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Ende gesetzt, indem die Stärke der amerikanischen, britischen und japanischen Marine im Verhältnis 5:5:3 festgelegt wurde. Doch Japan, dessen Industrialisierung im Eiltempo voranschritt – obwohl die absolute Größe seiner Wirtschaft noch immer recht bescheiden war (2,5 Prozent Anteil an der weltweiten Industrieproduktion in den späten zwanziger Jahren) –, fand zweifellos, daß ihm ein größeres Stück vom fernöstlichen Kuchen gebührte, als die weißen Imperialmächte ihm zugestehen wollten. Außerdem war es sich seiner Verwundbarkeit völlig bewußt, denn dem Land fehlten tatsächlich alle Bodenschätze, die eine moderne Industriewirtschaft braucht; und seine Importe waren der Gnade von ausländischen Kriegsflotten, seine Exporte der Gnade des amerikanischen Marktes ausgesetzt. Militärischer Druck, um ein nahe gelegenes Landimperium in China zu schaffen, hätte, so wurde in Japan behauptet, die Versorgungswege verkürzen und das Land entsprechend weniger verwundbar machen können.

      Doch wie instabil der Frieden nach 1918 und wie groß die Wahrscheinlichkeit seines Zusammenbruchs auch gewesen sein mag, es gilt als völlig unbestritten, daß der Zweite Weltkrieg durch die Aggression dieser drei unzufriedenen Mächte ausgelöst wurde, die zudem seit Mitte der dreißiger Jahre durch mancherlei Verträge miteinander verbunden waren. Meilensteine auf dem Weg zum Krieg waren die japanische Invasion in der Mandschurei 1931, die italienische Invasion in Äthiopien 1935, die deutsche und italienische Intervention im Spanischen Bürgerkrieg 1936–39, die deutsche Invasion in Österreich Anfang 1938, die deutsche Beschneidung der Tschechoslowakei etwas später im selben Jahr, die deutsche Okkupation der verbliebenen Tschechoslowakei im März 1939 (gefolgt von der italienischen Okkupation Albaniens) und die deutschen Gebietsansprüche gegenüber Polen, die schließlich zum Ausbruch des Krieges führten. Wir können solche Meilensteine aber auch in negativer Spiegelung aufzählen: das Versäumnis des Völkerbunds, gegen Japan einzuschreiten und 1935 wirkungsvolle Maßnahmen gegen Italien zu ergreifen; das Versäumnis Großbritanniens und Frankreichs, auf die unilaterale Kündigung des Versailler Vertrages durch Deutschland und vor allem 1936 auf dessen militärische Wiederbesetzung des Rheinlands zu reagieren; ihre Weigerung, im Spanischen Bürgerkrieg zu intervenieren (»Nichteinmischung«); ihr Versäumnis, auf die Besetzung Österreichs zu reagieren; ihr Kleinbeigeben bei der deutschen Erpressung gegenüber der Tschechoslowakei (das »Münchener Abkommen« von 1938); und 1939 die Weigerung der Sowjetunion, die Opposition gegen Hitler fortzusetzen (Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939).

      Und dennoch, selbst wenn die eine Seite eindeutig keinen Krieg gewollt haben und alles nur Erdenkliche getan haben mag, um ihn zu verhindern, und die andere Seite den Krieg glorifizierte und ihn, wie Hitler, gewiß auch aktiv herbeisehnte, so hat doch keiner der Aggressoren jenen Krieg gewollt, den er bekommen hat. Und auch keiner von ihnen hatte Krieg gegen all die Feinde führen wollen, denen er sich nun ausgesetzt sah. Japan hätte es trotz des Einflusses des Militärs auf seine Politik sicher vorgezogen, seine Ziele – vor allem die Schaffung eines ostasiatischen Imperiums – ohne einen allgemeinen Krieg zu erreichen, in den Japan nur deshalb verwickelt wurde, weil die USA beigetreten waren. Welche Art Krieg die Deutschen wollten, wann und gegen wen, ist noch immer eine Streitfrage, da Hitler kein Mann war, der seine Entscheidungen dokumentierte. Aber zwei Dinge sind klar: Ein Krieg gegen Polen (hinter dem Großbritannien und Frankreich standen) im Jahre 1939 stand nicht auf seinem Spielplan, und der Krieg, in dem er sich dann schließlich befand – sowohl gegen die USA als auch die Sowjetunion –, war der Alptraum eines jeden deutschen Generals und Diplomaten.

      Deutschland mußte (wie später auch Japan) aus denselben Gründen wie 1914 einen schnellen Angriffskrieg führen. Denn die Ressourcen der potentiellen Feinde beider Staaten waren, so erst einmal vereinigt und koordiniert, überwältigend größer als die Mittel, die Deutschland oder Japan selbst zur Verfügung standen. Keiner von beiden bereitete sich auf einen lang andauernden Krieg vor, und weder die eine noch die andere Macht war von einer Rüstungsplanung mit langen Produktionsphasen abhängig. (Die Briten hingegen begannen sofort, ihrer Unterlegenheit zu Lande bewußt, ihr Geld in teuerste und technologisch hochentwickelte Rüstung zu investieren – Marine und Luftstreitkräfte –, und stellten ihre Planung auf einen langen Krieg ein, den sie dank ihres größeren Industriepotentials mit ihren Alliierten zu gewinnen hofften.) Die Japaner verstanden es besser als die Deutschen, die feindliche Koalition zu meiden, da sie sich 1939–40 sowohl aus dem Krieg der Deutschen gegen Großbritannien und Frankreich als auch 1941 gegen Rußland heraushielten. Im Gegensatz zu allen anderen kannte Japan diesen Gegner bereits, da der Staat 1939 in einem nie erklärten, aber entscheidenden Konflikt an der sibirisch-chinesischen Grenze gegen die Rote Armee zu Felde gezogen und schwer zugerichtet worden war. Nur in den Krieg gegen Großbritannien und die USA, nicht gegen die Sowjetunion, trat Japan im Dezember 1941 ein. Es war Japans Pech, daß die USA die einzige Macht waren, gegen die es tatsächlich antreten mußte; denn die amerikanischen Ressourcen waren den japanischen derart überlegen, daß die USA einfach siegen mußten.

      Für eine Weile schien es, als habe Deutschland mehr Glück. In den dreißiger Jahren, als der Krieg in immer greifbarere Nähe rückte, versäumten Großbritannien und Frankreich eine Allianz mit Sowjetrußland. Sowjetrußland zog es schließlich vor, sich mit Hitler zu verständigen, und Präsident Roosevelt wurde aus innenpolitischen Gründen davon abgehalten, sich mehr als nur auf dem Papier auf die Seite zu stellen, die er so leidenschaftlich unterstützte. So begann der Krieg 1939, nachdem Deutschland in Polen einmarschiert war und das Land innerhalb von drei Wochen besiegt und gemeinsam mit der mittlerweile neutralen Sowjetunion aufgeteilt hatte, als ein rein europäischer und in der Tat sogar rein westeuropäischer Krieg Deutschlands gegen Großbritannien und Frankreich. Im Frühjahr 1940 fiel Deutschland in Norwegen, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Frankreich mit geradezu lächerlicher Leichtigkeit ein. Es besetzte die vier erstgenannten Länder und teilte Frankreich in eine direkt von seinen siegreichen Truppen besetzte und verwaltete Zone und einen französischen Satelliten-»Staat« auf (dessen Führer sich aus den verschiedenen Strömungen der französischen Reaktion rekrutierten und den Begriff »Republik« ablehnten), dessen Hauptstadt Vichy in einem provinziellen Kurgebiet lag. Nur noch Großbritannien befand sich mit Deutschland im Krieg. Unter der Führung von Winston Churchill, der sich standhaft weigerte, Geschäfte irgendwelcher Art mit Hitler zu machen, schlossen sich seine gesamten nationalen Kräfte zu einer einzigen Front zusammen. Genau zu diesem Zeitpunkt beschloß das faschistische Italien zu seinem eigenen Nachteil, seine Neutralität, auf die sich seine Regierung vorsichtig zurückgezogen hatte, aufzugeben und zur deutschen Seite überzuwechseln.

      Der Krieg in Europa war praktisch zu Ende. Das Meer und die Royal Air Force verhinderten den Einmarsch der Deutschen in Großbritannien, aber umgekehrt hatte Großbritannien keine Möglichkeit, auf den Kontinent zurückzukehren, geschweige denn Deutschland zu besiegen. Die Monate in den Jahren 1940–41, in denen Großbritannien völlig alleine stand, waren ein wunderbarer Augenblick in der Geschichte des britischen Volkes, oder vielmehr jener, die das Glück hatten, diese Zeit zu durchleben. Doch die Chancen des Landes waren gering. Im Hemispheric-Defense-Rüstungsprogramm der USA, vom Juni 1940, wurde tatsächlich davon ausgegangen, daß jede weitere Waffenlieferung an Großbritannien nutzlos sei; und selbst nachdem die USA Großbritanniens Überleben als gesichert ansahen, war das Vereinigte Königreich nach amerikanischem Verständnis noch immer nicht viel mehr als ein transatlantischer Stützpunkt für die amerikanische Verteidigung. Mittlerweile war die Landkarte Europas neu gezeichnet worden.

      Die Sowjetunion besetzte vertraglich vereinbart jene Teile Europas, die das Zarenreich 1918 verloren hatte, abgesehen von den polnischen Gebieten, die von Deutschland übernommen worden waren, sowie Finnland, gegen das Stalin im Winter 1939–40 einen ungeschickten Krieg geführt hatte, der schließlich die russischen Grenzen ein wenig weiter von Leningrad wegrücken sollte. Hitler leitete eine Revision der Versailler Verträge bezüglich der ehemaligen habsburgischen Territorien ein, die sich aber nur als kurzlebig erweisen sollte. Und die britischen Versuche, den Krieg auf dem Balkan auszuweiten, führten erwartungsgemäß zur Eroberung der gesamten Halbinsel zuzüglich der griechischen Inseln durch die Deutschen.

      Deutschland überquerte schließlich das Mittelmeer hinüber nach Afrika, als es so aussah, als würde sein Verbündeter Italien (dessen militärische Leistungen im Zweiten Weltkrieg noch enttäuschender waren als die von Österreich-Ungarn im Ersten) von den Briten, die von ihrem Hauptstützpunkt in Ägypten aus operierten, vollständig

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