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Wächter der Runen (Band 3). J. K. Bloom
Читать онлайн.Название Wächter der Runen (Band 3)
Год выпуска 0
isbn 9783038961604
Автор произведения J. K. Bloom
Жанр Языкознание
Серия Wächter der Runen
Издательство Bookwire
Mit einem letzten Blick zu Lokris, der mich noch immer charmant anlächelt, bohre ich meine Zähne in die zarte Keule und hätte beinahe ein genussvolles Stöhnen von mir gegeben. Die Haut ist leicht gewürzt, sodass in meinem Mund eine Geschmacksexplosion nach der anderen folgt.
Es fällt mir schwer, nicht gierig zu essen, sondern genauso gemächlich wie die anderen am Tisch. Doch die Keule ist schneller verschlungen, als ich gedacht hätte. Nach meinem nur leicht gefüllten Magen zu urteilen, hätte ich vermutlich noch zehn weitere Fleischstücke essen können.
Stattdessen reiße ich mir jedoch etwas von dem Brot ab und nage an diesem, um meinem Hungerleiden entgegenzuwirken.
Erst da bemerke ich Roans wachsame Augen, die mich wohl schon seit Längerem im Visier haben. Als ihm klar wird, dass mir sein Starren aufgefallen ist, nimmt er einen großen Schluck aus seinem Becher und beginnt erneut ein Gespräch.
»Ravanea, ich würde gerne deine ganze Geschichte kennen. Von Anfang an. Wie mir zu Ohren gekommen ist, bestand dein Leben nur aus Leid und Verlust.«
Da dies eine Aufforderung ist, die ich nicht einfach mit einem Schweigen abtun kann, antworte ich ihm mit dem Nötigsten. »Wieso? Der Anfang sollte Euch doch bekannt sein.«
Er seufzt genervt. »Ja, aber ich wollte es aus deinem Mund hören.«
Ich sehe ihn nur mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
Er wendet sich an seinen Vater. »Bist du nicht auch der Auffassung, dass wir mehr darüber wissen sollten?«
Plötzlich wirkt der Imperator sehr interessiert, was mich frösteln lässt. »Tatsächlich würde ich gerne erfahren, was geschah, als deine Mutter sich opferte, um dich an einen anderen Ort zu bringen.«
Darüber können sie wohl nicht jedes Detail kennen, da ich sozusagen untergetaucht war. »Sie brachte mich in Sicherheit.« Meine Miene verfinstert sich. »Vor Euch.«
Erneut rührt sich kein einziger Muskel in seinem Gesicht. »Das ist mir bewusst. Aber wohin? Stimmt es, dass es sich dabei um das Dorf Urnach handelte? Meine Soldaten berichteten mir, dass sie dich dort gefangen nahmen, du dann jedoch trotzdem fliehen konntest.«
Mein Puls beschleunigt sich. »Ich bin eben eine Überlebenskünstlerin.«
»Dein Kerker war verschlossen. Deine Kräfte wurden mit einer Rune unterdrückt. Wie hast du das also geschafft? Ich glaube nämlich, dass dir jemand geholfen hat. Und ich will wissen, wer.«
Mir kommt das unschuldige kleine Mädchen mit den schweren, dunklen Locken und den Rehaugen wieder in den Sinn. Wäre Aralena damals nicht gewesen, die sich ins Gefängnis geschlichen hatte, um uns die Schlüssel zu reichen, hätte ich vermutlich mit dem Imperator schon viel eher an diesem Tisch gesessen.
Doch er darf niemals erfahren, dass sie mir geholfen hat. Er könnte einen Soldaten damit beauftragen, sie hinrichten zu lassen, weil sie einer Abtrünnigen zur Flucht verhalf.
Auch wenn es mich unwahrscheinlich viel an Überwindung kostet, dem Imperator zu widersprechen und ihm etwas vorzuenthalten, tue ich es dennoch. Für Aralena. »Wie ich schon sagte: Ich bin eine Überlebenskünstlerin.«
Gerade als ich denke, dass er meine Antwort einfach so akzeptieren würde, geschieht etwas vollkommen Unerwartetes. Viel zu spät erkenne ich, wie der Imperator nach der Gabel greift, diese in die Höhe hebt und mit voller Wucht in meinen Handrücken rammt.
Schmerz zieht sich bis in meinen Oberarm und ich schreie qualvoll auf. Die Spitzen stecken in dem Holz, nageln meine Hand an dem Tisch fest, sodass ich ohne meine zweite diese nicht befreien kann.
Wieso hat er mir einfach eine Gabel durch die Hand gestochen?
Ich keuche auf.
Die Pein ist so unerträglich, dass mir sofort Tränen in die Augen schießen und ich den Stiel der Gabel umschließe, um sie aus meiner Hand zu ziehen. Mein ganzer Körper zittert und ich traue mich nicht einmal, meine Finger zu bewegen. Die Knochen hat er mir ebenfalls gebrochen.
»Wenn du die Gabel herausziehst, ohne mir vorher die Wahrheit gesagt zu haben, werde ich deine zweite Hand ebenfalls festnageln. Ich kann es nicht leiden, wenn man mir Sachen vorenthält«, droht das Monster mir.
Ich atme ein und aus. Ist er vollkommen wahnsinnig? Was ist das für eine schreckliche Art, an die Wahrheit zu kommen? Macht er das mit all seinen Gästen?
Großer Schöpfer, diese Schmerzen sind grauenvoll.
›Ruhig bleiben, Ravanea. Du musst ihm ja keinen Namen geben, sondern beschreibst einfach nur, dass dich ein Mann befreit hat, aber du nicht weißt, wie er heißt. Das muss er dir einfach abkaufen‹, will mich Danev beschwichtigen. ›Später werde ich versuchen meine Heilkräfte zu aktivieren, auch wenn es nicht einfach wird.‹
Tränen laufen mir über die Wangen, weil ich die Qual nicht lange aushalte. Diese Gabel muss sofort aus meiner Hand, sonst wird die Wunde nur noch schlimmer. Aber was sage ich nun? Ich darf Aralena auf keinen Fall verraten!
»Es war ein Mann«, presse ich zwischen den Lippen hervor. »Er schlich sich in das Gefängnis und gab uns den Schlüssel. Dann verschwand er. Ich schwöre, ich habe keine Ahnung, wer es gewesen ist!«
Durch meine wehleidige Stimme wird auch der Imperator seine Schwierigkeiten haben, die Lüge herauszuhören. Er mustert mich eine lange Zeit, während ich seinem Blick standhalte und innerlich dafür bete, dass Danevs Vorschlag Wirkung zeigt. Kora hat mir damals auch ständig Fragen gestellt und mich gefoltert, wenn ich darauf keine Antwort gab oder sie anlog.
Beim Imperator ist das ein noch viel grauenvolleres Gefühl. Seine Züge sind unvorhersehbar, was ihn noch weitaus gefährlicher als die Kommandantin macht.
Ich bekomme beinahe keine Luft, so sehr spannt sich mein Körper an, der sich gegen die Pein wehrt. Ein Wimmern will meiner Kehle entfliehen, aber ich dränge es mit aller Gewalt zurück.
Nach einer geschlagenen Minute nickt der Imperator nur knapp und ich ziehe mit einem Ruck die Gabel aus meiner blutenden Hand. Die Knochen knacken, Blut sickert über meine Haut und ein leises Wimmern löst sich aus meinem Hals.
Mein Blick gleitet zu den anderen, die mich mit kalter Miene beobachtet haben.
»Bringt sie zurück auf ihr Zimmer!«, ruft er schließlich laut in den Raum.
Nur wenige Sekunden später rücken wieder die sechs Soldaten an, die mich in mein Gemach begleiten sollen. Der Appetit ist mir längst vergangen und ich bin auch nur noch froh, von diesen Monstern wegzukommen.
Doch gerade als ich mich erheben will, greift der Imperator nach meiner verletzten Hand und drückt diese erneut auf den Tisch zurück. Ich gebe einen wehleidigen Laut von mir, ehe ich ihn ansehe.
Seine erbarmungslose Miene lässt das Blut in mir gefrieren. »Ich werde das überprüfen lassen. Sollte sich herausstellen, dass du mich angelogen hast, werde ich deine Hand abschneiden.«
Wie bitte? Vom Imperator persönlich? Nein, das darf er nicht! Ist das sein Ziel? Mich Stück für Stück zu verstümmeln?
Mit einem Schlag überkommt mich eine vollkommen neue Angst. Sie ist tiefer, bringt meinen gesamten Körper zum Beben und entfacht eine Furcht, die mich zu schrecklichen Gedanken drängt. Dieses Monster vor mir ist das Schlimmste, was einem Menschen in dieser Welt passieren kann. Kora ist gegen sein Grauen harmlos.
Er blickt kurz auf meine Hand hinab und verzieht unzufrieden das Gesicht. »Dein Aussehen widert mich so sehr an, dass ich es damals nicht einmal über mich brachte, dein Gesicht verunstalten zu lassen, als ich dich in den Gewölben festhielt.«
Was will er denn damit sagen? Würde man dann nicht erst recht meine Haut entstellen wollen? Wie soll ich diese Aussage verstehen?
Wie kann man nur so schrecklich sein? Wahnsinnig und schrecklich zugleich.
Allein wenn ich an ihre Foltermethoden zurückdenke