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Wächter der Runen (Band 3). J. K. Bloom
Читать онлайн.Название Wächter der Runen (Band 3)
Год выпуска 0
isbn 9783038961604
Автор произведения J. K. Bloom
Жанр Языкознание
Серия Wächter der Runen
Издательство Bookwire
Aber nun, bei Ravass’ grauenhaften Anblick, sinkt meine Zuversicht um Längen.
Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich nur zusehen und nicht handeln. Ich weiß einfach nicht mehr weiter, habe keine Ahnung, wie ich die Situation in den Griff kriegen soll.
Ob Kora dieses Mal recht behalten wird? Ist dies unser Grab?
Es tut mir leid, Rave. Es tut mir so unbeschreiblich leid.
6 – Ravanea
Obwohl ich noch einige Fragen an Torava hatte, musste sie irgendwann gehen, da sie meinte, eigentlich nicht hier sein zu dürfen. Sie hatte die Wache an der Tür bestochen, um zu mir hereingelassen zu werden.
Es vergehen Stunden, in denen ich weder Geräusche noch Stimmen vernehme. Einzig das leise Pfeifen des Winds, der sich durch die Lücken im Fenster drückt, ertönt in dem trostlosen Raum.
Mein Magen knurrt laut, da ich seit fast einem Tag nichts mehr gegessen habe. Tatsächlich erwäge ich den Gedanken, dass der Imperator mich möglicherweise an meine Grenzen treiben möchte, doch damit erreicht er nicht die Entsieglung der Rune. Liegt es überhaupt in seiner Absicht, mich zu quälen?
Als die Sonne am Horizont untergeht, vernehme ich Schritte von der anderen Seite und einige Stimmen. Da sie undeutlich und dumpf durch die dicke Tür dringen, verstehe ich nicht, worum es in dem Gespräch geht.
Jemand klopft an und tritt herein. Ich platziere mich neben dem Fenster, um genügend Abstand zu der unbekannten Person zu halten.
Eine kleine, schlanke Dame, die ein graues, schlichtes Kleid trägt, verbeugt sich vor mir. »Guten Tag, Miss. Ich bin Natava, Eure Zofe für Euren derzeitigen Aufenthalt, und soll mich darum kümmern, Euch zu waschen und anzuziehen. Der Imperator hat Euch zum Essen eingeladen.«
Wie bitte? Ich sehe sie fassungslos an. »Was?«
Natava streicht sich schüchtern eine dunkelbraune Strähne hinter das Ohr, die aus ihrem seitlich geflochtenen Zopf gefallen ist. »Ihr speist heute mit seiner Familie am selben Tisch.«
Allein der Gedanke, mit diesem Monster in einem Raum zu sein, verpasst mir eine eisige Gänsehaut.
Was soll das Ganze? Versucht er mich etwa auf seine Seite zu ziehen? Oder auf eine andere Weise die Rune zu entsiegeln?
›Ich denke auch, dass er etwas vorhat. Der Imperator ist zu trügerisch, um ihm seine Gutmütigkeit abzukaufen‹, stimmt Danev mir zu.
»Nein«, entgegne ich. »Ich werde ganz bestimmt nicht mit ihm und seiner Familie an einem Tisch sitzen.«
Die Zofe senkt betrübt den Kopf. »Er sagte bereits, dass Ihr Euch weigern würdet, deshalb soll ich Euch von ihm ausrichten, dass er Euren Bruder und den Kopfgeldjäger augenblicklich töten wird, solltet Ihr nicht zum Essen auftauchen.«
Wütend balle ich eine Hand zur Faust und beiße die Zähne zusammen.
Er will mich also erpressen? Aber was hat er davon, wenn ich ebenfalls am Tisch sitze? Amüsiert es ihn, mir anzusehen, wie sehr ich darunter leide, gefangen zu sein?
Ich stoße einen genervten Laut aus, da ich es nicht zulassen darf, dass Ravass und Finn etwas geschieht. Vermutlich werden sie bereits von Kora gefoltert, deren Methoden mir nur allzu bekannt sind.
Wie viele Tage können sie noch durchhalten? Allzu lange darf ich mich nicht mit einem Fluchtplan aufhalten.
»Ich lasse ein Bad für Euch ein. Ein Kleid habe ich auch bereits herausgesucht«, durchbricht Natava die Stille, die sich über uns gelegt hat, und verschwindet nach draußen.
Zugegeben, das warme Wasser, die wohltuende Kräutermischung und die Ruhe haben mir unwahrscheinlich gutgetan.
Das letzte Mal, als ich solchen Luxus genießen durfte, war damals in Taseds Anwesen, als Finn mich dem Imperium ausliefern wollte und ich ihm dank Eward entkam.
Ich wünschte, ich könnte dorthin zurück, um das Schicksal zu verändern. Dann hätte ich Finn vor dem Tod bewahrt und wäre mit ihm gemeinsam vor dem Imperator davongelaufen. Mutter würde noch unter uns weilen und vielleicht wären wir auch nie letztendlich in Baltora gelandet.
Meine Zweifel sind so stark, dass sie sich wie eine riesige Welle über mir aufbäumen. Eine Stimme in mir – damit meine ich nicht Danev – redet mir immer wieder ein, dass meine Hoffnung, es hier herauszuschaffen, einem unerreichbaren Traum gleichkommt. Diese Festung ist ohne die Hilfe von außen unmöglich zu überwinden. Nura, Iain und der Erbauer wären dumm, wenn sie uns retten würden, denn unsere Leben sind es nicht wert. Sollte ich sterben, findet Danev einen anderen Körper.
Es liegt also ganz allein an mir, eine Lösung zu suchen, auch wenn die Verzweiflung erst einmal stärker als die Hoffnung ist.
Natava zieht mich gerade in meinem vornehmen Zimmer an. Da ich noch nie solche Kleidung getragen habe, geschweige denn Stoffe aus Seide je berührte, ist es nun ungewohnt, in sie eingehüllt zu werden.
Meine aschblonden Haare fallen in Wellen über meine Schultern. Natava hat sie mit dünnen Klammern ein wenig hochgesteckt, damit ich etwas vornehmer aussehe.
Das Kleid, das ich trage, ist mitternachtsblau und besitzt am Saum einen helleren Farbübergang, als würde es von zartem Licht angestrahlt werden. An meinen Fingern besitzen die Ärmel eine Schlaufe, sodass sich diese um meinen Mittelfinger windet und meinen Handrücken bedeckt. Der obere Teil ist so geschnitten, dass niemand meine wulstigen Narben sieht, die sich bis zu meinem Hals ziehen.
Ob der Imperator vor seiner Familie verbergen will, wie grausam ich unten in den Gewölben gefoltert wurde? Aber weshalb? Jeder weiß, wie rücksichtslos er wirklich ist.
Als Natava mit mir fertig ist, blicke ich in die graublauen Augen einer adligen Frau. Beinahe hätte ich mich selbst nicht wiedererkannt. So langsam verstehe ich allerdings, weshalb ich meine Mutter immer als besonders schön empfand. Ihre Haut war rein, die Züge waren kantig, aber gleichmäßig. Genau wie meine.
Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich dem Adel angehöre. Ich würde mich viel wohler fühlen, wenn ich wieder meine Lederrüstung trüge und in Massott lebte. Jeder Ort wäre besser als dieser hier.
Natava lächelt mich vorsichtig an, bevor sie die Tür öffnet. »Ihr seht wunderschön aus, Mylady.«
Ich senke den Blick und versuche mir meine innere Wut nicht anmerken zu lassen.
Unglaublich, dass ich mich für ein Essen mit dem Imperator zurechtmachen musste. Mich überkommt der Drang, das Kleid zu zerreißen. Ich bin für diese Welt nicht geschaffen, was ich wohl auch von meiner Mutter geerbt habe. Sie floh ebenfalls aus gutem Grund von diesem Ort.
Mit einem tiefen Atemzug mache ich einen Schritt über die Türschwelle, hinter der mich bereits sechs gerüstete Soldaten erwarten. Sie umkreisen mich wie ein Schwarm Vögel, sodass es schon beinahe aussichtslos ist, auf irgendeine Weise zu fliehen. Durch ihre breiten Schultern und die stämmige Rüstung bekomme ich kaum etwas von meiner Umgebung mit.
Wir positionieren uns auf einer der Schwebeplattformen, um in ein unteres Stockwerk zu fahren. Natava bleibt zurück und schenkt mir noch zum Abschied einen aufmunternden Blick, bevor sie aus meinem Sichtfeld verschwindet.
Obwohl ich die Angst gewohnt sein müsste, ist sie in diesem Moment nur schwer zu kontrollieren. Mich lässt einfach nicht die Frage los, was der Imperator damit bezwecken will. Mir ist bewusst, dass dahinter ein bösartiger Plan stecken muss, nur fällt mir noch nicht ein, welcher es sein könnte.
Möglicherweise finde ich es heute Abend heraus.
Als die Plattform anhält, betreten wir einen Korridor, der in den Farben weiß und blau gehalten ist. Die Wände funkeln wie Eis, das von der Sonne angestrahlt wird. Der Boden besteht