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sag­te Cla­paron. »Die­se Zei­tun­gen, lie­ber Herr, ver­der­ben uns al­les; manch­mal sind sie uns ja von Nut­zen, aber sie be­rei­ten mir böse Näch­te, die ich lie­ber an­ders­wie zu­brin­gen möch­te; mit dem Le­sen und Rech­nen müs­sen habe ich mir schon mei­ne Au­gen ver­dor­ben.«

      »Kom­men wir wie­der auf die Mi­nis­ter zu­rück«, sag­te Pil­ler­ault, der auf Ent­hül­lun­gen be­gie­rig war.

      »Die Mi­nis­ter stel­len nur For­de­run­gen im In­ter­es­se der Re­gie­rung. Aber was ich hier esse, das ist ja das rei­ne Am­bro­sia«, sag­te Cla­paron, sich un­ter­bre­chend. »Sol­che So­ßen be­kommt man nur in Bür­ger­häu­sern, nie­mals bei den Schmier­kö­chen …«

      Bei die­sem Wor­te ho­ben sich die Blu­men auf Frau Ra­g­ons Hau­be wie Hör­ner em­por. Cla­paron merk­te, daß er einen un­pas­sen­den Aus­druck ge­braucht hat­te, und ver­bes­ser­te sich.

      »In der großen Bank­welt«, sag­te er, »nennt man Schmier­kö­che die Kü­chen­chefs der vor­neh­men Re­stau­rants, wie Very und die Frères Pro­vençaux. Aber we­der die elen­den Schmier­kö­che noch un­se­re er­fah­rens­ten Koch­künst­ler ser­vie­ren uns kräf­ti­ge So­ßen: bei den einen ist es kla­res Was­ser mit Zitro­nen­saft, bei den an­dern eine che­mi­sche Zu­sam­men­set­zung.«

      Das Es­sen ver­lief un­ter be­stän­di­gen An­grif­fen Pil­ler­aults, der die­sen Mann zu er­grün­den ver­such­te, aber im­mer ins Lee­re stieß und ihn für einen ge­fähr­li­chen Men­schen hielt.

      »Al­les geht gut«, sag­te Ro­guin lei­se zu Karl Cla­paron.

      »Ach, je­den­falls wer­de ich mich heu­te abend end­lich aus­zie­hen kön­nen«, er­wi­der­te Cla­paron, der zu er­sti­cken mein­te.

      »Herr Cla­paron,« sag­te Bi­rot­teau, »wenn wir ge­nö­tigt sind, das Spei­se­zim­mer zum Sa­lon zu ma­chen, so ge­schieht das, weil wir in drei Wo­chen ei­ni­ge Freun­de bei uns se­hen wol­len, so­wohl zur Fei­er der Räu­mung des Lan­des …«

      »Sehr schön, Herr Bi­rot­teau, auch ich bin für die Re­gie­rung. Nach mei­ner Über­zeu­gung ste­he ich auf dem Stand­punkt des Sta­tus quo des großen Man­nes, der die Ge­schi­cke des Hau­ses Ös­ter­reich lenkt, ein fa­mo­ser Kerl! Er­hal­ten, um zu er­wer­ben, und vor al­lem er­wer­ben, um zu er­hal­ten … Das ist mei­ne in­ners­te Über­zeu­gung, die die Ehre hat, auch die­je­ni­ge des Fürs­ten Met­ter­nich zu sein.«

      »Als auch um mei­ne Er­nen­nung zum Rit­ter der Ehren­le­gi­on fest­lich zu be­ge­hen«, be­gann Cäsar wie­der.

      »Ja, rich­tig, ich weiß. Wer hat mir das doch er­zählt? Die Kel­lers oder Nu­cin­gen?«

      Ro­guin, der über die­sen Aplomb staun­te, mach­te eine be­wun­dern­de Ge­bär­de.

      »Ach nein, es war in der Kam­mer.«

      »In der Kam­mer? War es Herr von Bil­lar­diè­re?« frag­te Cäsar.

      »Ge­wiß.«

      »Ein rei­zen­der Mensch«, sag­te Cäsar zu sei­nem On­kel.

      »Er re­det nichts als Phra­sen«, sag­te Pil­ler­ault, »man er­trinkt bei ihm in Phra­sen.«

      »Vi­el­leicht habe ich mich die­ser Aus­zeich­nung wür­dig er­wie­sen …« be­gann Bi­rot­teau wie­der.

      »Durch Ihre Leis­tun­gen im Par­fü­me­rie­han­del; die Bour­bo­nen ver­ste­hen es, alle Ver­diens­te zu be­loh­nen. Ja, hal­ten wir uns an die­se groß­mü­ti­gen le­gi­ti­men Herr­scher, de­nen wir einen un­er­hör­ten Wohl­stand ver­dan­ken … Denn, das kön­nen Sie mir glau­ben, die Re­stau­ra­ti­on weiß, daß sie ge­gen das Kai­ser­reich zu kämp­fen hat; aber sie wird rein fried­li­che Erobe­run­gen ma­chen, und Sie wer­den se­hen, was für Erobe­run­gen!«

      »Sie wer­den uns doch ge­wiß die Ehre er­zei­gen, un­serm Ball bei­zu­woh­nen?« sag­te Frau Kon­stan­ze.

      »Um einen Abend bei Ih­nen zu ver­brin­gen, gnä­di­ge Frau, wür­de ich Mil­lio­nen im Sti­che las­sen.«

      »Er ist wirk­lich ein Schwät­zer«, sag­te Cäsar zu sei­nem On­kel.

      Wäh­rend der Son­nenglanz des Par­füm­ge­schäfts vor sei­nem Nie­der­gan­ge sei­ne letz­ten Strah­len warf, er­hob sich kaum merk­bar ein Stern am Ho­ri­zon­te der Han­dels­welt. Der klei­ne Po­pi­not leg­te zur sel­ben Stun­de in der Rue des Cinq-Dia­mants den Grund­stein zu sei­nem Ver­mö­gen. Die Rue des Cinq-Dia­mants, eine klei­ne, enge Stra­ße, die be­la­de­ne Wa­gen nur sehr schwer pas­sie­ren kön­nen, mün­det an ei­nem Ende in die Rue des Lom­bards, an dem an­de­ren in die Rue Au­bry-le-Bou­cher, ge­gen­über der Rue Quin­cam­poix, ei­ner be­rühm­ten Stra­ße des al­ten Pa­ris, von de­nen die Ge­schich­te Frank­reichs so vie­le be­rühmt ge­macht hat. Trotz die­ses Miß­stan­des ist die Stra­ße in­fol­ge der hier ver­ei­nig­ten Dro­gen­händ­ler nicht un­güns­tig ge­le­gen, und un­ter die­sem Ge­sichts­punk­te hat­te Po­pi­not nicht schlecht ge­wählt. Das Haus, von der Rue des Lom­bards aus das zwei­te, war so dun­kel, daß man zu ge­wis­sen Zei­ten mit­ten am Tage Licht an­zün­den muß­te. Der neue Ge­schäfts­herr hat­te hier am Abend vor­her die dun­kels­ten und wi­der­wär­tigs­ten Räu­me in Be­sitz ge­nom­men. Sein Vor­gän­ger, der mit Me­las­se und ro­hem Zu­cker han­del­te, hat­te die Merk­ma­le sei­nes Ge­schäfts an den Wän­den, im Hofe und in den Vor­rats­räu­men zu­rück­ge­las­sen. Man stel­le sich einen großen, breit aus­ge­dehn­ten La­den vor, mit di­cken ei­ser­nen Tü­ren, die dra­go­ner­grün ge­stri­chen wa­ren, mit lan­gen, her­vor­tre­ten­den ei­ser­nen Bän­dern und Nä­geln, de­ren Köp­fe wie Cham­pi­gnons aus­sa­hen, mit Git­tern aus Ei­sen­draht, der un­ten, wie bei al­ten Bäcker­lä­den, um­ge­bo­gen war, ei­nem Fuß­bo­den von großen, wei­ßen, größ­ten­teils zer­bro­che­nen Stei­nen und kah­len, gel­ben Mau­ern, wie die ei­ner Wacht­stu­be. Da­ran schloß sich ein Hin­ter­raum und eine Kü­che, die ihr Licht vom Hofe her emp­fin­gen, und schließ­lich ein zwei­ter Raum, der frü­her ein Pfer­de­stall ge­we­sen sein muß­te. Eine in dem Hin­ter­raum an­ge­brach­te in­ne­re Trep­pe führ­te zu zwei Zim­mern hin­auf, die nach der Stra­ße gin­gen, und die Po­pi­not zu sei­ner Kas­se, sei­nem Ar­beits­zim­mer und zur Un­ter­brin­gung der Ge­schäfts­bü­cher be­nut­zen woll­te. Ober­halb der Ge­schäfts­räu­me be­fan­den sich noch drei enge Zim­mer, die an der ge­mein­sa­men Mau­er la­gen und die Aus­sicht auf den Hof hat­ten; hier woll­te er woh­nen. Es wa­ren drei ver­wahr­los­te Zim­mer, die nur einen Blick auf den un­re­gel­mä­ßi­gen, dunklen, von Mau­ern um­ge­be­nen Hof ge­währ­ten und die auch beim tro­ckens­ten Wet­ter aus­sa­hen, als ob sie eben frisch ab­ge­putzt wor­den wä­ren, ei­nem Hof, zwi­schen des­sen Pflas­ter eine schwar­ze, stin­ken­de Mas­se von der Me­las­se und dem ro­hen Zu­cker zu­rück­ge­blie­ben war. Ein ein­zi­ges von die­sen Zim­mern hat­te einen Ka­min, alle wa­ren ohne Ta­pe­ten und hat­ten einen Fuß­bo­den von vier­e­cki­gen Flie­sen. Von früh­mor­gens an kleb­ten Gau­diss­art und Po­pi­not un­ter Bei­hil­fe ei­nes Ta­pe­zie­rer­ge­hil­fen, den der Rei­sen­de auf­ge­trie­ben hat­te, selbst eine Ta­pe­te zu fünf­zehn Sous in die­sem scheuß­li­chen Zim­mer an, das von dem Ar­bei­ter mit Leim­far­be ge­stri­chen wur­de. Ein Schü­ler­bett mit ei­ner ro­ten Holz­bett­stel­le, ein schlech­ter Nacht­tisch, eine alte Kom­mo­de, ein Tisch, zwei Ses­sel und sechs Stüh­le, die der Rich­ter

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