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unglaublich schön, an seiner Seite zu sein. Ein solches Gefühl hatte sie schon lange nicht mehr verspürt, zuletzt an der Seite von Thomas. Doch wie lange war das schon her. Das war ja schon bald nicht mehr wahr.

      Das Programm ging weiter, und bald war Bettina wieder gefesselt von den Darbietungen und Reden. Es war schon interessant, wie sehr sie auch hier übereinstimmten: Was ihr gefiel, gefiel ihm auch, und umgekehrt, was sie nicht so prickelnd fand, war ebenfalls nicht sein Geschmack. Das hatten sie ja früher schon festgestellt, ob es nun Film oder Musik betraf.

      Es gefiel ihr sehr, daß Jan sie bis zum Ende der Veranstaltung zärtlich, beschützend, aber auch irgendwie besitzergreifend umfaßt hielt.

      Ja, dachte sie zum wiederholten Male. Es war schön, an seiner Seite zu sein.

      *

      An dem anschließenden Essen nahmen Bettina und Jan nicht teil. Es waren zu viele Menschen da, und es war ihnen zu laut. Statt dessen schlenderten sie langsam zum Hotel, in dem auch Jan untergebracht war.

      Ein kalter, bleicher zunehmender Mond hing wie eine schmale Sichel am nachtdunklen Himmel und verbreitete ein vages, gespenstisches Licht.

      Bettina und Jan gingen Hand in Hand die Straße entlang.

      Zwischen ihnen war eine ganz besondere Magie.

      Sie sprachen nicht miteinander, aber es war kein unangenehmes Schweigen, sondern eine schweigsame Einigkeit, die sich auch im Gleichklang ihrer Schritte wiederfand.

      Bettina sehnte sich auf der einen Seite danach, von ihm erneut geküßt zu werden, um alles um sich herum versinken zu lassen, doch auf der anderen Seite fürchtete sie sich davor.

      Das ging nicht. Sie durfte sich solchen Gefühlen für Jan nicht hingeben. Auch wenn er sie hintergangen hatte, liebte sie doch noch immer Thomas.

      Dennoch fühlte sie sich zu Jan hingezogen.

      Oder waren es gar keine Gefühle für Jan? War es vielmehr so, daß sie einsam war, sich verlassen fühlte und nach Nähe, Wärme und Zärtlichkeit sehnte?

      Jan schien Gedanken lesen zu können.

      »Bettina, du solltest dir nicht den Kopf zerbrechen und überlegen, was jetzt zum Tragen kommt – Plan A oder Plan B. Genieße doch einfach den Augenblick, denke nicht, sondern fühle. An Gefühlen kann nichts schlecht sein.«

      Sie merkte, wie sie wieder rot anlief und war froh, daß er das im Dunkeln nicht sehen konnte.

      Se blieb stehen, was auch ihn innehalten ließ.

      »Ja, ich… es ist nicht so… ich meine…«, sie stammelte herum, wußte nicht, wie sie ihren Satz beenden sollte, was sie überhaupt sagen wollte.

      Da machte er kurzen Prozeß. Er beugte sich zu ihr herunter und verschloß ihre Lippen mit einem langen, langen Kuß, dem sie sich zuerst zögernd, dann aber doch mit wachsender Leidenschaft hingab.

      Irgendwann gingen sie weiter, und dann hatten sie bald auch schon das hellerleuchtete Hotel erreicht.

      »Trinken wir noch einen kleinen Absacker in der Pianobar?« wollte Jan wissen.

      Bettina nickte und ließ sich von ihm durch die Halle zur Pianobar führen. Sie war erstaunlich schwach besucht und sie hatten deswegen freie Platzauswahl. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch in Sichtweite des Pianisten, der am Flügel saß und irgendwie einen verlorenen Eindruck machte. Er war schon älter und hatte es sich sicherlich nicht träumen lassen, seine Berufskarriere in der Bar eines Hotels zu beenden, zumal er sehr gut spielte, was auf den ersten Blick zu erkennen war.

      Jan rückte ihr den Stuhl zurecht, nahm ihr gegenüber Platz. Der Pianist schaute zu ihnen herüber, zögerte einen Augenblick, dann begann er ›True love‹ zu spielen, diesen Evergreen, der durch Grace Kelly berühmt geworden war.

      Wahre Liebe…

      An die hatte sie bei Thomas geglaubt. Und was war daraus geworden?

      Bettina blickte zu Jan. Was würde sich zwischen ihnen entwickeln? Daß da etwas im Gange war, war nicht zu verleugnen. Doch war sie überhaupt schon so weit? War sie bereit für eine neue Beziehung?

      »Was möchtest du trinken, Bettina?« drang seine Stimme in ihre Gedanken. »Champagner?«

      Ehe Bettina antworten konnte, war auch ein Ober an ihren Tisch getreten und erkundigte sich nach ihren Wünschen.

      »Ich hätte gern einen…«

      »Ich nehme einen…«

      Das nächste Wort sprachen sie beinahe synchron aus: »Mojito.«

      Sie sahen sich an, brachen in schallendes Gelächter aus. Ohne sich abgesprochen zu haben, ohne je darüber geredet zu haben und ohne ihn irgendwann oder irgendwo gemeinsam getrunken zu haben, hatten sie sich spontan für diesen Drink entschieden.

      Wieder eine Übereinstimmung.

      »Ich bin nicht der unbedingte Cocktail- oder Longdrink-Fan, aber wenn ich in einer Hotelbar bin, muß ich einfach einen Mojito trinken.

      Meine zweite Wahl ist dann der Caipirinha. Aber wegen der frischen Minzblätter ist mir der Mojito lieber.«

      »Meine Schöne«, Jan beugte sich etwas vor, »du hast mir aus der Seele gesprochen. Mir geht es ebenso… Der Pianist ist übrigens nicht schlecht. Der hat auch schon bessere Tage gesehen.«

      Sie nickte.

      »Ja, das war auch mein erster Eindruck, selbst wenn er hier nur banale Liedchen spielt.«

      »Banale Liedchen nennst du das?« tat er scheinbar empört. »Hier handelt es sich immerhin um immerwährende wahre Liebe.«

      Das hätte er wohl besser nicht gesagt, denn Bettinas Gesicht wirkte auf einmal sehr angespannt, und man mußte kein Hellseher sein, um zu wissen, woran und an wen sie dachte.

      Er griff nach ihrer Hand, die auf dem Tisch lag, mit nervös zuckenden Fingern. Er umschloß sie.

      »Bettina, die Dinge verändern sich, auch Gefühle… Verschließ dich bitte nicht diesem Augenblick. Ich finde es zwischen uns wunderschön. Laß uns einander behutsam nähern, und dann sehen wir, was daraus wird. Ich möchte nicht den Platz von Herrn Sibelius einnehmen. Ich hoffe darauf, meinen eigenen Platz in deinem Leben zu bekommen.«

      Er war so verständnisvoll, ein anderer Mann hätte vermutlich seine Bemühungen um sie längst eingestellt, so, wie sie herumzickte. Aber sie konnte nicht anders. In ihrem bisherigen Leben hatte es eben nur einen Mann gegeben, und das war Thomas gewesen, und auch als sie mehr als zehn Jahre getrennt gewesen waren, hatte kein anderer Mann seinen Platz in ihrem Herzen einnehmen können.

      »Danke, Jan.«

      Die Drinks wurden serviert, zusammen mit Schälchen von Erdnüssen und Chips.

      Nach dem ersten Schluck, der köstlich war, begann Bettina wie wild die Minzstengel zu zertrümmern, anders konnte man das nicht nennen.

      Jan griff nach dem Glas, schob es ein wenig beiseite und lächelte sie an. »Bitte, entspanne dich ganz einfach. Es wird zwischen uns nichts geschehen, was du nicht auch willst. Das habe ich dir schon mehrfach gesagt. Und habe ich mich daran gehalten?«

      Sie nickte.

      »Jan, ich bin so gern mit dir zusammen, wir stimmen in vielem überein, wir können zusammen lachen und ernsthaft sein, in deiner Nähe fühle ich mich unbeschreiblich wohl. Es war ein wunderbarer Abend, ich… ich habe alles sehr genossen, auch…«, ihre Stimme wurde immer leiser, »auch deine Küsse.«

      Er strich ihr über das kurze Haar.

      »Das ist ein Anfang. Ich finde es ganz großartig, daß ich dich küssen darf.«

      Sie blickte ihn an. Wie hatte er das gemeint? Ironisch?

      »Es freut mich wirklich, Bettina. Das meine ich ganz ehrlich.«

      Er schob ihr das Glas wieder zu, und sie machte einen großen Schluck. Sie spürte, wie

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