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nachdem Oliver ihm seinen Plan unterbreitet hatte. Nach einem improvisierten Abendbrot saßen die drei Freunde an Tatjanas Esstisch, der mit Gläsern, Flaschen und Tellern vollgestellt war. Eine Kerze ließ Schatten über die Gesichter tanzen.

      »Jetzt tu doch nicht so entsetzt«, schalt Oliver den jungen Arzt. »Dasselbe hast du vorhin mit Tatjana doch auch gemacht. So bin ich ja überhaupt erst auf die Idee gekommen.«

      »Ja, schon.« Danny schickte seiner Freundin einen schmelzenden Blick. »Aber das war doch was anderes.«

      »Interessant«, fiel sie ihm prompt in den Rücken. »Und warum? Ich finde die Idee gar nicht so schlecht. Warum rufen wir Anneka nicht gleich an und fragen sie, ob sie mitmachen würde? Wenn es darum geht, zwei Menschen mitein­ander zu versöhnen, ist sie bestimmt dabei.« Auch sie hatte schon Bekanntschaft gemacht mit Annekas weichem Herz, das jeder leidenden Kreatur Mitgefühl entgegen brachte.

      Danny brach noch ein Stück von einer der leckeren Pizzataschen ab – eine neue Kreation von Frau Bärwald – und knabberte nachdenklich an dem aromatischen Gebäck.

      »Also gut. Dann versuchen wir mal unser Glück!«, stimmte er diesem Plan schließlich zu, nicht zuletzt, um Tatjanas uneingeschränkte Gunst zurück zu gewinnen.

      Tatsächlich fiel sie ihm um den Hals und küsste ihn stürmisch.

      »Du bist doch der Beste!«, raunte sie ihm ins Ohr. »Wenn du nicht schon mein Freund wärst, würd ich dich mir glatt verschreiben lassen.«

      »Solche Rezepte stellt mein Vater glücklicherweise noch nicht aus«, lachte Danny belustigt und reichte Tatjana das Telefon. »Hier, es ist dein Part, mein Schwesterherz zu überzeugen.«

      »Nichts leichter als das!« Grinsend griff Tatjana nach dem Hörer und führte das Gespräch mit der Schwester ihres Freundes. Es dauerte keine fünf Minuten, bis sie sie überzeugt hatte.

      »Anneka ist dabei!«, verkündete sie strahlend. »Morgen Nachmittag ist es so weit. Jetzt müssen wir uns nur noch ausdenken, was sie Natascha erzählen soll.«

      Oliver hatte das Zusammensein mit den Freunden sichtlich gut getan. Er war nicht mehr so blass wie am Anfang und fühlte, wie der Mut langsam zu ihm zurückkehrte.

      »Ich glaube, ich hab da schon eine Idee«, erklärte er geheimnisvoll lächelnd. Nicht umsonst kannte er seine Braut schon so viele Jahre und wusste um ihre schwachen Seiten. »Hört zu!«

      Die drei Freunde stecken die Köpfe zusammen und schmiedeten noch eine Weile Pläne, bis Tatjana irgendwann herzhaft gähnte.

      »Seid mir nicht böse, aber dieser Tag war wirklich lang, anstrengend und ereignisreich. Ich muss jetzt unbedingt ins Bett.«

      Ihr Gähnen wirkte ansteckend, und auch Oliver streckte sich.

      »Ich glaub, ich komm mit, Schnecke.«

      Verwirrt blickte Danny von einem zum anderen.

      »Moment mal! Du willst doch wohl nicht sagen, dass du hier schläfst? Ich meine … mit Tatjana … in einem Bett.«

      Tatjana und Oliver tauschten vielsagende Blicke.

      »Na ja, ich dachte, mein Bett ist groß genug …«

      »Ich rühr sie auch ganz bestimmt nicht an!«

      »Kommt überhaupt nicht in Frage!«, sprach Danny ein Machtwort und stand auf. »Nichts für ungut, Oli, aber wenn, dann gehört meine Freundin in ein Bett mit mir.«

      »Schon gut!« Beschwichtigend hob der Bräutigam die Hände. »Ich geh ja schon.«

      »Das ist nicht nötig! Tatjana geht mit zu mir.« Insgeheim atmete Danny auf. Marika war gerade zum richtigen Zeitpunkt in die Klinik gegangen.

      »Ach ja?«, fragte Tatjana schelmisch lächelnd. »Was macht dich so sicher?«

      »Du bist meine Medizin, schon vergessen?«, fragte Danny und zog sie an sich. »Ohne dich überlebe ich diese Nacht nicht.«

      »Das ist natürlich ein schlagendes Argument«, bestätigte Tatjana und lachte leise an seinen Lippen. Endlich war die spielerische Vertrautheit wieder zu ihnen zurückgekehrt. Das Beispiel des unglücklichen Olivers vor Augen nahmen sich beide insgeheim vor, in Zukunft wieder besser aufeinander zu achten. So machten sie sich schließlich eng umschlungen auf den Weg in Dannys Wohnung, um ausgiebig Versöhnung zu feiern.

      *

      Es war schon spät, als Daniel und Fee Norden endlich den erhofften Erfolg hatten und Marikas Tante Liana fanden. Zunächst war Liana Turaschwili skeptisch. Doch als der Arzt den Grund seines Besuchs erklärte, brach sie prompt in Tränen aus.

      »Marika ist hier?«, fragte sie schluchzend. »Marika ist wirklich hier?«

      Das Ehepaar tauschte verständnisinnige Blicke.

      »Sie wäre selbst zu Ihnen gekommen, wenn sie nicht im Zug bestohlen worden wäre«, übernahm es Fee, die Dinge zu erklären. Die Erfahrung aus den beiden vorhergehenden Besuchen hatte gezeigt, dass eine Frau vertrauenswürdiger schien. »Außerdem ist sie leider krank. Aber keine Angst. Sie ist in Sicherheit in einer Klinik. Aber sie braucht Unterstützung, um wieder gesund zu werden. Deshalb sind wir hier.«

      »Wir möchten Sie bitten, in die Behnisch-Klinik zu kommen«, fügte Daniel ernst hinzu. »Je eher, desto besser.«

      »Wenn Sie wollen, bringen wir Sie hin«, bot Fee großzügig an.

      Lianas Augen weiteten sich vor Schreck.

      »Geht es ihr sehr schlecht?«, erkundigte sie sich ängstlich. Nachdem Daniel seine Papiere gezeigt hatte, hatte sie genug Vertrauen gefasst, um das Arztehepaar in den Flur ihrer Wohnung zu lassen. Jetzt lief sie hektisch umher, um ihre Siebensachen zusammen zu suchen.

      »Mit Ihrer Unterstützung wird es ihr bald besser gehen«, versprach Fee warm und half der besorgten Frau in den Mantel.

      »Die arme, kleine Marika«, jammerte Liana Turaschwili unterdessen. »So viel hat sie durchmachen müssen. Dabei hab ich ihr von Anfang an angeboten, dass sie mit mir kommen kann. Aber sie wollte nicht. Wollte ja bei ihrer Mutter bleiben und sie trösten, weil mein Schwager ins Gefängnis musste.« Vor Aufregung redete Liana wie ein Wasserfall. Der Redefluss stoppte auch nicht auf dem Weg nach unten. »Dann ging alles ganz schnell, und meine Schwester wurde krank.«

      »Was hatte sie denn?«, erkundigte sich Fee, als sie der aufgeregten Frau die Beifahrertür aufhielt. Sie selbst nahm auf dem Rücksitz Platz.

      »Ach, wissen Sie, ich glaube, sie ist an gebrochenem Herzen gestorben«, seufzte Liana Turaschwili und schnallte sich mit Daniels Hilfe an. »Sie hat nie verkraftet, dass ihr Mann ein Verbrecher ist. Ich glaube, meine Schwester wollte einfach nicht mehr. War ja schon immer so eine schwache Person.«

      »Dann wissen wir zumindest, woher Marikas Sensibilität kommt«, dachte Daniel laut nach, während er in Richtung Klinik aufbrach.

      »Das arme Mäuschen«, seufzte Liana und schüttelte den Kopf. »Aber keine Sorge. Ich werd sie schon aufpäppeln.«

      In ihre Worte hinein klingelte Daniels Mobiltelefon. Er nahm es aus der Sakkotasche und reichte es hinter zu Fee.

      »Gehst du bitte dran?«

      Natürlich erfüllte Felicitas seinen Wunsch und gab ihm das Telefon nur wenige Augenblicke zurück. Daniel hatte dem kurzen Gespräch nicht entnehmen können, worum es gegangen war. Aber er bemerkte das Lächeln in der Stimme seiner Frau.

      »Das war Martin«, konnte Fee eine frohe Botschaft verkünden. »Morgen bekommt Marika einen neuen Pass und ein Visum.«

      Erleichtert atmete Daniel auf.

      »Dafür hat er sich eine Auszeichnung verdient!«, seufzte er und setzte den Blinker, um auf den Parkplatz der Behnisch-Klinik einzubiegen.

      Fee lachte belustigt auf.

      »Ich glaube, mit einer Einladung zum Abendessen machst du ihm eine größere Freude.«

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