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daß das Haus und Kon­stan­ze stöhn­ten. Der Stu­ben­ma­ler, ein Herr Lour­dois, ein sehr rei­cher Un­ter­neh­mer, der al­les be­son­ders sorg­fäl­tig aus­füh­ren woll­te, schlug Ver­gol­dung für den Sa­lon vor. Als sie die­ses Wort hör­te, er­hob Kon­stan­ze Ein­spruch.

      »Herr Lour­dois,« sag­te sie, »Sie be­sit­zen drei­ßig­tau­send Fran­ken Ren­te, Sie woh­nen in Ihrem ei­ge­nen Hau­se, Sie kön­nen da ma­chen, was Sie wol­len, wir aber …«

      »Aber gnä­di­ge Frau, auch der Han­dels­stand muß vor­nehm auf­tre­ten und sich von der Ari­sto­kra­tie nicht in den Schat­ten stel­len las­sen. Au­ßer­dem ge­hört Herr Bi­rot­teau ja auch zu den Krei­sen der Re­gie­rung, er steht an her­vor­ra­gen­der Stel­le …«

      »Ja­wohl, aber vor­läu­fig hat er noch sein Ge­schäft«, sag­te Kon­stan­ze vor al­len Kom­mis und den fünf Per­so­nen, die an­we­send wa­ren; »und das dür­fen we­der ich, noch er, noch sei­ne Freun­de, noch sei­ne Fein­de über­se­hen.«

      Bi­rot­teau er­hob sich mehr­mals auf die Fuß­spit­zen und ließ sich auf die Ha­cken zu­rück­fal­len, wäh­rend er die Hän­de auf dem Rücken ge­kreuzt hielt. »Mei­ne Frau hat recht«, sag­te er. »Wir wer­den auch im Glück be­schei­den blei­ben. Au­ßer­dem muß ein Mann, der noch im Ge­schäfts­le­ben drin steht, mit sei­nen Aus­ga­ben vor­sich­tig sein und über­flüs­si­gen Lu­xus ver­mei­den, dazu ist er ge­setz­lich ver­pflich­tet, er darf kei­ne ›über­trie­be­nen Aus­ga­ben‹ ma­chen. Wenn die Ver­grö­ße­rung mei­ner Räu­me und ihre Aus­stat­tung schon ge­wis­se Gren­zen über­schrei­ten, so wäre es un­ver­nünf­tig, noch dar­über hin­aus­zu­ge­hen, und Sie selbst, Lour­dois, wür­den das nicht bil­li­gen. Un­ser Stadt­vier­tel hat die Au­gen auf mich ge­rich­tet, Leu­te, die er­folg­reich sind, ha­ben im­mer Nei­der und Miß­güns­ti­ge! Oh, Sie wer­den das auch bald spü­ren, jun­ger Mann«, sag­te er zu Grin­dot; »aber wenn sie uns auch ver­leum­den, so wol­len wir selbst ih­nen doch kei­nen An­laß zu üb­ler Nach­re­de ge­ben.«

      »We­der Ver­leum­dung noch üble Nach­re­de kön­nen an Sie her­an­rei­chen,« sag­te Lour­dois, »dar­über sind Sie er­ha­ben, und Sie be­sit­zen eine sol­che Ge­schäfts­kennt­nis, daß Sie al­les, was Sie un­ter­neh­men, sich gründ­lich über­le­gen, Sie sind ei­ner von den ganz Klu­gen.«

      »Ich gebe zu, daß ich ei­ni­ge Ge­schäfts­er­fah­rung be­sit­ze; wis­sen Sie denn, wes­halb ich die­sen Aus­bau vor­neh­men las­se? Und warum ich so großes Ge­wicht auf schnel­le Aus­füh­rung lege? …«

      »Nein.«

      »Nun, mei­ne Frau und ich ha­ben ei­ni­ge Freun­de ein­ge­la­den, ein­mal, um die Räu­mung des Lan­des zu fei­ern, dann aber auch, weil ich zum Rit­ter der Ehren­le­gi­on er­nannt wor­den bin.«

      »Wie, wie?« sag­te Lour­dois, »man hat Ih­nen das Kreuz ver­lie­hen?«

      »Ja­wohl; ich habe mich die­ser Aus­zeich­nung und al­ler­höchs­ten Gna­de viel­leicht wür­dig er­wie­sen als Mit­glied des Han­dels­ge­richts und als Kämp­fer für die kö­nig­li­che Sa­che am 13. Ven­dé­mi­aire, vor Saint-Roch, wo ich von Na­po­le­on ver­wun­det wur­de. Kom­men Sie doch mit Ihren Da­men auch zu uns …«

      »Ich bin ent­zückt über die Ehre, die Sie mir er­wei­sen«, sag­te Lour­dois, der zu den Li­be­ra­len ge­hör­te. »Aber Sie sind ein Spaß­vo­gel, Papa Bi­rot­teau; Sie wol­len si­cher sein, daß ich Ih­nen mein Wort hal­te, und des­halb la­den Sie mich ein. Also, ich wer­de mei­ne ge­schick­tes­ten Ar­bei­ter neh­men und wir wer­den ein Höl­len­feu­er an­ma­chen, da­mit die Ma­le­rei tro­cken wird; wir be­sit­zen üb­ri­gens ein Ver­fah­ren, um schnell zu trock­nen, denn in ei­nem Ne­bel von Gips­staub kann man nicht tan­zen. Und da­mit es nicht riecht, wer­den wir fir­nis­sen.«

      Drei Tage spä­ter war die Ge­schäfts­welt des Vier­tels in Auf­re­gung über die Kun­de von dem Ball, den Bi­rot­teau ge­ben woll­te. Üb­ri­gens konn­te je­der die au­ßen am Hau­se an­ge­brach­ten Stüt­zen se­hen, die das ei­li­ge Ver­schie­ben der Trep­pe er­for­der­lich mach­te, und die vier­e­cki­gen höl­zer­nen Rin­nen, mit de­nen der Schutt auf die un­ten­ste­hen­den Kar­ren ab­ge­la­den wur­de. Die ge­schäf­ti­gen Hand­wer­ker, die bei Fa­ckel­licht ar­bei­te­ten, denn es wa­ren Tag- und Nacht­ar­bei­ter be­schäf­tigt, ver­an­laß­ten die Mü­ßi­gen und Neu­gie­ri­gen, auf der Stra­ße ste­hen­zu­blei­ben, und die­ses Ge­trie­be gab den An­laß, daß über rie­si­ge Prachtent­fal­tung ge­klatscht wur­de.

      An dem für den Ab­schluß des Ter­rain­ge­schäf­tes fest­ge­setz­ten Sonn­ta­ge er­schie­nen Herr und Frau Ra­gon und der On­kel Pil­ler­ault um vier Uhr nach­mit­tags. Mit Rück­sicht auf den Um­bau hat­te Cäsar an die­sem Tage, wie er sag­te, nur Charles Cla­paron, Crot­tat und Ro­guin dazu bit­ten kön­nen. Der No­tar brach­te das Jour­nal des Dé­bats mit, in das Herr von Bil­lar­diè­re fol­gen­den Ar­ti­kel hat­te ein­rücken las­sen:

      »Wir hö­ren, daß die Räu­mung des Lan­des von ganz Frank­reich mit Be­geis­te­rung ge­fei­ert wer­den wird, be­son­ders aber ha­ben es in Pa­ris die Mit­glie­der der städ­ti­schen Ver­wal­tung für an der Zeit ge­hal­ten, der Haupt­stadt wie­der ih­ren al­ten Glanz zu ver­lei­hen, der aus an­ge­mes­se­nen Emp­fin­dun­gen wäh­rend der frem­den Ok­ku­pa­ti­on un­ter­drückt wor­den war. Alle Bür­ger­meis­ter und Bei­ge­ord­ne­ten be­ab­sich­ti­gen, Bäl­le zu ge­ben, die Win­ter­sai­son ver­spricht also sehr glän­zend zu wer­den. Un­ter den Fes­ten, die ge­plant wer­den, ist viel die Rede von dem Bal­le des Herrn Bi­rot­teau, der zum Rit­ter der Ehren­le­gi­on er­nannt wur­de und der we­gen sei­ner Hin­ge­bung für die Sa­che des Kö­nigs all­ge­mein be­kannt ist. Herr Bi­rot­teau, der bei dem Stra­ßen­ge­fecht vor Saint-Roch ver­wun­det wur­de und ei­ner der an­ge­se­hens­ten Han­dels­rich­ter ist, hat die­se Aus­zeich­nung zwie­fach ver­dient.«

      »Wie schön man heu­te schreibt«, rief Cäsar aus. »In der Zei­tung ist von uns die Rede«, sag­te er zu Pil­ler­ault.

      »Na, und wenn?« ant­wor­te­te ihm der On­kel, dem das Jour­nal des Dé­bats be­son­ders un­sym­pa­thisch war.

      »Die­ser Ar­ti­kel wird uns viel­leicht beim Ver­kauf der Sul­tan­in­nen­pas­te und des Eau Car­mi­na­ti­ve nütz­lich sein«, sag­te Kon­stan­ze, die die Glück­se­lig­keit ih­res Man­nes nicht teil­te, lei­se zu Frau Ra­gon. Frau Ra­gon, eine ma­ge­re große Dame mit runz­li­gem Ge­sicht, dün­ner Nase und schma­len Lip­pen, konn­te an eine Mar­qui­se des al­ten Kö­nigs­ho­fes er­in­nern. Ihre Au­gen um­ga­ben ziem­lich große dunkle Rin­ge, wie so häu­fig bei al­ten Frau­en, die Kum­mer ge­habt ha­ben. Ihre erns­te, wür­di­ge, wenn auch lie­bens­wür­di­ge Hal­tung flö­ßte Re­spekt ein. Sie be­saß ein ge­wis­ses fremd­ar­tig an­mu­ten­des We­sen, das auf­fiel, ohne ko­misch zu wir­ken, und mit ih­rer Klei­dung und de­ren Schnitt zu­sam­men­hing; sie trug im­mer Hand­schu­he und hat­te stän­dig einen Son­nen­schirm mit Stock, wie die von Ma­rie-An­to­i­net­te in Tria­non be­nutz­ten, bei sich; ihr Kleid, ge­wöhn­lich von ih­rer Lieb­lings­far­be, ei­nem mat­ten Braun, wie ver­trock­ne­te Blät­ter, fiel an den Hüf­ten in un­nach­ahm­li­chen Fal­ten her­ab, de­ren Ge­heim­nis die al­ten Stifts­da­men mit sich, ins Grab ge­nom­men ha­ben. Sie hat­te die schwar­ze, mit schwar­zen Spit­zen und großen vier­e­cki­gen Ma­schen gar­nier­te Man­til­le bei­be­hal­ten;

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