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Vertreter des Schäferhundevereins vereinbarten einen Gesprächstermin mit dem Bürgermeister. Das Gespräch soll in Kürze stattfinden.

      Aufgabe

      Sie sind Sachbearbeiter im Steueramt der Stadt St. Der Bürgermeister beauftragt Sie zu prüfen,

      1.welche Argumente die Vereinsvertreter außer den nach ihrer Meinung zu hohen Hundesteuersätzen gegen die Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung vorbringen könnten und

      2.ob die Hundehalter mit rechtlichen Mitteln gegen diese Änderungssatzung vorgehen können.

      Lösung

      1. Denkbar wäre, dass die Vertreter des Schäferhundevereins Bedenken gegen die Wirksamkeit der Änderungssatzung haben könnten.

      Die Wirksamkeit einer Satzung setzt u.a. voraus, dass sie ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden ist (§ 7 Abs. 4 Satz 1 GO). Die Form der Bekanntmachung ist gem. § 4 Abs. 2 BekanntmVO in der Hauptsatzung zu regeln.

      In der Ratssitzung am 19. September hat der Rat über die Änderung des § 12 der Hauptsatzung (öffentliche Bekanntmachungsform) beschlossen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 GO kann der Rat die Änderung der Hauptsatzung nur mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Rates beschließen. Die gesetzliche Zahl der Mitglieder beträgt 51. Zur Änderung der Hauptsatzung ist folglich die Zustimmung von mindestens 26 Mitgliedern erforderlich.

      Im vorliegenden Falle stimmten 22 Mitglieder für die Änderung der Hauptsatzung. Damit wurde die zur Änderung der Hauptsatzung erforderliche Mehrheit nicht erreicht. Die Änderung des § 12 der Hauptsatzung ist folglich in Ermangelung der erforderlichen Mehrheit nicht beschlossen worden. Der Rat hat in seiner Sitzung am 19. September die Änderung gewissermaßen abgelehnt.

      Somit gilt § 12 der Hauptsatzung noch in der ungeänderten Fassung. Die durch § 12 der Hauptsatzung vorgeschriebene Form der öffentlichen Bekanntmachung ist nach wie vor die Veröffentlichung im Amtsblatt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die nicht beschlossene Änderungssatzung im Amtsblatt ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist.

      Zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung war zur Bekanntmachung von Satzungen also noch die Veröffentlichung im Amtsblatt vorgeschrieben. Nur Satzungen, die in dieser Form veröffentlicht werden, können wirksam werden.

      Die Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung wurde im „Generalanzeiger" veröffentlicht. Sie ist nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht und folglich nicht in Kraft.

      Dieser Mangel kann zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden (§ 7 Abs. 6 Satz 1 GO).

      2. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO kann durch Landesrecht vorgeschrieben werden, dass das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit einer Satzung entscheidet (abstrakte Normenkontrolle). Das Land NRW hat von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht. Eine abstrakte Normenkontrolle ist in NrW daher nur zulässig, soweit sie bundesgesetzlich vorgesehen ist.

      Nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit von Satzungen, die nach den Vorschriften des BauGB erlassen worden sind. Die Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung ist nicht nach den Vorschriften des BauGB, sondern aufgrund des KAG erlassen worden.

      Eine abstrakte Normenkontrolle zur Überprüfung der Gültigkeit der Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung scheidet somit aus.

      Sollte die Stadt St aufgrund der nichtigen Hundesteuersatzung Steuerbescheide (VA) mit den neuen erhöhten Steuersätzen erlassen, könnten Hundehalter dagegen Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Hundesteuerbescheides wird vom Verwaltungsgericht auch die Rechtmäßigkeit der Satzung geprüft (Inzidenterprüfung). Allerdings wird - anders als bei der abstrakten Normenkontrolle - keine allgemein verbindliche Nichtigkeitserklärung bezüglich der Satzung ausgesprochen. Das Verwaltungsgericht hebt lediglich den Hundesteuerbescheid auf.

      Sollte die Stadt St. die Nichtigkeit der Änderungssatzung mit den erhöhten Hundesteuersätzen erkennen, könnte sie rechtmäßige Hundesteuerbescheide aufgrund der nicht geänderten Hundesteuersatzung mit den geringeren Steuersätzen erlassen. Da die Änderungssatzung zur Hundesteuersatzung wegen der nicht ordnungsgemäßen öffentlichen Bekanntmachung nicht in Kraft getreten ist und somit die bestehende Hundesteuersatzung nicht ändern konnte, besteht die bestehende Hundesteuersatzung in ungeänderter Form mit bisherigen Steuersätzen fort.

      8. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsform

      Sachverhalt

      § 5 der Hauptsatzung der Gemeinde G hat folgenden Wortlaut: „Satzungen werden bekannt gemacht durch Veröffentlichung in den am Ort erscheinenden Tageszeitungen".

      Aufgabe

      Ist diese Regelung rechtmäßig?

      Lösung

      Nach § 4 Abs. 1 Buchst. b BekanntmVO ist als Bekanntmachungsform die Veröffentlichung in einer (oder mehreren) Tageszeitung grundsätzlich zulässig. Gem. §4 Abs. 2 Satz 2 BekanntmVO sind die Zeitungen allerdings in der Hauptsatzung namentlich zu bezeichnen. Die Formulierung „Veröffentlichung in den am Ort erscheinenden Tageszeitungen" genügt dieser Konkretisierungsanforderung nicht.

      § 5 der Hauptsatzung ist somit rechtswidrig.

      9. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsorgan

      Sachverhalt

      Die Hauptsatzung der in Nordrhein-Westfalen gelegenen Gemeinde G sieht vor, dass Satzungen bekannt gemacht werden durch Veröffentlichung in der Tageszeitung „Kieler Nachrichten".

      Aufgabe

      Wie beurteilen Sie die Rechtmäßigkeit dieser Regelung?

      Lösung

      Nach § 4 Abs. 1 Buchst. b BekanntmVO ist als Bekanntmachungsform die Veröffentlichung in einer Tageszeitung (= regelmäßig, mindestens einmal wöchentlich erscheinend) zulässig. Die Tageszeitung ist gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 BekanntmVO namentlich zu bezeichnen.

      Diesen Anforderungen wird mit der Regelung der Bekanntmachung in den „Kieler Nachrichten" entsprochen. Sie ist mit dem Wortlaut des § 4 BekanntmVO vereinbar. Es fragt sich aber, ob der Sinn der Veröffentlichungspflicht von Satzungen der Regelung nicht entgegensteht.

      Sinn der Veröffentlichungspflicht überhaupt ist, dass die von der Satzungsregelung potenziell Betroffenen von den Vorschriften Kenntnis erlangen können. Dies ist zwar prinzipiell bei einer Veröffentlichung in den „Kieler Nachrichten" möglich. Allerdings ist zu bedenken, dass die „Kieler Nachrichten" nicht ohne Weiteres in einer nordrhein-westfälischen Gemeinde erhältlich sind, jedenfalls nicht ohne Abonnement.

      Es ist für die Einwohner nicht zumutbar, außergewöhnliche Anstrengungen zu unternehmen, um an das Veröffentlichungsorgan von Satzungen zu gelangen. Da nicht feststeht, wann wieder eine Veröffentlichung stattfindet, müsste man die „Kieler Nachrichten" abonnieren, um sicher zu gehen, eine Satzungsveröffentlichung nicht zu verpassen. Man wäre gezwungen, eine Zeitung zu abonnieren, die vom lokalen Berichtszuschnitt in einer nordrhein-westfälischen Gemeinde kaum von Interesse sein dürfte.

      Dem mit der Veröffentlichungsverpflichtung von Satzungen verfolgten Sinn wird nur entsprochen, wenn das Veröffentlichungsorgan in der Gemeinde ohne unzumutbare Schwierigkeiten durch jedermann unschwer erhältlich ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gewährleistet. Die Regelung der Hauptsatzung verstößt nicht gegen den Wortlaut, wohl aber gegen den Sinn des Veröffentlichungsgebots (§ 4 BekanntmVO).

      Die Hauptsatzungsregelung ist folglich rechtswidrig.

      10. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsform, Änderung der Hauptsatzung

      Sachverhalt

      Der Rat der Stadt St hat einschließlich Bürgermeister 39 Mitglieder (gesetzliche Mitgliederzahl). Auf der Tagesordnung der gestrigen Ratssitzung stand u.a. der Punkt: „Änderung

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