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Nach dreizehn Jahren. Sofie Schankat
Читать онлайн.Название Nach dreizehn Jahren
Год выпуска 0
isbn 9783748201595
Автор произведения Sofie Schankat
Жанр Контркультура
Издательство Readbox publishing GmbH
Musst du gerade sagen! Yannick presste seine Lippen aufeinander. Vielleicht liegt es daran, dass ich gestern noch am Meer bei Mama war, in den Sommerferien, und mich jetzt in einer neuen Stadt wiederfinde, nicht gut geschlafen habe und prompt direkt nach dem Frühstück ins Auto springen muss, um zur Eishalle zu fahren, um mich irgendwelchen Tests zu unterziehen, die zeigen werden, dass ich ein sehr unbefriedigendes Sommertraining gemacht habe. Yannick hatte ein unbefriedigendes Sommertraining gemacht. Das musste er sich eingestehen, und diese Tatsache war auch verantwortlich für seine Stimmung. Weil das jetzt gleich unter den Augen seines neues Trainers und nachher bei den Tests in der Sportklinik rauskommen würde.
Kaum war Yannick wieder hier, bei seinem Vater, holte ihn das schlechte Gewissen ein. Er hatte natürlich vor den Sommerferien in Biesfeld am Sommertraining teilgenommen, war aber auch da schon nicht sehr motiviert gewesen, und da hatte er auch schon seit ein paar Monaten geraucht, und das hatte sich im Sommertraining bemerkbar gemacht. Genauso wie seine gelegentlichen Fressattacken. Sehr gesund hatten er und Amy, die sie sich seit jeher sehr oft aus der Tiefkühltruhe ernährt hatten, wohl nie gegessen, was nicht hieß, dass Yannick gesundes Essen nicht mochte. Aber gelegentlich überkamen ihn Phasen, in denen er tagelang überhaupt keine Lust hatte, auf seine Ernährung zu achten, sondern einfach nur genießen wollte. Und das hatte in den Sommerferien bei Veronica am Meer zugegebenermaßen etwas überhand genommen. Es waren ja auch Ferien. Aber nicht für einen Leistungssportler. »Ein Sportler hat keine Ferien«, pflegte Markus zu sagen.
In diesem Sommer hatte Yannick regelrecht dagegen rebelliert. Er hatte am Strand den ersten Eindruck, den er auf seinen neuen Trainer machen würde, die bevorstehenden Tests, den schon ziemlich baldigen Saisonstart und nicht zuletzt seinen Vater verdrängt und sich ganz bewusst hängenlassen. War das vielleicht sogar eine Art grimmige Zufriedenheit, die er dabei verspürt hatte? Einfach seinem Wunsch, normale Sommerferien zu haben, nachzugeben. Er hatte unheimlich viel gelesen und das übrige Nichtstun einfach genossen. Unter den Augen seiner Mutter und seiner Schwester, die ihn so akzeptierten, die nichts dagegen gesagt hatten. Und diese zweieinhalb Wochen waren wirklich schön gewesen. Erholung pur, wenn man mal von den Temperaturen absah. Eine komplette Auszeit vom Alltag und auch vom Eishockey. Das hatte gutgetan. Ich habe den Sport überhaupt nicht vermisst, stellte Yannick jetzt fest und war selbst ein bisschen überrascht davon. Er hatte immer gerne Sport gemacht. Er warf seinem Vater einem Blick von der Seite zu. Wie hatte er die Tests früher geliebt! Seine eigenen Verbesserungen und Steigerungen zu sehen, in aufregende Kliniken zu fahren, gelobt zu werden und in Markus’ stolze Augen zu sehen! Davon schien nichts übrig zu sein.
Yannick wäre heute viel lieber einfach zu Hause geblieben. Hätte gefaulenzt, gelesen, mit Amy ihr neues Zimmer eingeräumt … Sie war wahrscheinlich in genau dieser Sekunde schon dabei, ihre Bücher ins Regal zu sortieren. Diese bescheuerten Tests sind doch pure Zeitverschwendung. Das Training beginnt doch erst am Montag! Wir könnten jetzt noch bei Mama sein! Gäbe es das Training nicht, könnten wir noch ganze drei Wochen bei Mama sein! Yannick zuckte innerlich zusammen bei diesen heftigen Gedanken.
»Bist du denn schon eingestellt aufs erste Training am Montag?«, drang Markus’ Stimme zu ihm durch.
Yannick starrte geradeaus auf die Straße. »Äh … ja.« Nein. Überhaupt nicht. Er war noch vollkommen im Sommerferienmodus. Und den wollte er auch gar nicht verlassen.
Markus stierte ihn an. »Was hast du denn in Holland so gemacht, an sportlichen Aktivitäten?«
Yannick schimpfte entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten über des Fahrverhalten des Fahrer vor ihm, um die Antwort noch etwas hinauszögern zu können. Denn er wusste genau, wie Markus’ Reaktion ausfallen würde. Als das Auto vor ihnen im Schneckentempo rechts abbog und sie freie Fahrt hatten, gab es leider keinen Aufschub mehr. »Naja … nicht so ganz so viel …«
Markus runzelte die Stirn. »Was heißt das, nicht so ganz so viel?«
»Na, das eben …«
»Yannick, das waren drei Wochen Sommertraining!«, begann Markus, ganz so, wie Yannick es schon im Kopf gehabt hatte, in haargenau demselben Tonfall. Eine Mischung aus vorwurfsvoll und verständnislos und äußerst, äußerst verärgert.
Yannick wagte es nicht, Markus anzusehen, hatte aber doch irgendwie das kühne Bedürfnis, sich zu verteidigen. »Ich hatte doch Ferien …«
»Ein Sportler hat keine Ferien!«, würgte Markus ihn gleich wieder mit scharfe Stimme ab. »Das sage ich dir doch nicht zum ersten Mal! Also hast du jetzt in Holland gar nicht trainiert? Hast dich überhaupt nicht in Form gehalten?«
Yannick spürte plötzlich, wie er ärgerlich wurde. »Ich bin doch kein NHL-Spieler!«
»Das hat doch damit nichts zu tun! Das hat was damit zu tun, dass du Leistungssport betreibst und eine Karriere anstrebst! Du bist mittlerweile in der DNL angekommen! Da kann man nicht drei Wochen lang überhaupt keinen Sport machen! Du durftest mit der Auflage zu deiner Mutter, dein Sommertraining währenddessen nicht zu vernachlässigen!«
Das war das Falsche gewesen, und genau deshalb gab es Yannick unvernünftig viel Mut. »Ich durfte zu meiner Mutter mit einer Auflage? Es ist mein Recht, meine Mutter zu besuchen! In meinen Sommerferien! Ein einziges Mal im Jahr, weil ja sonst immer, immer das Training oder Spiele im Weg sind! Nicht einmal drei Wochen hatte ich bei ihr!« Und plötzlich saß da ein Kloß in seinem Hals.
»Fast ganze drei Wochen, in denen du nicht trainiert hast!«, schoss Markus zurück, dann wurde er für einen winzigen Moment ruhiger. »Ich weiß, dass es nicht schön ist, dass du deine Mutter nur so selten sehen kannst, das tut mir leid und das bedaure ich, wirklich. Aber dann nicht zu trainieren! Wie stellst du dir das vor? Ein Viertel des Sommertrainings zu verpassen! Ich glaube das nicht! Mann, ich dachte, du bekommst das hin! Du musst doch auch selbst mal an deine Karriere denken! Meinst du, deine Kameraden haben auch alle den Sommer über nur gechillt? Ganz bestimmt nicht. Die waren hier und sind zum Training vor Ort gegangen! Und gegen die musst du dich durchsetzen! Ärgerlich. Äußerst ärgerlich.« Wie enttäuscht das plötzlich klang! Yannick musste schlucken.
Sie rollten auf den Parkplatz der Eishalle und das Auto kam zum Stillstand.
»Tja, dann.« Markus hatte auf die andere Schiene gewechselt. Von laut und wütend auf leise und verachtend, und wo das Laute oft an Yannick abprallte und ihn selbst innerlich wütend machte, kroch das Leise ganz tief und quälend unter Yannicks Haut.
Yannick löste mit einem Klumpen im Magen seinen Anschnallgurt, weil ihm jetzt plötzlich die Strafe für seine Faulenzerei bevorstand. Im nächsten Moment fiel sein Blick auf etwas, das ihn noch schlechter gelaunt machte.
»Was ist denn nun?« Markus folgte seinem Blick, entdeckte den roten Mazda CX-3 auf dem Parkplatz und zog die Augenbrauen hoch. »Ach, sieh mal einer an! Der Leon Brücker! Na, das hätten wir uns ja denken können, wie?« Er sah Yannick an. »Dein Nachbar, dein Mannschaftskamerad … Vielleicht freundet ihr euch wirklich an. Hmm? Er macht doch einen netten Eindruck.«
Yannick starrte auf seine Hände, die auf den Lenkrad lagen.
Markus stieß den nächsten missbilligenden Seufzer aus. »Das ist auch so eine Sache. Ich verstehe das nicht, Yannick. Du hattest noch nie Freunde. So richtig gute Freunde, meine ich. Du hast dich ja nicht einmal mit deinen Mannschaftskameraden angefreundet. Du hast dich noch nie in deinem Leben verabredet, kann das sein?«
Ich habe doch Amy, dachte Yannick und spürte, wie der Unmut wieder in ihm aufstieg. Was wunderte es ihn denn überhaupt, dass Markus das nicht verstand? Der hatte jeden Tag seines Lebens Menschen um sich herum, der war nie alleine. Yannick hingegen hatte nie das Bedürfnis nach Menschen und Freunden verspürt. Er hatte doch mit Amy praktisch immer alles gehabt, was er brauchte.
Yannick öffnete die Fahrertür mit einem »Dann tschüss«, das noch weniger freundlich klang