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Silla" an durch die Adern des Jünglings rinnt. Aber zugleich zeigen diese Jugendwerke auch die Grenzen, die dem jungen Genie trotz und zum Teil auch wegen seiner Frühreife gesteckt waren. Er war ein Kind des nordischen Barbarenlandes, in dem sich auch die Wunderkinder langsamer zu entwickeln pflegen als im Süden. Als Knabe war er der dramatischen Komposition überhaupt noch nicht gewachsen, als Künstler brachte er als einziges Besitztum zwar sein musikalisches Genie mit, aber auch dieses mußte sich erst von außen her aneignen, was den Italienern schon von Jugend auf im Blute saß. Dabei war ihm außerdem seine wesentlich instrumentale Vorbildung hinderlich; dem Opernkomponisten sieht der Sinfoniker beständig über die Schulter. Auch Mozart mußte die Erfahrung machen, daß sich ein Kunstwerk von der stilistischen Geschlossenheit der italienischen Oper nicht im Sturme erobern ließ. Wohl sprossen in seinen Werken einzelne Blüten aus dem Lande des Genius auf, die zu pflücken keinem einzigen Italiener gegeben war, aber an Stileinheit im Ganzen, besonders was die gesangliche Seite anlangt, bleiben sie doch erheblich hinter den italienischen Mustern zurück, deren Unarten sie obendrein, zum Teil noch in verstärktem Maße, fröhlich mitmachen. Noch waren eben Mozarts Lehrjahre nicht zu Ende, und wir dienen weder ihm noch uns selbst, wenn wir bereits diese Zeugnisse seiner Entwicklung mit dem Schimmer der Unsterblichkeit zu vergolden suchen.

      Fußnoten

      1 Früher war man allgemein geneigt, Mozart auch in der opera seria unbedingt die Palme vor den Italienern zuzuerkennen; auch O. Jahn vertritt noch diese Ansicht. Sie mußte fallen, sobald man die italienische Kunst, die man lange nur nach dem Hörensagen gelästert hatte, auch wirklich kennenzulernen begann. Für eine objektive Beurteilung der Mozartschen Opern hat Fr. Chrysander in einer Reihe von Aufsätzen über den "Mitridate" (AMZ 1881 und 1882) die Bahn gebrochen, ihm folgt H. Kretzschmar Ges. A. II 259 ff.

      2 Vgl. Chrysander a.a.O. WSF I 341 ff. Von älteren Arbeiten vgl. L.v. Sonnleithner Caecilia XXIII 223 ff., XXIV 65 ff., XXV 65 ff. Ein Exemplar des Textbuches befindet sich auf der Berliner Bibliothek.

      3 Das Quintett fehlt in der Abschrift des Pariser Konservatoriums, findet sich aber in der des Britischen Museums (Köchel AMZ 1864, S. 495). Eine im Textbuch angegebene Arie der Aspasia im dritten Akt fehlt ganz.

      4 Nach dem Rev.-Bericht (S. 30) ist das Autograph durch Herrn Fr. Stage in Berlin zur Versteigerung gekommen; der Käufer ist nicht ermittelt worden. Dr. H. Watson in Manchester fand 1890 bei dem dortigen Buchhändler Cornish 9 Nummern des "Mitridate" im Original (Brief in der Musical Times vom 1. Juli 1890), unter denen sich auch die von Jahn angeführten Stücke befinden (s. folgende Anm.). Mit denselben zusammen fand er die Autographe der Klavierkonzerte in B und A (K.-V. 238, 488), die Stage und J.B. André in Berlin besessen hatten. Die von André verzeichneten Nummern gibt A. André in seinem handschriftlichen Verzeichnisse an (K.-V. 92). Diese Stücke waren also zusammen, und es waren also wohl nur die von Watson gefundenen Nummern Gegenstand der Versteigerung. Das vollständige Original des "Mitridate" muß nach wie vor als verschollen gelten (Deiters).

      5 Es sind folgende: 1: Arie der Aspasia "Al destin, che la minaccia" in G-Dur, lang ausgeführt, mit vielen Passagen, ziemlich steif. 8: Arie der Ismene "In faccia all' oggetto", in B-Dur 3/4, mit einem Mittelsatz in g-Moll 2/4 Allegretto; recht hübsch, ohne ausgezeichnet zu sein. 12: Arie des Sifare "Lungi da te, mio bene", in D-Dur, Adagio, eine lange gehaltene, aber nicht frische Kantilene. Im Mittelsatz G-Dur 3/4 bricht sie ab. 17: Duett in Es-Dur, viel länger ausgeführt; Adagio und Allegro werden beide wiederholt. Das Duett ist reichlich mit Terzenpassagen ausgestattet, übrigens etwas steif. 19: Arie des Mitridate "Vado incontro al fato estremo", in F-Dur. Der Ausdruck ist stolz und kräftig, die Harmonien sind ungewöhnlich kühn und frappant. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb der Sänger sie verschmäht hat; die Arie, die an ihre Stelle getreten ist, geht gerade in dieser Hinsicht über das Gewöhnliche nicht hinaus. Die Angaben Köchels (S. 92) nach Andrés Verzeichnis dürften sich doch wohl trotz einer Abweichung bei der letzten Nummer auf dieselbe Sache beziehen; wer den Irrtum begangen, konnte nicht festgestellt werden. Übrigens ist auch über den Verbleib der Autographe dieser Nummer nichts bekannt. Vgl. den Rev.-Bericht (Deiters).

      6 Kretzschmar S. 263.

      7 Vgl. WSF 346 f.

      8 S.o.S. 83.

      9 S.o.S. 149 f.

      10 S.o.S. 210.

      11 Auch die Anfangsphrase des Solos ist identisch mit den beiden Choranfängen.

      12 Bachs Komposition nähert sich der Gluckschen auch musikalisch weit mehr, nur ist deren Strenge ins Weiche, Wehmütige gemildert.

      13 Bach gliedert sein Duett genau wie Mozart. Sein Allegro beginnt:

      Die Vermutung liegt nicht fern, daß hier der Meister durch den Schüler angeregt worden sein könnte. Im übrigen sei auf die Verwandtschaft des Bachschen Anfangs mit Blondchens Arie "Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln" hingewiesen.

      14 S.o.S. 199. Vgl. bei Mozart Nr. 2, 12, 14. Nr. 1, 3 und 15, die WSF I 487 hierher rechnen, gehören anderen Formen an: Nr. 1 und 15 haben ein volles, wenn auch variiertes da capo, Nr. 3 ein um die Hälfte verkürztes.

      15 Übergangsformen sind Nr. 2, wo der zweite Teil Anklänge an den ersten und am Schluß das Anfangsritornell bringt, und ähnlich Nr. 13.

      16 In Piccinnis "Ciro" (I 4) geht das analoge Motiv durch:

      Man beachte dabei auch die gleichartige Dynamik.

      17 In Bachs Andantesatz kommt diese Empfindung besser zum Ausdruck.

      18 Bezeichnend ist auch hier die sorgfältiger als je angegebene Dynamik mit ihrem plötzlichen Wechsel von p und f, ihren häufigen Sforzati und Crescendi.

      19 Bemerkenswert ist, daß drei Arien (1, 2, 5) dasselbe, von Paisiello beeinflußte (s.u.) Seitenthema in verschiedener Gestalt bringen:

      Der Typus kehrt bekanntlich bei Mozart immer wieder.

      20 Das Bachsche Werk ist zugleich eine ergötzliche Parodie auf die ganze zopfige Gattung.

      21 Marpurg, Histor. -krit. Beiträge III 1757, S. 44 f.

      22 Opere di Gius. Parini pubblicate ed illustrate da Franc. Reina. Mail. 1802. Vol. IV.

      23 Die drei Hauptpersonen waren auch 1763 in Bologna in Glucks "Trionfo di Clelia" zusammen aufgetreten (Dittersdorf, Selbstbiogr. S. 88 f.).

      24 Mar. Ant. Girelli-Aguilar hatte 1769 in Parma die Euridice in Glucks "Orfeo" gesungen, Gius. Tibaldi, der damals schon ziemlich bejahrt war, war der erste Darsteller des Admet in Glucks "Alceste" (1767) gewesen.

      25 Björnstahl, Briefe II, S. 296. Teutsch. Merc. 1789 III, S. 299 f

      26 Erinnerungen an Meyer I 77.

      27 "Der Erzherzog und seine Frau befinden sich wohl und sehr vergnügt", schreibt L. Mozart (B III 119), "welches Sr. Maj. der Kayserin eine sonderbare Freude seyn wird, weil man besorget war, daß er an seiner Braut wenig Vergnügen haben werde, indem sie nicht schön ist; sie ist aber ungemein freundlich, angenehm und tugendhaft, folglich von jedermann geliebt und hat den Erzherzog sehr eingenommen, denn sie hat das beste Herz und die angenehmste Art von der Welt".

      28 Gerade die Ballette dirigierte der Dirigent damals häufig aus der Baßstimme. Meist stammten sie gar

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