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Sabbek, der man den Blinddarm herausgenommen hatte und die kein Wort Deutsch sprach…

      Müde parkte Sandra ihren korallenroten VW-Käfer vor der Villa des Barons. Er hatte sie dringend herbestellt, hinterher wollte sie sich zu Bett legen und ausschlafen. Am Abend würde Gunter kommen, die Verlobung sollte im ersten Hotel am Platze in kleinerem Kreis gefeiert werden.

      Die Verlobungsanzeige stand groß in zwei Zeitungen.

      Baron Edgar empfing Sandra ebenfalls in seinem Arbeitszimmer. Sie kannte ihn den Namen nach und wußte, daß er Marion von Balsingens Onkel war. Gunter hatte Sandra von den verschiedenen Besuchen der Balsingens auf Schloß Falkenau erzählt, aber für Sandra war das nicht sonderlich interessant gewesen.

      Der Baron, ganz Weltmann und Charmeur, rückte ihr den Sessel zurecht. Er bot einen Kognak an.

      »Leider habe ich sehr unangenehme Neuigkeiten für Sie, Fräulein Dr. Richter.«

      »Am frühen Morgen, zudem noch nach dem Nachtdienst, vertrage ich keinen Kognak. Worum handelt es sich, Herr von Balsingen?«

      Baron Edgar legte Sandra die Papiere vor.

      »Ihr Bruder hat bei der Bank, bei der er beschäftigt ist, fünfzigtausend Mark unterschlagen. Er setzte sich ins Ausland ab, ich bin sowohl von ihm als auch von Ihrem Bruder bevollmächtigt, diese unerfreuliche Angelegenheit zu regeln.«

      Sandra rang nach Luft. Vor ihren Augen verschwamm alles. Sie spürte einen ziehenden Schmerz im Leib. Das Kind, dachte sie, hoffentlich schadet die Aufregung ihm nichts. Der Baron merkte, daß es ihr schlecht ging, und brachte ein Glas Wasser.

      Sandra trank. Ihr Blick klärte sich, sie konnte die Unterlagen lesen. Die Angaben des Barons stimmten. Sandra hätte am liebsten aufgeschluchzt.

      Soweit hat Frank seine Spielleidenschaft gebracht, dachte sie. Sie warf es sich vor, daß sie sich nach dem frühen Tod ihrer Eltern nicht mehr um ihn gekümmert hatte. Aber sie war mit ihrem Studium beschäftigt gewesen. Ihre zähe Zielstrebigkeit und Selbstdisziplin fehlten Frank.

      Sie hatte ihm zugeredet, trotzdem verließ er das Gymnasium und begann, weil ihm nichts Besseres einfiel, eine Banklehre.

      »Welche Rolle spielen Sie eigentlich, Baron von Balsingen?« fragte Sandra. »Und was erwarten Sie von mir?«

      Der Baron ließ die Katze aus dem Sack.

      »Sie stehen in engen, um nicht zu sagen intimen Beziehungen zu dem Fürsten von Falkenau, Fräulein Dr. Richter. Wollen Sie als Schwester eines Defraudanten diese aufrechterhalten?«

      Sandra stand sofort auf.

      »Hat Fürstin Claudia Sie beauftragt, Baron, oder handeln Sie im Interesse Ihrer Nichte? Jetzt verstehe ich, weshalb Sie sich eingeschaltet haben. Sie als Adliger sollten sich schämen, ein so schmutziges Spiel zu treiben.«

      Sandras grüne Augen funkelten den Baron an. Sie wirkte bild­hübsch, wie sich Baron Edgar eingestand, der weibliche Schönheit schätzte.

      »Ich werde Fürst Gunter sofort einweihen und ihm alles erklären«, sagte Sandra.

      Als sie die Türklinke schon in der Hand hatte, rief der Baron: »Wenn Sie das tun, landet Ihr Bruder im Gefängnis. Dann bleibt ihm nichts erspart. Und Ihnen auch nicht. Fürst Gunter wird, falls er zu Ihnen hält, ebenfalls Unannehmlichkeiten haben.«

      Sandra zögerte. Gunter hatte ihr Liebe geschworen, doch das war gewesen, bevor er von den Unterschlagungen ihres Bruders wußte. Sandra war eine Bürgerliche, bisher immerhin eine Bürgerliche aus einer unbescholtenen Familie. Konnte der Fürst es sich überhaupt leisten, die Schwester eines Kriminellen zur Frau zu nehmen?« Und wenn das geschah, würde er es nicht früher oder später bitter bereuen?«

      Außerdem war da Frank. Sein Leben würde ruiniert sein, wenn man ihn anklagte. Sandra dachte an ihr Kind. Mit welchem Skandal würde seine Geburt behaftet sein, wenn sie unter diesen Umständen den Fürsten heiratete.

      Sie kehrte wieder um und setzte sich.

      »Ich bin bereit, mir Ihre Vorschläge anzuhören, Baron. Zuvor möchte ich Ihnen sagen, daß ich Sie verachte.«

      »Halten Sie das, wie Sie wollen, Fräulein Doktor. Ob mein Spiel schmutzig ist oder nicht, steht dahin. Ich werde es jedenfalls gewinnen. Wenn Sie erreichen wollen, daß die Unterschlagungen Ihres Bruders vertuscht werden, müssen Sie eine Bürgschaft für das unterschlagene Geld leisten und sich verpflichten, jeden Kontakt zu Fürst Gunter von Falkenau abzubrechen.«

      Sandra stand vor einer fürchterlich schweren Entscheidung.

      »Heute abend wollen wir unsere Verlobung feiern, Baron.« Es klang wie ein Schrei. »Außerdem bin ich im dritten Monat schwanger.«

      »Von Fürst Gunter? Sind Sie sicher, daß das Kind, das Sie erwarten, von ihm ist? Es könnte angezweifelt werden.«

      Soviel Gemeinheit verschlug Sandra die Sprache. In diesen Minuten zerbrach ihr Glück und damit ihre Zuversicht auf eine Zukunft mit Gunter. Der Baron triumphierte, er saß am längeren Hebel. San­dra hörte ihn reden. Falls sie sich mit dem Fürsten verlobte, würde zur gleichen Stunde die Anzeige gegen ihren Bruder erfolgen, die Skandalblätter sollten Mitteilung erhalten.

      »Ich verlobe mich nicht«, sagte Sandra. »Aber wie soll ich es Gunter beibringen?«

      »Lassen Sie sich etwas einfallen, meine Liebe. Frauen sind erfinderisch. Weitere Einzelheiten besprechen wir später.«

      Dumpf fiel die Tür hinter Sandra ins Schloß. Sie konnte den Anblick des Barons nicht mehr ertragen.

      *

      Um achtzehn Uhr fuhr Gunter, strahlend und im festlichen Abendanzug, bei Sandra vor, um sie zur Verlobungsfeier abzuholen. Er war erstaunt, sie in der Wohnung in alten Jeans, mit noch unfrisiertem Haar und einem bedruckten T-Shirt vorzufinden. Er überreichte ihr die zur Verlobung gekauften Rosen.

      »Ich dachte, du seist schon fertig. Worauf wartest du noch?«

      »Wir können uns nicht verloben, Gunter. Ich habe es mir anders überlegt.«

      Gunter lachte, er hielt das für eine Laune von ihr, für eine Art Torschlußpanik.

      Was ist denn plötzlich in dich gefahren, Mädchen? Hast du Angst vor meinem Adelstitel gekriegt? Oder bestehst du auf einer Verlobung im Schloß? Sie ließ sich so rasch nicht einrichten. Aber wir heiraten auf Schloß Falkenau, da kannst du sicher sein.«

      Sandra setzte sich im Schlafzimmer vor den dreiteiligen Spiegel und kämmte ihr Haar. Sie konnte Gunter nicht in die Augen sehen und mußte einfach etwas tun, um Haltung zu bewahren.

      »Wir werden nicht heiraten.«

      Jetzt erst begriff Gunter, daß es sich nicht nur um etwas Vorübergehendes handelte. Er legte die Rosen aufs Bett, in dem er so glückliche Stunden mit Sandra verbracht hatte.

      »Was soll das heißen? Meine Freunde warten, es ist alles für die Verlobungsfeier vorbereitet. Reporter sind da. Die Verlobungsanzeigen sind erschienen, wie du weißt.«

      »Ich weiß, aber die Verlobung findet trotzdem nicht statt. Auf dem Tisch dort liegt dein Ring. Ich will ihn nicht haben.«

      Gunter war wie vor den Kopf geschlagen.

      »Geh jetzt«, bat ihn Sandra. »Ich will dich nicht wiedersehen.«

      »Warum?« stammelte Gunter. »Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Du erwartest doch ein Kind von mir, Sandra! Wir lieben uns und wollen heiraten. Weshalb sagst du plötzlich, du hast deine Meinung geändert? Wenn das ein Scherz sein soll, dann ist es ein sehr schlechter und grausamer.«

      »Es handelt sich nicht um einen Scherz. Es war mir nie so ernst wie jetzt zumute.«

      Sandra drehte sich auf dem Frisierhocker um.

      Sie wußte, daß es nur eine Möglichkeit gab, um Gunter von sich wegzubringen.

      Sie mußte ihn so schlimm verletzen, wie es nur möglich war, und seine

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