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Sah sie nicht zu romantisch aus? Sollte sie sich vielleicht doch lieber für Jeans und Bluse entscheiden?

      Abrupt verließ Silvia schließlich das Schlafzimmer. Leger kleiden konnte sie sich, wenn sie mit den Kindern in den Zoo ging oder mit Tobi einen Spaziergang am See machte.

      Die Kinder machten große Augen, als ihre Mutter schließlich die Treppe heruntergeschritten kam.

      »Wow, du siehst aus wie eine Südstaaten-Schönheit«, sagte Jana andächtig mit vor Staunen geöffnetem Mund.

      »Ja, wie Scarlett O’Hara«, fügte Alex verzückt hinzu.

      Silvia lachte glücklich. »Jetzt hört aber auf mit euren Komplimenten, ihr macht mich ja ganz verlegen.«

      »Können wir jetzt losfahren?« fragte Jana aufgeregt.

      Silvia sah zur Uhr. »Ich fürchte, es macht keinen besonders guten Eindruck, wenn wir über eine Stunde zu früh dort erscheinen.«

      »Wir können ja solange mit Tobi in den Wald gehen«, schlug Alex vor.

      »Untersteht euch! Danach seht ihr in der Regel aus wie kleine Ferkel – oder wollt ihr euch nachher wieder umziehen?«

      »Nein!«

      Endlich war es Zeit zum Aufbrechen. Sonja hatte kurz zuvor noch einmal angerufen, um sich zu vergewissern, daß Silvia nicht doch noch kniff.

      Beide Seiten der Straße, in dem der Staatsanwalt seine Villa hatte, waren mit parkenden Autos zugepflastert, und Silvia hatte Mühe, einen Parkplatz zu finden, der für ihren großen Wagen passend war und keine Ausfahrt versperrte.

      »Wir sind bestimmt die letzten«, maulte Jana, als sie endlich aussteigen konnte. »Ich mag es nicht, zu spät zu kommen.«

      »Nun hör auf zu meckern und freu dich, daß das Wetter so schön ist.« Silvia nahm ihren Hut von der Rückbank und setzte ihn auf. »Wo ist Tobi?«

      Der war schon ein Stück vorgelaufen und beschnüffelte die unbekannten Gehwege.

      »Nehmt ihn lieber an die Leine. Wir wissen ja nicht, wie er auf die anderen Hunde reagiert.«

      »Unser Tobi tut doch keinem anderen Hund etwas«, protestierte Jana, leinte den Berhardiner jedoch sofort an.

      Das Tor stand einladend weit offen, und hinter dem großen Haus waren Gelächter und laute Musik zu hören.

      Als das Gespann mit Hund um die Ecke trat, kam ihm gleich Sonja entgegen.

      »Schön, daß ihr da sein. Hallo, Jana und Alex, wollt ihr nicht zu den anderen Kindern dort drüben gehen? Ich habe gehört, da hinten gibt es Limonade und Kuchen in Mengen.«

      Das ließen sich Silvias Kinder nicht zweimal sagen. Mit dem Hund an ihrer Seite liefen sie zum hinteren Teil des gepflegten Gartens, der mit bunten Girlanden und Luftballons geschmückt war.

      Sonja nahm Silvias Arm. »Und wir beide gönnen uns jetzt ein schönes Glas Frühlingsbowle.«

      »Frau Kirstein, wie schön, daß Sie kommen konnten!« Jörg Bürgers kam mit großen Schritten auf die beiden Frauen zu und reichte Silvia die Hand. »So gefallen Sie mir übrigens wesentlich besser, als wenn Sie mir im strengen Kostüm im Gerichtssaal gegenüberstehen und mir die Hölle heiß machen.«

      Silvia lachte fröhlich. »Welch niederschmetterndes Urteil! Bin ich wirklich so schrecklich?«

      »Nun, für Ihre Klienten ist es natürlich das beste, was ihnen passieren kann. Ach, da kommt meine Frau. Ich darf Sie bekannt machen?«

      »Sehr erfreut.« Gabriele Bürgers war eine hübsche zierliche Person, die Silvia auf Anhieb mochte. »Ich hoffe, Sie werden sich bei uns wohl fühlen.«

      »Ich fühle mich jetzt schon sehr wohl«, entgegnete Silvia herzlich. »Sie haben ein wunderschönes Haus.«

      Inzwischen war Sonja mit zwei Gläsern Bowle zurückgekommen und reichte eines davon Silvia.

      »Gabriele, ist denn unser Ehrengast schon eingetroffen?« fragte Jörg und sah sich um.

      Die Frau schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Er hat vorhin angerufen und sich für die Verspätung entschuldigt. Aber jetzt wird er bald hier sein.«

      »Ein Ehrengast?« fragte Silvia mit unverhohlener Neugier. »Wer ist es denn?«

      »Unser neuer Richter am Amtsgericht«, erwiderte der Staatsanwalt augenzwinkernd. »Er soll gleich wissen, mit wem er es in Zukunft zu tun haben wird.«

      »Oje, da muß ich mich aber gut mit ihm stellen, damit ich einen Stein im Brett bei ihm habe!« rief Silvia übermütig.

      Gabriele nickte lachend. »Dasselbe hat mein Mann auch schon gesagt. Oh, ich glaube, da kommt er schon.«

      Erwartungsvoll drehte sich auch Silvia um – und erstarrte. Die Haare waren kürzer als früher und auch der Schnurrbart war verschwunden, aber bei dem neuen Richter handelte es sich eindeutig um Stefan Winter, Silvias Jugendliebe!

      Jörg und Gabriele eilten auf den Neuankömmling zu, der etwas verloren dastand.

      »Der sieht aber gut aus«, raunte Sonja der noch immer fassungslosen Silvia zu. »Könnte mir auch gefallen.«

      »Wie bitte?«

      »Ich sehe schon, er gefällt dir auch. Dann werde ich mal nachsehen, was Jana und Alex machen.« Mit diesen Worten drehte sich Sonja um und schlenderte in den hinteren Teil des Gartens. Am liebsten wäre ihr Silvia gefolgt, doch ihre Beine waren wie Blei und bewegten sich keinen Millimeter von der Stelle.

      Inzwischen hatte auch Stefan die hübsche Frau in dem romantischen Kleid und dem riesigen Strohhut entdeckt. Ungläubig näherte er sich zögernd Silvia.

      Als er sie erreicht hatte, fragte er leise: »Silvia? Bist du es wirklich?«

      Sie konnte nur stumm nicken und nahm vor Verlegenheit einen viel zu großen Schluck von der Bowle, so daß sie sich um ein Haar verschluckt hätte. Sie räusperte sich und sagte schließlich: »Das ist eine große Überraschung, dich hier zu sehen.«

      »Ja, mir geht es nicht anders. Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?«

      »Nun, es ist viel passiert. Erzähle mir lieber, was dich in unsere Stadt zurückgetrieben hat.«

      »Das ist schnell erklärt: Nach dem Abschluß meines Studiums wurde ich als Richter ans Berliner Amtsgericht berufen. Doch die Hektik dieser schnellebigen Großstadt ist nichts für mich. Als ich dann vor kurzem hörte, daß hier eine Stelle frei wird, habe ich mich sofort darum bemüht.«

      Silvia nickte. »Ja, der alte Richter Mierschke geht in Pension.«

      Stefan sah sich um. »Bist du allein hier?«

      »Ja, das heißt natürlich nein. Meine Kinder sind auch hier irgendwo.«

      »Du hast Kinder?« fragte er erstaunt, als hätte er damit nicht gerechnet.

      »Ja, und Tobi ist auch hier«, fügte Silvia schnell hinzu.

      »Aha, Tobi ist sicherlich dein Mann.«

      »Nein, unser Hund – aber er wiegt soviel wie ein ausgewachsener Mann«, erklärte sie schmunzelnd. »Da hinten, der dicke Bernhardiner, das ist unser Tobi und die zerzausten Kinder, die ihm nachlaufen, sind Jana und Alex.«

      Stefan blickte der munteren Truppe nach, bis sie hinter dem weißen Pavillon verschwunden war. »Deiner Tochter nach zu urteilen, mußt du sehr kurz nach unserer Trennung eine neue Liebe gefunden haben.«

      Silvia warf ihm einen hastigen Blick zu. »Ja, weißt du… damals, als du fortgegangen warst, fühlte ich mich sehr einsam. Du hast kaum etwas von dir hören lassen, und als mir dann Robert über den Weg lief…«

      »… hast du mich ganz schnell vergessen, nicht wahr?« fragte er mit traurigem Unterton.

      »Nein, das habe ich nicht – obwohl ich es mir gewünscht hatte. Du warst für mich unerreichbar

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