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Ardistan und Dschinnistan. Karl May
Читать онлайн.Название Ardistan und Dschinnistan
Год выпуска 0
isbn 9783849646165
Автор произведения Karl May
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Diese Worte wurden schon in der Nähe des Lagers gesprochen. Als wir dort ankamen, erneuerte sich das Erstaunen über die drei Tschoban. Die hier zurückgebliebenen Ussul brachen in lauten Jubel aus. Mit den Begleitern des >Panthers< wurde wenig Federlesens gemacht. Wir banden sie einfach an zwei Bäume, doch so, daß sie nicht miteinander sprechen konnten. Ihn selbst aber mußten wir legen, denn er konnte nicht stehen. Der gutmütige Zauberpriester untersuchte ihn und fand, daß sein Fuß gebrochen war und schneller Hilfe bedurfte, wenn er nicht vollständig lahm bleiben sollte. Da bekam der Tschoban Angst. Er bat, sogleich verbunden zu werden, und der Sahahr, der zugleich der Arzt seines Volkes war, machte sich, unterstützt von zwei Ussul daran, zum Rechten zu sehen. Wie dies geschah, das kümmerte mich nicht. Ich hatte Wichtigeres zu tun. Die Hauptsache für mich war, einen andern, bequemeren Lagerort zu suchen und dann nach der Insel zu rudern, um zu forschen, ob sie für meine Zwecke geeignet sei. Es galt nämlich, die Gefangenen unter sich zu einer Unterredung zu bringen, die wir zu belauschen hatten und also scheinbar verhüten mußten. Der Scheik begleitete mich. Halef wollte auch mit, mußte aber zurückbleiben, um die Gefangenen zu beaufsichtigen und dafür zu sorgen, daß sie weder unter sich noch mit andern sprechen konnten. Es sollte dadurch in ihnen die Sehnsucht, sich mitteilen zu können, gesteigert werden.
Ein Platz, der sich zum Lagern während der Nacht gut eignete, war bald gefunden. Dann ging es hinüber nach der Insel. Ich hatte angenommen, daß nur das große, schwere Boot, das ich kennen gelernt hatte, vorhanden sei; es gab aber, sorgfältig im Gebüsch des Ufers versteckt, noch ein kleines, leichtes Kanoe aus Holzstützen und Lederbezug und zum Zerlegen eingerichtet, um überall mitgenommen werden zu können. In diesem ruderten wir hinüber. Vorher hatte der Scheik einen seiner Leute nach der >Residenz< geschickt, um den Bewohnern derselben die Freudenbotschaft zu überbringen, daß der >Erstgeborene< ihres Hauptfeindes gefangen worden sei, weshalb man sich für morgen auf einen feierlichen Empfang einzurichten habe. Er sprach da, jedenfalls in bedeutend beschönigender Weise, von seiner >Hauptstadt< und seinem >Schlosse<, seiner >Burg<. Auch gab es einen >Tempel< zur Abhaltung des Gottesdienstes. Dies trug dazu bei, die Spannung auf den morgenden Tag in mir zu erhöhen.
Die Insel war nicht groß, ungefähr fünfzig Schritte lang und halb so breit, rundum am Wasser von dichtem Gebüsch umsäumt. Es standen mehrere Bäume da, die für meinen Zweck vorzüglich paßten. Der eine ganz nahe an einer kleinen, schmalen Einbuchtung des Wassers, die nur ganz wenig breiter war als unser Kanoe.
»An diesen Baum wird der Panther gefesselt,« erklärte ich dem Scheik.
»Wann?« fragte er.
»Während der Nacht.«
»Er soll also herüber auf die Insel?«
»Ja. Doch nicht nur er, sondern auch die beiden anderen Tschoban. Mein Hadschi Halef Omar, der ein außerordentlich pfiffiger Gesell ist, wird sie mit Hilfe zweier Ruderer herüberschaffen. Vorher aber haben wir uns, Du und ich, hier eingestellt. Wir kommen mit unserm Lederboot in diese Einbuchtung. Der Baum, an den der Panther gebunden werden soll, steht so nahe daran, daß wir ihn fast mit der Hand erreichen können. Aber sehen wird man uns trotzdem nicht, weil die Wasserpflanzen und Schlinggewächse des Ufers uns verbergen, die wir außerdem jetzt derart ordnen und zurichten werden, wie wir es uns für unsere Zwecke nur wünschen können. Es kann uns kein Wort, welches an diesem Baum gesprochen wird, entgehen. Die beiden andern werden da drüben am jenseitigen Ufer angebunden, aber nicht so fest wie er, sondern leichter und lockerer, so daß es ihnen mit einiger Mühe möglich ist, sich loszumachen. Sie werden dies ganz sicher tun und dann herüber zu ihrem Vorgesetzten kommen, um sich mit ihm zu beraten.«
»Schlau! Außerordentlich schlau!« lobte der Scheik. »Der Plan ist gut; aber ob er in Erfüllung gehen wird, das ist die Frage. Werden sie wirklich so unvorsichtig sein, miteinander zu sprechen? Werden sie nicht Verdacht schöpfen? Werden sie gar nicht auf den Gedanken kommen, daß man sie belauschen will?«
»Sicher nicht! Ich bin überzeugt, daß uns alles gelingen wird,« antwortete ich. »Wenn sie vom Lager fortgeschafft werden, sehen sie doch, daß wir alle dort beisammen sind - -«
»Wir alle? Wir beide sind doch fort, Du und ich! Und grad das ist es, was ihnen aufzufallen hat.«
»O nein! Wir gehen doch nicht vor ihnen fort, sondern nach ihnen, wenn sie es nicht mehr sehen können. Hierzu kommt, daß sie mit dem langen, schweren Boot transportiert werden, möglichst langsam, wobei anstatt der geraden Linie ein Bogen geschlagen wird. Wir aber nehmen das leichte, schnelle Kanoe und sind also viel eher hier als sie. Sie befinden sich ganz gewiß in der festen Überzeugung, daß nur Halef und die Ruderer vom Lager abwesend sind. Und wenn man sie hier angebunden hat, kann nur der Panther nichts gewahren, weil er auf der entgegengesetzten Seite ist; seine beiden Gefährten aber sehen und hören ganz bestimmt, daß die drei Männer im großen Kahn sich wirklich entfernen und nicht auf der Insel bleiben. Sie werden sich also für unbelauscht halten und in entsprechender Weise miteinander verkehren. Vorbedingung ist, daß wir uns nicht etwa selbst verraten. Bist Du geübt, das Husten und Niesen zu unterdrücken?«
»Sorge Dich nicht! Das übt man schon von früher Jugend an. Selbst wenn wir die ganze Nacht im Wasser stecken müßten, würdest Du nicht das geringste Geräusch von mir zu hören bekommen.«
»So sind wir für jetzt hier fertig und wollen wieder an das Ufer zurück. Ich habe noch meinen Halef heimlich hierherzubringen, um ihn in unsern Plan einzuweihen und zu unterweisen. Es kommt sehr darauf an, daß er, während er die Tschoban nach der Insel bringt, ja nichts tut, was geeignet wäre, ihren Verdacht zu erregen.«
Wir verließen also die Insel und ruderten uns zurück. Dort legten wir so an, daß uns niemand sah. Das geschah natürlich nicht etwa aus Mißtrauen gegen die Ussul, sondern weil ich wünschte, daß überhaupt niemand daraufkam, von dem kleinen Lederkanoe zu sprechen. Die Tschoban brauchten nicht zu erfahren, daß es eines gab. Ebenso sorgte ich dafür, daß Halefs Entfernung aus dem Lager ganz unauffällig vor sich ging. Unterwegs nach der Insel erzählte ich ihm, um was es sich handelte. Er war ganz Feuer und Flamme.
»Sihdi,« versicherte er, »ich werde meine Sache so machen, daß Du gezwungen bist, mich zu loben. Ich gäbe viel darum, wenn ich dann mitlauschen könnte, aber ich sehe ein, daß dies unmöglich ist. Du wirst mir die Bäume zeigen, an welche ich die Gefangenen zu fesseln habe. Ich werde das mit größter Sorgfalt und aber doch so besorgen, daß die beiden Halunken, wenn es ihnen gelungen ist, sich loszubinden, über mich lachen und spotten. Das werde ich sehr ruhig tragen, denn meine Rache kommt dann nach!«
Es handelte sich jetzt nur darum, ihm die Örtlichkeit zu zeigen, damit er dann im Dunkel des Abends genau wußte, woran er war. Ich zeigte ihm, als wir an der Insel ausgestiegen waren, die betreffenden drei Bäume, und er weihte mich in alle die kleinen und großen Finten ein, deren er sich bedienen wolle, die Tschoban so gründlich wie möglich zu täuschen. Wir verdichteten auch das Ufergesträuch in der kleinen Bucht, wo wir zu landen und uns zu verbergen hatten, derart, daß unser Kanoe dann am Abend darunter verschwand und gar nicht bemerkt werden konnte. Dann kehrten wir nicht nach dem alten, sondern gleich nach dem neuen Lagerplatze zurück, den die Ussul inzwischen aufgesucht und eingenommen hatten, und wo man dürres Holz zusammensuchte, weil der Tag sich zu neigen begann und es also nötig wurde, Feuer anzuzünden. Taldscha begann mit den Frauen, das Abendessen zu bereiten. Wir Männer setzten uns um das größte der Feuer, an dem sich sehr bald eine ganz eigenartige und sehr angeregte Unterhaltung entwickelte, in welche die drei Gefangenen absichtlich mit keinem Worte verflochten wurden. Sie