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Du fest angebunden?«

      »Es scheint so; aber ich will doch einmal versuchen.«

      »Ich auch!« stimmte das >Schwert des Prinzen< bei. »Mir scheint, ich kann vielleicht los.«

      Es wurde für kurze Zeit still; dann hörten wir gleich hintereinander zwei Freudenrufe. Beiden war es gelungen, sich von den Riemen zu befreien, doch lag es ihnen völlig fern, hier eine Hinterlist zu vermuten. Sie jubelten laut auf und eilten herbei, um auch den >Panther< loszumachen und mit ihm zu besprechen, wie sie sich nun wohl befreien könnten. Hier zeigte es sich, welchen Einfluß Geburt und Erziehung auf Menschen haben, die sonst ziemlich gleichgestellt sind. Er war edler geboren als sie, und er zeigte sich trotz ihres höheren Alters und ihrer größeren Erfahrung als der Bedachtsamste und Vorsichtigste von ihnen.

      »Halt! Mich nicht losbinden!« befahl er. »Wir wissen nicht, ob wir uns vielleicht nicht wieder anbinden müssen. Wäre dies der Fall, so könnten wir die Schleifen und Knoten nicht genau so wiederherstellen, wie sie waren, und das würde uns verraten, daß wir frei gewesen sind.«

      »Uns wieder anbinden müssen? Das fällt uns doch wohl nicht ein!«

      »So? Könnt Ihr schwimmen?«

      »Nein. Wir sind keine Fische oder Frösche! Hätte Allah uns Flossen oder Schwimmhäute gegeben, so läge es in seinem Ratschlusse, daß wir schwimmen sollen. Du hast es trotzdem gelernt, aber Dein Fuß ist verletzt - - -«

      »Ja, dieser Fuß, dieser Fuß!« klagte der >Panther<. »Daß dieser fremde Hund mich vom Pferd gerissen und lahm gemacht hat, das werde ich ihm nicht vergessen, selbst wenn Allah mit Mohammed vom Himmel käme, um für ihn zu bitten! Ich hoffe, daß die Zeit erscheint, in der ich mit ihm abrechnen kann. Dann wird es keine Gnade geben, keine!«

      Er knirschte das grimmig zwischen den Zähnen heraus und fuhr dann fort:

      »Also, an das Ufer schwimmen, ist unmöglich; folglich müssen wir hier bleiben. Ich bleibe also angebunden, so wie ich bin, damit man früh nicht spürt, daß Ihr schlecht angebunden gewesen seid. Auf mich paßt man besser auf, als auf Euch.«

      »So sollen wir also auf jeden Versuch, die Flucht zu ergreifen, verzichten?« fragte das >Schwert<.

      Der >Panther< sann einige Augenblicke lang nach und antwortete dann:

      »Ich muß mich fügen! Wegen meines Fußes! Aber nicht Ihr. Ihr könntet fliehen, sobald sich Euch eine Gelegenheit dazu bietet. Aber klüger ist es, hierauf zu verzichten, um meinetwillen. Denn Eure Flucht würde mir wohl sehr übel angerechnet werden. Sie würde meiner Behauptung widersprechen, daß wir in Frieden kommen und Abgesandte meines Vaters sind.«

      »Aber wir können doch nicht so lange bleiben, bis sie merken, daß dies eine Lüge ist! Die beiden Fremden glauben schon jetzt nicht daran! Bedenke, daß unser Heer heut über eine Woche den Engpaß Cathar überschreiten wird! Und nur vier Tage später wird es auf der altbekannten Marahka erscheinen, dem Schlachtfelde, auf dem man uns heut gefangen hat! Wenn wir da noch Gefangene der Ussul sind, so ist es um uns geschehen! Die Stunde, in der sie erfahren, daß wir keinen Frieden wollen, sondern ganz im Gegenteile wieder mit einem großen Heer hier im Lande eingefallen sind, wird unsere Todesstunde sein!«

      »Das stünde allerdings mit größter Sicherheit zu erwarten,« stimmte der >Panther< bei.»Aber noch ist keine Gefahr. Wenn wir unsere Rolle gut spielen, so werden wir sehr bald entlassen. Wir schließen mit ihnen einen angeblichen Vertrag, den mein Vater durchzuprüfen hat, ehe er ihm sein Siegel gibt. Diesen Vertrag haben wir ihm zu bringen; also müssen wir fort von hier.«

      »Aber wenn sie diesen Vertrag abweisen und gar nicht auf ihn eingehen?«

      »Das ist unmöglich! Wir wissen ja, daß wir diesen Vertrag überhaupt nicht halten werden, also können wir die Sache so appetitlich für sie machen, daß sie unbedingt anbeißen werden. Diese Ussul sind Dummköpfe. Es gibt keinen einzigen Menschen unter ihnen, den man als klug bezeichnen könnte. Der Dümmste von allen aber ist der Scheik. Hätte er nicht die Frau, die sich bemüht, das bißchen Verstand, das er beinahe besitzt, zusammenzuhalten, so gäbe es auf der ganzen Erde keinen größeren Narren und Einfaltspinsel als ihn! Den nehme ich bei unserem nächsten Sieg gefangen und zeige ihn in unserm ganzen Land herum, damit man endlich einmal erfahre, wie ein Mensch aussieht, der - - -«

      »So sieht er aus!« erscholl hinter ihm eine donnernde Stimme, die ihn mitten in der Rede unterbrach, und zugleich erhielt er eine Ohrfeige, welche allerdings noch ganz anders klatschte als die, mit der ich meinem guten, dicken Smihk zu antworten pflegte, wenn er sich eingehender mit mir beschäftigte, als ich wünschte. Nämlich von dem Augenblicke an, der uns die Gewißheit gab, daß die friedliche Sendung dieser drei Männer eine Lüge sei, hatte sich der Scheik nicht mehr zu beherrschen vermocht. Sein Atem begann hörbar zu werden. Ich faßte ihn am Arme, um ihn zur Vorsicht zu mahnen. Dies hätte vielleicht auch gefruchtet, wenn nicht die persönliche Beleidigung gefolgt wäre, die ihn in laute Wut versetzte. Er richtete sich, die Zweige, die uns verbargen, auseinanderstoßend, im Kanoe auf, so lang er war, gab dem Prinzen den Schlag ins Gesicht und sprang sodann an das Ufer. Ich folgte ihm auf der Stelle.

      »Allah ‘l Allah!« rief das >Schwert< erschrocken.

      »Und auch der Fremde!« fügte die >Feder< hinzu.

      Der >Panther< sagte kein Wort. Wahrscheinlich nahm die Ohrfeige seinen Kopf so ganz und gar in Anspruch, daß ihm die Sprache versagte.

      »Ja, der Scheik und der Fremde!« donnerte der Ussul weiter. »Der Scheik, den Ihr in Eurem ganzen Lande sehen lassen wollt! Der Scheik, welcher der dümmste von allen Dummköpfen ist! Ihr aber habt die Klugheit schon von Kindesbeinen an Euch in den Kopf geschaufelt und es mit ihrer Hilfe so himmelweit gebracht, daß man Euch nur an den ersten besten Baum zu binden braucht, um alle Eure Geheimnisse zu erfahren. Fort mit Euch von hier! Ihr gehört an Eure Bäume!«

      Diese Aufforderung war an die >Feder< und an das >Schwert< gerichtet. Der Scheik nahm den einen hüben und den andern drüben beim Genick und schaffte sie von ihrem Prinzen fort. Sie wagten nicht, eine Hand zum Widerstand zu regen, was ihnen auch wohl schlecht bekommen wäre. Ich folgte. Wir banden sie wieder fest, und zwar so, daß es ihnen nicht wieder gelingen konnte, sich zu befreien. Dann begaben wir uns nochmals zum Panther hin, weil sich dort unser Kanoe befand. Ich untersuchte seine Fesseln. Sie waren ihm so gut angelegt, daß ich nichts daran zu ändern hatte.

      »Schurke!« giftete er mich an.

      »ich kam nur hierher, um mein Wort zu halten,« antwortete ich.

      »Welches Wort?«

      »Du fordertest mich auf, Dir zu beweisen, daß Du ein Feind der Ussul bist, und ich gab Dir mein Wort, daß ich diesen Beweis erbringen werde, noch ehe der heutige Abend vorbei sei. Ich habe es getan, und es ist noch lange nicht Mitternacht. Leb wohl! Wir sehen uns am Morgen wieder.«

      Wir stiegen in das Boot und verließen die Insel. Als wir uns so weit vor ihr entfernt hatten, daß wir nicht gehört werden konnten, sagte der Scheik:

      »Wie recht hast Du gehabt, und wie gut war es, daß wir sie belauschten!«

      »Und wie falsch war es, daß Du so vorzeitig dazwischen fuhrst!« tadelte ich ihn. »Es ist gar nicht zu ahnen, was wir alles noch erfahren hätten, wenn Du ruhig geblieben wärst!«

      »Verzeih! Ich hielt es nicht länger aus. Es ist kein Spaß, sich als einen Dummkopf bezeichnen zu lassen, wenn man keiner ist! Übrigens glaube ich, daß wir genug erfahren haben. Nun wissen wir, woran wir sind. Mehr brauchen wir nicht. Wir kennen sogar die beiden Tage, an denen

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