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britische Position im Nahen Osten.

      Durch Hitlers Einmarsch in die Sowjetunion am 22. Juni 1941 lebte der Krieg wieder auf. Dies war das entscheidende Datum des Zweiten Weltkriegs: eine derart sinnlose Invasion – denn sie zwang Deutschland zu einem Zweifrontenkrieg –, daß Stalin einfach nicht geglaubt hatte, Hitler würde auch nur daran denken. Doch für Hitler war die Eroberung eines ausgedehnten Landimperiums im Osten, das reich an Bodenschätzen und Sklavenarbeitern war, nur der logische nächste Schritt. Aber genauso wie alle Militärexperten, abgesehen von den japanischen, hatte er die sowjetische Widerstandsfähigkeit katastrophal unterschätzt – obwohl er in der Tat Anlaß dazu gehabt hatte, denkt man an die Desorganisation der Roten Armee nach den Säuberungen der dreißiger Jahre (siehe Dreizehntes Kapitel), an den offenkundig gewordenen Zustand des gesamten Landes, an die Auswirkungen des Terrors und an Stalins ungewöhnlich unvernünftige Eingriffe in die Militärstrategie. Doch tatsächlich schien das erste Vorrücken der deutschen Truppen ebenso rapid und entscheidend wie im Vorjahr im Westen. Anfang Oktober stand die Wehrmacht vor den Toren Moskaus, und es gibt Hinweise, daß Stalin ein paar Tage lang völlig demoralisiert war und tatsächlich an Friedensverhandlungen dachte. Doch dieser Augenblick ging vorüber; und das schiere Flächenausmaß, das Potential an Menschen, die physische Ausdauer, der Patriotismus und der rücksichtslose Kampfeswille der Russen konnten die Deutschen besiegen und der Sowjetunion genügend Zeit geben, sich wirkungsvoll zu reorganisieren – nicht zuletzt, indem man den höchst talentierten Militärführern (von denen einige erst jüngst aus den Gulags entlassen wurden) die Erlaubnis erteilte, alles zu tun, was sie für richtig hielten. 1942–45 war die einzige Zeit, in der Stalin eine Pause in seinem Terrorregime einlegte.

      Als klar wurde, daß der Krieg gegen Rußland nicht, wie von Hitler erwartet, innerhalb von drei Monaten entschieden werden konnte, war Deutschland verloren. Denn für einen langen Kampf und entsprechenden Widerstand war es nicht gerüstet. Trotz all seiner Siege hatte es weit weniger Flugzeuge und Panzer produziert als Großbritannien und Rußland (ohne die USA mitzuzählen). Doch eine neue deutsche Offensive nach einem grauenvollen Winter im Jahr 1942 schien dennoch wieder einmal ein ebenso glänzender Erfolg zu sein wie all die anderen zuvor und ermöglichte es den deutschen Truppen, bis tief in den Kaukasus und zur unteren Wolga vorzudringen. Nur, den Krieg konnte sie nicht mehr entscheiden. Die deutsche 6. Armee saß vor Stalingrad fest und wurde schließlich umzingelt und zur Kapitulation gezwungen (Ende August 1942 bis Januar/Februar 1943). Danach begannen die Russen ihren Vormarsch. Doch erst am Ende des Krieges sollten sie Berlin, Prag und Wien erreichen. Seit Stalingrad hatte jeder gewußt, daß die Niederlage Deutschlands nur noch eine Frage der Zeit war.

      Aber mittlerweile war der im Grunde immer noch europäische Krieg wahrlich zum Weltkrieg geworden, was nicht zuletzt an den anti-imperialistischen Aufständen unter den Untertanen und Vasallen von Großbritannien lag, das noch immer das größte aller weltweiten Imperien besaß. Sie konnten jedoch noch ohne große Schwierigkeiten niedergeschlagen werden. Die Sympathisanten Hitlers unter den Buren in Südafrika wurden interniert (sie tauchten nach dem Krieg wieder als Architekten des Apartheidregimes von 1948 auf), und Iraks Raschid Ali wurde nach seiner Machtübernahme im Frühjahr 1941 schnell wieder gestürzt. Viel wichtiger war, daß die Siege Hitlers in Europa ein Machtvakuum in Teilen Südostasiens hinterlassen hatten, in die nun Japan vordringen konnte, um über die hilflosen Relikte der Franzosen in Indochina schließlich ein Protektorat zu verhängen. Die USA, die diese Ausdehnung der Achsenmächte nach Südostasien nicht tolerieren konnten, begannen nun, Japan – dessen Handel und Versorgung vollständig auf dem Seeweg stattfanden – unter heftigen wirtschaftlichen Druck zu setzen. Genau dieser Konflikt sollte zum Krieg zwischen den beiden Staaten führen. Der japanische Angriff am 7. Dezember 1941 auf Pearl Harbor machte den Krieg endgültig zum Weltkrieg. Innerhalb weniger Monate waren die Japaner in das gesamte kontinentale und insulare Südostasien eingefallen und drohten nun, Indien von Birma im Westen aus und den einsamen Norden Australiens von Neuguinea aus zu überfallen.

      Wahrscheinlich hätte Japan den Krieg mit den USA nur dann vermeiden können, wenn es von seinem Ziel abgerückt wäre, ein mächtiges Wirtschaftsimperium aufbauen zu wollen (euphemistisch als »gemeinsames großostasiatisches Wohlstandsgebiet« deklariert), das die eigentliche Essenz seiner Politik war. Nachdem Roosevelts USA jedoch schon miterlebt hatten, welche Folgen aus dem Versäumnis der europäischen Mächte entstanden waren, Hitler und Mussolini Widerstand zu leisten, war von ihnen kaum zu erwarten, daß sie auf die japanische Expansion auf dieselbe Weise reagieren würden, wie Großbritannien und Frankreich auf die deutsche Expansion reagiert hatten. Die öffentliche Meinung der USA jedenfalls betrachtete den Pazifik wie auch Lateinamerika (und ganz im Gegensatz zu Europa) sowieso als natürliches Operationsgebiet der USA. Der amerikanische »Isolationismus« wollte sich hauptsächlich von Europa fernhalten. Also war Japan in der Tat durch das westliche (sprich amerikanische) Handelsembargo und das Einfrieren von japanischen Guthaben zum Handeln gezwungen, wenn es nicht wollte, daß seine Wirtschaft, die vollständig von Importen auf dem Seeweg abhängig war, augenblicklich stranguliert werden sollte.

      Es begann ein gefährliches Spiel, das sich schließlich als selbstmörderisch erweisen sollte. Japan ergriff seine vielleicht einzige Möglichkeit, um sein südliches Imperium schnell aufbauen zu können. Aber es rechnete damit, daß dies nur durch das völlige Außergefechtsetzen der amerikanischen Navy erreicht werden könnte – der einzigen Streitmacht, die überhaupt eingreifen konnte. Das aber bedeutete, die USA mit ihren überwältigend überlegenen Streitkräften und Ressourcen sofort in den Krieg zu zwingen. Japan hatte keine Chance, einen solchen Krieg zu gewinnen.

      Es bleibt ein Geheimnis, weshalb Hitler, der bereits mit Rußland völlig überfordert war, den USA freiwillig den Krieg erklärte und damit Roosevelts Regierung die Möglichkeit gab, ohne großen politischen Widerstand im eigenen Land auf seiten der Briten in den europäischen Krieg einzutreten. Denn in Washington bestanden kaum Zweifel daran, daß Nazideutschland eine sehr viel ernstere und globalere Gefahr für die USA – und die Welt – war als Japan. Daher konzentrierten sich die USA auch bewußt darauf, den Krieg gegen Deutschland noch vor dem Krieg gegen Japan zu gewinnen und ihre Ressourcen entsprechend einzusetzen. Die Rechnung ging auf. Es dauerte noch dreieinhalb Jahre, bis Deutschland besiegt werden konnte, aber dann nur noch drei Monate, bis Japan in die Knie gezwungen war. Es gibt keine einleuchtende Erklärung für diesen Irrsinn Hitlers, obwohl wir wissen, daß er die Handlungsfähigkeit der USA, ganz zu schweigen von ihrem wirtschaftlichen und technologischen Potential, auf gefährliche Weise hartnäckig unterschätzt hat, und das nicht zuletzt, weil er einer Demokratie grundsätzlich jegliche Handlungsfähigkeit absprach. Die einzige Demokratie, die er ernst nahm, war die englische, und zwar gerade weil er sie zu Recht als nicht vollkommen demokratisch betrachtete.

      Beide Entschlüsse, in Rußland einzufallen und den USA den Krieg zu erklären, haben den Ausgang des Zweiten Weltkriegs entschieden. Doch das war nicht sofort klar, da die Achsenmächte den Gipfel ihres Erfolges Mitte 1942 erreicht und die militärische Initiative bis 1943 noch nicht vollständig verloren hatten. Außerdem hatten die Westalliierten auf dem europäischen Kontinent bis 1944 nicht wirklich Fuß fassen können; sie hatten zwar die Achsenmächte aus Nordafrika vertreiben und Italien durchqueren können, aber von der deutschen Wehrmacht wurden sie noch erfolgreich in Schach gehalten. Inzwisehen war die Luftstreitmacht zur wichtigsten Waffe der Westalliierten gegen die Deutschen geworden; doch selbst diese erwies sich, wie die spätere Forschung zeigen sollte, als spektakulär unwirksam und nur darin erfolgreich, Zivilisten zu töten und Städte in Schutt und Asche zu legen. Nur die sowjetischen Truppen konnten immer weiter vorrücken, und nur auf dem Balkan – hauptsächlich in Jugoslawien, Albanien und Griechenland – konnte eine im wesentlichen von Kommunisten geführte, bewaffnete Widerstandsbewegung die Deutschen (mehr aber noch die Italiener) vor ernsthafte militärische Probleme stellen. Dennoch hatte Winston Churchill recht, als er nach Pearl Harbor in einem vertraulichen Gespräch behauptete, daß der Sieg »durch den Einsatz von angemessenen Mitteln mit gewaltiger Durchschlagskraft« gesichert sei (Kennedy, S. 347). Ab Ende 1942 bezweifelte dann auch niemand mehr, daß die Große Allianz gegen die Achsenmächte gewinnen würde. Und die Alliierten begannen sich auf die Frage zu konzentrieren, was sie mit ihrem absehbaren Sieg anfangen sollten.

      Wir brauchen den

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