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jedes System machtlos.

      »Ich habe selten einen Spieler gesehen, der eine so unglückliche Hand hatte wie dieser Deutsche«, sagte der Chefcroupier später. »Ich brauchte den Elektromagneten kaum einzuschalten…«

      Frank setzte und unterschrieb Schuldscheine. Jemand reichte ihm einen Drink, er trank ihn, ohne hinzusehen. Er gewann wieder ein wenig, ein schönes Mädchen setzte sich neben ihn.

      »Gib mir einen Jeton«, schmeichelte sie, »das bringt Glück.«

      Frank verstand Jeton und Glück, er ließ einen Fünfhundert-Cruzeiro-Chip in ihren Ausschnitt gleiten. Dann rollte die Kugel wieder. Und Frank verlor. Als der Morgen graute, präsentierte ihm der Geschäftsführer seine Schuldscheine.

      »Hundertzwanzigtausend Cruzeiros!« Frank schrie entsetzt auf. »Wie soll ich das jemals bezahlen? Soviel Geld habe ich nicht.«

      »Und 78 Centavos, wir haben nichts zu verschenken.« Der Geschäftsführer wirkte gar nicht mehr freundlich und verbindlich. »Leert ihm die Taschen! Pepe und Tio…«

      Zwei hünenhafte Neger schoben sich neben Frank. Er wagte keinen Widerstand, als sie ihn durchsuchten. Sie stahlen ihm Brieftasche, Geldbörse und Uhr.

      »Wieviel Geld haben Sie, Se­ñor?« fragte der Geschäftsführer. Plötzlich hielt er ein Stilett in der Hand. Die beiden Schwarzen packten Frank und hielten ihn fest. »Wenn Sie versuchen, uns hereinzulegen, werden Sie es bitter bereuen.«

      Frank brach der kalte Schweiß aus. Er erzählte von dem Geld im Hotelsafe. Kurz darauf fuhr er zwischen den beiden Schwarzen im Wagen des Geschäftsführers zum Hotel. Der Geschäftsführer lenkte den Wagen, neben ihm saß einer der Croupiers.

      Im Hotel öffnete der Nachtportier Frank den Safe. Der Geschäftsführer des Spielclubs stand daneben. Er sprach auf Portugiesisch mit dem Portier. Frank merkte, daß die beiden unter einer Decke steckten.

      Die vier vom Nachtclub gingen mit Frank hinauf auf sein Zimmer. Sie durchsuchten es. Der Croupier mit der Pistole hielt den jungen Deutschen in Schach. Anschließend mußte er mit den vieren wieder das Hotel verlassen.

      Sie fuhren im Wagen des Geschäftsführers vor die Stadt, an einem Elendsviertel vorbei zu einer Müllhalde. Keine Menschenseele war in der Nähe. Frank hatte Angst wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er verfluchte seine Spielleidenschaft.«

      »Steigen Sie aus«, befahl ihm der Geschäftsführer.

      Sie stiegen alle fünf aus dem Wagen.

      »Sie sind uns noch eine Menge Geld schuldig«, sagte der Geschäftsführer, »aber wir wollen Gnade vor Recht ergehen lassen. Es wäre sinnlos, es von Ihnen eintreiben zu wollen. Eine kleine Lektion sollen Sie allerdings erhalten. Lassen Sie sich nicht noch einmal in unserem Club sehen, und wagen Sie nicht, zur Polizei zu gehen!«

      Der Croupier lud die Waffe durch. Pepe und Tio gingen auf Frank los. Er wehrte sich, aber als ihm auch noch der Croupier hinterrücks einen gemeinen Schlag versetzte, war es mit seiner Gegenwehr vorbei.

      Frank bezog die schlimmste Tracht Prügel seines Lebens. Er blieb auf der Müllhalde liegen, als der Wagen mit den Männern vom Spielclub wegfuhr. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder erheben konnte.

      Dann reinigte er sich an einem nahen Bach, so gut er konnte, und kehrte zu Fuß in die Stadt zurück. Er besaß keinen Centavo mehr.

      In seinem Hotel erwartete Frank eine weitere schlimme Überraschung.

      Er konnte sich nicht in seinem Zimmer bequem niederlegen, wie er gehofft hatte. Der Hotelmanager legte ihm die Rechnung vor und verlangte sofortige Bezahlung.

      »Ich werde das Geld beschaffen«, beschwor ihn Frank. »Sie sehen doch, ich bin überfallen worden. So lassen Sie mich doch in Ruhe.«

      »Darauf können wir uns nicht einlassen. Das ist kein – wie heißt das englische Wort dafür? – Asyl. Ihr Gepäck behalten wir als Pfand, Sie können es später auslösen, Se­ñor Richter. Ohne Geld können Sie hier nicht wohnen.«

      Ehe er es sich versah, stand Frank auf der Straße. Er stolperte durch Rio, das ihm jetzt gar nicht mehr schön erschien. Gegen Mittag fing sein Magen an zu knurren. Im mehrere Hektar großen botanischen Garten pflückte er sich Früchte und Beeren, aber es gab nicht viele, und er verdarb sich zudem den Magen damit.

      In dieser Nacht, seiner vierten in Rio, schlief Frank auf einer Bank im botanischen Garten. Er zog seine Schuhe aus und stellte sie unter die Bank. Als er wieder aufwachte, waren sie gestohlen.

      Frank vergrub sein Gesicht in den Händen.

      »Mein Gott«, jammerte er. Gewissensbisse peinigten ihn. Heimlich verfluchte er seine Spielernatur.

      Auf Strümpfen ging er zum deutschen Konsulat, stellte fest, daß es gerade an dem Tag geschlossen hatte und verbrachte eine weitere Nacht auf der Parkbank. Am folgenden Tag las ihm ein Konsulatsbeamter die Leviten.

      »Das war äußerst leichtsinnig und unverantwortlich von Ihnen, sich so zu verhalten, Herr Richter. In welchem Spielclub waren Sie?«

      »Ich habe mir den Namen nicht gemerkt. Ich würde ihn auch nicht wiederfinden.«

      Frank wollte mit den Gangstern vom Spielclub keinen Ärger haben. Lieber hielt er den Mund.

      »Wir werden Anzeige erstatten, der Fall muß von der Polizei untersucht werden«, sagte der Konsulatsangestellte. »Wir bezahlen Ihnen den Flug in die Heimat, Herr Richter. Allerdings ist der Betrag nur ein Darlehen, Sie müssen sich verpflichten, ihn zurückzuzahlen. Wann wollen Sie nach Deutschland fliegen?«

      Siedendheiß fiel es Frank ein, daß er sich in Deutschland nicht mehr blicken lassen durfte. Das war die Abmachung mit dem Baron von Balsingen.

      Wenn er sie brach, mußte er wegen seiner Unterschlagungen ins Ge­fängnis.

      Einen Augenblick erwog er, zurückzufliegen, und sich der Polizei zu stellen. Aber sein Stolz siegte, lieber wollte er versuchen, sich in Brasilien durchzubeißen.

      »Ich will hierbleiben und arbeiten«, sagte er zu dem Konsulatsangestellten, einen älteren Mann namens Nagels.

      Nagels schüttelte den Kopf.

      »Wie stellen Sie sich das vor? Was sind Sie? Bankkaufmann, na ja. Sie sprechen nicht mal Portugiesisch und Spanisch, die Sprachen, die in Südamerika am gebräuchlichsten sind. Wenn Sie Arzt oder Ingenieur wären, Herr Richter, oder wenigstens Facharbeiter, könnten Sie hier etwas anfangen. So nicht. Sie finden nicht mal bei der Müllabfuhr oder auf der Zuckerrohrplantage Arbeit, da gib es zu viel Einheimische. Warum wollen Sie eigentlich nicht nach Deutschland zu­rück? Haben Sie Schwierigkeiten gehabt?«

      »Nein. Sie können sich erkundigen.«

      »Das tun wir ohnehin. Mit Ihrem Touristenvisum können Sie bis zu acht Wochen im Land bleiben, Herr Richter. Eine längere Aufenthaltserlaubnis erhalten Sie von den brasilianischen Behörden nicht.«

      Sie kamen überein, daß Frank zwei Tage in einem billigen Hotel übernachten sollte, das Konsulat würde es bezahlen. Nagels schrieb ihm eine Anweisung aus, damit er an der Kasse einen kleinen Betrag abholen konnte, um sich Schuhe zu kaufen und gab ihm Essengutscheine.

      Im Hotel dachte Frank nach. Am Abend aß er am Personaltisch des deutschen Restaurants beim Konsulat. Dabei lernte er den aus Berlin stammenden Oberkellner Emil Letzel kennen und klagte ihm seine Notlage.

      »Das Geld liegt hier nicht auf der Straße herum, Junge«, sagte der Oberkellner, »und zum Bananenpflücken und Kaffeebohnenzählen haben sie Neger. Aber tröste dich, wer Arbeit sucht, der findet sie. Und wenn du willst, werde ich dir was verschaffen. Vorerst kannst du hier Teller spülen.«

      »Was, Geschirrspüler soll ich werden? Dazu bin ich eigentlich nicht nach Brasilien gekommen.«

      »Was willst du? Mancher amerikanische Millionär hat so angefangen. Wenn du dir natürlich zu fein dafür bist, dann flieg’ über den großen Teich zurück und kein Wort mehr darüber.«

      Frank

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