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zu einer kosmetischen Behandlung überreden.

      Bettina war vielleicht zwei-, dreimal in ihrem Leben bei einer Kosmetikerin gewesen, ohne das berühmte Aha-Erlebnis zu haben. Aber was sollte es, warum nach dem ganzen Programm nicht auch das?

      Es war nicht einmal unangenehm, aber für sie auch nicht so, daß sie süchtig danach werden könnte.

      Dummerweise hatte sie der Kosmetikerin erzählt, daß sie am Abend an der Veranstaltung in der Stadthalle teilnehmen würde, die daraufhin natürlich Feuer und Flamme war, Bettina für diesen Anlaß entsprechend herzurichten und zu schminken.

      Als sie Bettina schließlich den Spiegel hinhielt, voller Stolz und der Erwartung, Bettina würde in Jubelschreie ausbrechen, war die zunächst mal nicht in der Lage, etwas zu sagen. Sie starrte in das Gesicht, das ihres war und doch wieder nicht und wußte schon jetzt, daß sie so nicht aussehen wollte. So perfekt gestylt. Sie kam sich ja fast vor wie ihre Schwester Grit oder ihre Schwägerin Mona, die auch solche Kunstgebilde waren, allerdings zusätzlich zu der ganzen Schminke noch geliftet oder mit Botox vollgespritzt.

      »Und, wie finden Sie sich? Sehen Sie nicht großartig aus? Wie eine andere Frau!«

      Das war das Stichwort: wie eine andere Frau. So wollte sie aber nicht aussehen. Sie wollte Bettina Fahrenbach sein und bleiben. Mit der konnte sie sich identifizieren, die gefiel ihr. Na ja, mit dem Raspelschnitt nicht mehr ganz so gut, aber die Haare würden wieder wachsen.

      Die junge Kosmetikerin war so begeistert von ihrem vollbrachten Werk, daß Bettina ihr die Freude nicht nehmen wollte.

      »Wunderschön«, lobte sie, »ja, es sieht wunderschön aus.«

      Das war nicht einmal gelogen. Die junge Frau hatte ein Kunstwerk geschaffen, aber sie war kein Kunstwerk, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut.

      »Sie werden heute abend die Schönste sein…, vielleicht nicht die Allerschönste, das wird Isabella Wood sein.« Sie seufzte. »Die würde ich auch gern mal schminken, dieses ebenmäßige schöne Gesicht. Doch an solche Filmstars kommt jemand wie ich ja nicht ran. Die reisen mit ihren eigenen Visagisten.«

      Bettina sagte nicht, daß sie Isabella sehr gut kannte.

      »Sie sind noch so jung, vielleicht können Sie später auch mal für einen berühmten Filmstar arbeiten. Sie machen Ihre Sache wirklich sehr gut.«

      Das war nicht gelogen, sie hatte großartig gearbeitet, und Grit hätte vermutlich jetzt vor Begeisterung gequietscht. Aber sie war nicht Grit.

      »Oh, finden Sie? Aber Sie kann man auch wirklich gut schminken.«

      Bettina beeilte sich, aus dem Salon herauszukommen. Sie gab ein großzügiges Trinkgeld und beeilte sich, hinauf in ihr Zimmer zu kommen.

      Was immer sie in den letzten Stunden gemacht hatte, war wundervoll gewesen. Diesen Kosmetikbesuch, vor allem das dekorative Schminken, hätte sie sich allerdings ersparen können. Das konnte sie unter Ulk verbuchen.

      In ihrem Zimmer angekommen, rannte sie sofort ins Badezimmer, schaute sich in ihrer ganzen Pracht noch einmal an, dann drehte sie den Wasserhahn auf, um unter der ganzen Schminke wieder die wahre Bettina zum Vorschein zu bringen.

      Wenig später blickte sie zufrieden in den Spiegel. Ja, die kannte sie, und so, nur so, wollte sie aussehen.

      Gewiß würde sie für den Abend ein leichtes Make-up auftragen, dazu etwas Rouge, Wimperntusche und Lippenstift, doch das war es dann auch schon.

      Sie griff nach den Illustrierten, die ein aufmerksames Zimmermädchen auf den kleinen ovalen Tisch gelegt hatte, und machte es sich in einem Sessel gemütlich. Sie hatte noch genug Zeit. Mal sehen, was in der Welt der Reichen und Schönen so alles los war.

      Die Lust darauf verging ihr allerdings schon bei dem zweiten Glanzblatt, das sie durchblättern wollte.

      Gleich auf einer der ersten Seiten sah sie ein ganzseitiges Foto von Carla Aranchez de Moreira – behangen mit Gold und Brillianten wie ein Zirkuspferd, in einem atemberaubenden Abendkleid, phantastisch gestylt, betörend in die Kamera lächelnd.

      Ihre Mutter!

      Als habe sie ein giftiges Reptil erblickt, klappte Bettina die Zeitschrift wieder zu.

      Das Verhältnis zu ihrer Mutter war nie besonders gut gewesen. Diese hatte in ihr immer eine nichtssagende Fahrenbach gesehen und das auch zum Ausdruck gebracht. Sie hatte ihre Liebe zu Thomas zerstört, war egoistisch und lieblos gewesen und einfach abgehauen, als der südamerikanische Milliardär ihren Weg gekreuzt hatte. All das hatte Bettina versucht zu vergessen, auch das letzte peinliche Zusammentreffen. Das alles war wieder hochgekommen, sogar noch schlimmer geworden, seit sie Christian kennengelernt hatte und wußte, daß er Carlas erstgeborener Sohn war, den sie einfach ihrer schwachen Zwillingsschwester untergeschoben hatte, um frei zu sein für den reichen Hermann Fahrenbach, der auf sie hereingefallen war.

      Was für ein Mensch war sie nur?

      Sie jettete unbekümmert um die Welt, ließ sich hofieren, fotografieren und tat so, als sei alles in wunderbarer Ordnung im Leben der schönen reichen Carla.

      Wie verlogen sie doch war, wie herzlos!

      Ob Christian sie endlich erreicht hatte? Bislang waren seine Versuche gescheitert. Carla hatte niemals zurückgerufen. Und das würde sie auch nicht tun, dessen war Bettina sich ziemlich sicher. Sie wollte ja mit ihren ehelich geborenen Kindern nichts zu tun haben, warum dann also mit einem Sohn, den sie sofort nach seiner Geburt mehr oder weniger entsorgt hatte?

      Bettina ärgerte sich, daß sie in den Glanzzeitschriften geblättert hatte. Sie hatte sich doch denken können, daß sie darin Carla erblicken würde, die ein begehrtes Objekt der Fotografen war.

      Aber sie ärgerte sich auch über sich selbst, weil es sie immer noch so sehr mitnahm.

      Sollte das denn niemals ein Ende haben?

      Schade!

      Mit ihrer guten Laune war es erst einmal vorbei. Um sich abzulenken, knipste sie den Fernseher an. Das allerdings war auch keine so gute Idee gewesen, außer mehreren Kochsendungen und Soaps gab es nichts Sehenswertes. Sie machte den Fernseher wieder aus. Welch ein Glück, das sie vorsichtshalber ein Buch mitgebracht hatte, in das vertiefte sie sich, und es war glücklicherweise spannend genug, um sie abzulenken.

      *

      Isabella Wood hatte zwar vor Beginn der Veranstaltung noch einige Termine wahrzunehmen, doch sie nahm sich auf jeden Fall die Zeit, Bettina noch für gut eine Stunde zu treffen. Es war so unglaublich, wie natürlich Isabella war. Wer sie privat erlebte, wäre niemals auf den Gedanken gekommen, daß sie ein international bekannter Filmstar war.

      In erster Linie wollte Isabella alles über den Fahrenbach-Hof und natürlich seine Bewohner wissen, so daß keine Zeit blieb und sich auch keine Gelegenheit ergab, sich nach Jan zu erkundigen. Aber sie würden am Abend wieder zusammentreffen und auch nach der Veranstaltung zusammen sein, so daß Bettina hoffte, daß sie dann nach Jan fragen konnte.

      Sie wußte selbst nicht, warum sie immerfort an Jan denken mußte. Gewiß lag das daran, daß für sie Jan und Isabella irgendwie zusammengehörten.

      Bettina machte sich in aller Ruhe fertig, und als sie vor den Spiegel trat, war sie mit sich und ihrem Aussehen durchaus zufrieden, bis auf die Haare, die sie sich am liebsten langziehen würde. Aber das ging ja nicht.

      Die Stadthalle lag in unmittelbarer Nähe des Grandhotels, so daß sie die wenigen Schritte zu Fuß zurücklegen konnte. Es war ein dichtes Gewusel auf der Straße und am Eingang, und sie mußte etwas warten, ehe sie ihren Mantel an der Garderobe abgeben konnte. Auch wenn es nur ein kurzer Weg war, wäre es Wahnsinn gewesen, ihn ohne Mantel zurückzulegen. Es war zwar trocken, aber bitterkalt.

      Bettina zeigte ihre VIP-Karte vor und wurde sogar bis zur ersten Reihe begleitet, in der ihr Platz war. Glücklicherweise nicht in der unmittelbaren Nähe von Isabella. Dadurch wurde ihr erspart, neben Isa­bella wieder auf die Titelseiten exklusiver Magazine zu kommen. Es lag ihr jetzt noch in den Knochen, wenn sie daran dachte,

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