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sie, um etwas zu sagen, aber die Furcht lähmt mich.

      Roan grinst amüsiert und greift nach seinem eigenen Getränk, das vor ihm steht. »Ehrlich gesagt, bin ich äußerst interessiert daran, meine kleinen Experimente an einem Todeskriecher auszuprobieren. Schließlich schlummern in ihnen auch ungeahnte Kräfte und ein Teil des Todes.«

      Nein, bitte nicht. Er wird Finn leiden lassen.

      Unter dem Tisch balle ich die Hände zu Fäusten, um meine Wut vor ihm zu verbergen. Wenn er merkt, dass mir seine Foltermethoden zu nahe gehen, wird er es an den beiden weiterhin auslassen.

      Falls ich Roan richtig einschätze, ähnelt seine Einstellung der von Kora und seinem Vater sehr. Er liebt Schmerz und weidet sich offensichtlich daran, an niederen Menschen seine Macht auszuüben.

      Das Schweigen ist damit die beste Variante, um die Situation der beiden nicht zu verschlimmern. »Allerdings habe ich es heute nur bei deinem Bruder geschafft, die ersten Anfänge auszuprobieren, und es hat mich sehr überrascht, wie viel Durchhaltevermögen er besitzt.« Roan seufzt. »Hat er wohl von seiner Schlampen-Mutter.«

      Dieser verdammte, arrogante Sohn eines Monsters! Am liebsten würde ich sofort auf ihn losspringen und ihm den dürren Hals umdrehen. Wie kann er es nur wagen, so über meinen Bruder oder meine Mutter herzuziehen?

      »Wo bleiben deine Geschwister, Roan?«, fragt der Imperator ungeduldig.

      Sein Sohn wirkt empört. »Keine Ahnung! Ich bin jedenfalls da.«

      Nur einen Augenblick später höre ich Absatzschuhe über den Mosaikboden laufen. Zwei weitere Personen betreten den Speisesaal und kommen auf den Tisch zu.

      Der hochgewachsene Mann wirkt älter als Roan und besitzt aschblondes Haar und himmelblaue Augen. Seine Strähnen sind zurückgekämmt, womit er recht förmlich aussieht, doch sein fieses Grinsen verrät etwas anderes.

      Seine Begleitung ist eine junge Dame, vielleicht gerade einmal sechzehn Jahre alt. Sie hat einen zierlichen Körperbau und trägt ein rubinrotes, schillerndes Kleid. Durch ihre ebenfalls fast weißen Haare sieht sie unbeschreiblich schön aus. Doch in ihren dunkelbraunen Augen erkenne ich nur Verachtung für mich.

      »Iih! Wir essen mit dieser … Gefangenen?«, nörgelt sie und setzt sich neben ihren Bruder Roan.

      »Mir passt das auch nicht«, stimmt dieser zu.

      Doch der Älteste von ihnen schenkt mir ein charmantes Lächeln. »Ich wüsste nicht, weshalb eine solche Schönheit Verachtung von euch beiden verdient hätte. Außerdem ist sie ebenfalls eine Adlige, schon vergessen?«

      »Das zählt nicht«, murrt das Mädchen und verschränkt beleidigt die Arme vor der Brust. »Ihre Mutter hat dem Palast den Rücken gekehrt, was sie zu einer Abtrünnigen und damit Verbrecherin macht.«

      »Abgesehen davon war sie mit einem Bauern zusammen«, fügt Roan hinzu. »Das hat ihr Adelsblut zunichtegemacht.«

      Er war mehr als nur ein Bauer! Er war mein Lehrer, mein Beschützer, die große Liebe meiner Mutter. Es bringt meine Augen zum Brennen, in Zusammenhang mit ihren grausamen Worten an ihn zurückdenken zu müssen und dass er wegen mir sein Leben ließ.

      Ohne meinen Vater hätte ich niemals überlebt. Er lehrte mich das Kämpfen, führte mich in die Kunst der Runen ein, brachte mir Stehlen und Spurenlesen bei. Er zeigte mir jeglichen erdenklichen Weg, den ich im Leben gehen konnte, und ich habe jeden einzelnen von ihnen gebraucht.

      Nun zu hören, wie sie über ihn herziehen, zerreißt mir das Herz. So etwas hat er nicht verdient.

      »Schluss jetzt«, unterbricht der Imperator das Gespräch. »Lokris, setz dich.«

      Der Älteste nimmt direkt neben mir Platz, was mir eine eisige Gänsehaut verpasst. Er beugt sich zu mir, lässt seinen Arm auf meine Stuhllehne fallen und kommt mir so nahe, dass ich seinen heißen Atem auf der Haut spüre. »Ich bin unfassbar interessiert an dir, meine liebe Ravanea. Wir könnten doch auch mal allein speisen, um uns besser kennenzulernen.«

      Ich schließe die Lider und atme noch einmal tief durch. Das hier ist eindeutig zu viel für mich, da ich weder mein Schwert heben kann, um einen von ihnen zu erschlagen, noch etwas einwenden darf, da ich sonst alles nur noch schlimmer mache. Sollte ich auf Lokris’ Andeutung eingehen, könnte es passieren, dass ihn das nur noch mehr antreibt.

      Auch wenn ich es nicht gerne tue, ist Schweigen noch immer eine der besten Optionen.

      »Das besprechen wir wann anders, Lokris«, unterbricht ihn der Imperator.

      Sein Sohn wendet sich wieder dem Tisch vor sich zu, scheint jedoch beleidigt darüber zu sein, nicht weitermachen zu dürfen. Sein Interesse an mir gefällt mir ganz und gar nicht. Da sind mir Roan und seine garstige Schwester viel lieber.

      »Das Essen«, ruft der Imperator durch den Raum und plötzlich kommen mehrere Diener hereingelaufen, die befüllte Platten tragen und diese auf den Tisch stellen.

      Der Duft von gebratenem Fleisch und frisch gebackenem Brot kriecht in meine Nase. Mein Hunger macht sich mit einem Magenknurren bemerkbar.

      Ich sehe zum Imperator, den ich verstohlen mustere. Es ist immer noch ein unbeschreibliches Gefühl zu wissen, dass dieses Monster, das nur sehr wenige Menschen zu Gesicht bekommen, gleich drei Kinder gezeugt hat. Er wirkt mit seiner erschreckenden Erscheinung nicht nur unheimlich, sondern auch unfassbar angsteinflößend.

      Ich schaue mir nochmals die drei Kinder an und erkenne, dass Lokris und das blonde Mädchen sehr ähnliche Züge haben, als besäßen sie diese von ihrer Mutter. Roan hingegen ähnelt weder seinen Geschwistern noch seinem Vater.

      Hat Nura nicht damals erwähnt, dass der Imperator nur einen Sohn hätte? Ob die blondhaarigen Geschwister von einem anderen Mann abstammen? Vielleicht hat die erste Gattin es nicht lange mit dem Monster ausgehalten.

      Jeder schaufelt sich etwas auf seinen Teller, bevor das erste Gespräch losgetreten wird, das die Tochter beginnt. »Wie weit ist Mutter eigentlich mit den Vorbereitungen für meine heiratsfähigen Männer?«

      »Sie hat im Moment keine Zeit dafür, Lokrezia«, antwortet ihr Vater gefühlskalt. Er begründet noch nicht einmal, weshalb seine Gattin diese nicht besitzt.

      Lokrezia erwidert jedoch auch nichts. Ob sie so erzogen worden sind, niemals ihrem Vater zu widersprechen? Oder auch nur nachzuhaken?

      »Mir ist aber langweilig«, sagt sie wie ein kleines Kind, das eine neue Beschäftigung sucht. »Kann mich nicht wenigstens dieser Kaufmanns-Junge besuchen? Den du letztens eingeladen hast, weißt du noch?«

      »Es ist zurzeit nicht möglich.«

      »Hol dir doch einen der Gefangenen, Rezia«, schlägt ihr großer Bruder grinsend vor. »Du solltest ihn nur vorher waschen. Viele von ihnen haben Entzündungen, Eiter, offene Wunden, aufgeschlitzte …«

      Plötzlich schlägt der Imperator mit der Faust so fest auf den Tisch, dass ich beinahe vor Angst vom Stuhl gefallen wäre, da ich glaubte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Ich zucke zusammen und lege die Arme schützend um mich.

      »Es reicht jetzt! Wir reden am Tisch nicht über dieses Drecksloch und vor allen Dingen nicht beim Essen.«

      Ich wage es erst wieder zu atmen, als Roan nur mit den Augen rollt und damit die kurze Rage seines Vaters als Lappalie hinstellt. Die anderen beiden widmen sich weiterhin dem Essen auf ihrem Teller.

      Die Angst sitzt noch zu sehr in meinen Gliedern, als dass ich nach etwas greifen könnte.

      Lokris bemerkt meine Zurückhaltung und schnappt sich eine gebackene Keule, die er mir auf den Teller wirft. »Iss, meine Hübsche«, fordert er mich auf. »Eine solche Gelegenheit wirst du nicht so schnell wieder bekommen.« Er sieht für den Moment zur Decke, als würde er seinen Satz überdenken. »Es sei denn, du entscheidest dich freiwillig, öfter mit mir gemeinsam zu speisen.«

      Keine hundert Runenplaketten würden mich dazu bringen. Lieber verrotte ich in meinem Turmzimmer.

      Ich

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