste der Angeklagte über glühende Metallstücke laufen. Blieb er unverletzt, war seine Unschuld erwiesen. Bei der »Wasserprobe« legte man den Delinquenten mit gebundenen Händen ins Wasser. Wenn er ertrank, war er schuldig.

      Zur Mitte des 14. Jahrhunderts wurde in Wien eine »Bürgerwehr«, später »Polizey« genannt, gegründet. Sie setzte sich aus einer Anzahl von Handwerksmeistern und -gesellen zusammen und war dem Stadtrichter bei der Festnahme »strafmäßiger Verbrecher« behilflich. Bald gab es eine hauptberuflich amtierende Tag- und Nachtwache, und unter Maria Theresia erhielt jedes Stadtviertel einen Kommissar, dem »Gassenkommissare« und »Hausnachseher« unterstellt waren.

      Kaiser Josef bemühte sich um ein menschenwürdiges Rechtssystem. Als man ihm zutrug, dass sich in der Festung Spielberg in Brünn das inhumanste Gefängnis der Monarchie befände, wollte er sich persönlich ein Bild von den Zuständen machen. Die Insassen vegetierten in acht Grad kalten Zellen, in denen sich Wasserlachen stauten und ein bestialischer Modergeruch verbreitete. Die lebenslange Haft dauerte hier im Schnitt nur ein halbes Jahr, danach verfielen die Gefangenen dem Wahnsinn oder sie starben.

      Der Kaiser fuhr nach Brünn und meldete sich beim verblüfften Festungskommandanten Herter, dem er den Befehl erteilte: »Schließen Sie mich ein und holen Sie mich nach einer Stunde wieder raus!«

      »Aber Majestät können doch nicht …«

      »Nach einer Stunde, keine Minute früher!«

      Die Tür fiel ins Schloss und wurde nach sechzig Minuten wieder geöffnet. Der Kaiser trat aus der Zelle, blass, hustend, mit feuchter Uniform. Er versammelte das Offizierskorps um sich und entschied: »Ich war der letzte Mensch in diesen Räumen.«

      Der Kerker im Tiefgeschoss wurde noch am selben Tag für immer geschlossen.

      Im Herbst 1808 betrat ein junger Mann das Vernehmungszimmer der Kriminalabteilung der Stadt Wien und erklärte den anwesenden Beamten: »Mein Name ist Grillparzer, ich hab einen Handwerksburschen im Wald erschlagen.« Der des Mordes Verdächtigte wurde festgenommen und ins Gefangenenhaus gebracht.

      Bei besagtem Herrn Grillparzer handelte es sich natürlich nicht um Österreichs Nationaldichter. Sondern um dessen Bruder Karl, der bereits mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, zum ersten Mal, als er aus der kaiserlichen Armee desertierte und nur durch große Mühen seines Bruders – der eben seine ersten schriftstellerischen Gehversuche unternahm – gerettet werden konnte. Karl setzte sich nach Frankreich ab und kehrte nach fünf Jahren heim, um hier neuerlich von Franz unterstützt und aus manch misslicher Lage gerettet zu werden. Bald als Geldbote in Großgmain bei Salzburg angestellt, fehlten eines Tages aus der Amtskasse 41 Gulden. Wieder war es Sache seines dichtenden Bruders, dem um ein Jahr Jüngeren zu helfen und durch Hinterlegung einer Kaution den Schaden wiedergutzumachen.

      Karl Grillparzer versteckte sich nach diesem Vorfall eine Zeitlang in Wien, wo es zu dem oben geschilderten »Mordgeständnis« bei der Polizei kam. Der Fall konnte nie geklärt werden – schon weil man an dem von Karl

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